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Safer Internet Day: FAQ Internetsicherheit für Kinder und Jugendliche

Kristina Beer, Bernd Mewes

(Bild: Biehler Michael / Shutterstock.com)

Im Internet lauern für Heranwachsende viele Gefahren, die sie noch nicht einschätzen können. Mit Wissensvermittlung und Tools können sie geschützt werden.

Dieser Artikel erschien zuerst am Safer Internet Day 2023

Das Internet ist weder ein rechtsfreier noch ein einfach sicherer Raum. Auch deshalb raten Jugendschutz-Verbände, die Polizei oder etwa das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) dazu, Kinder nicht ohne Weiteres das Internet nutzen zu lassen, sondern dies nur mit Hilfestellungen und altersgemäßen Einschränkungen zu ermöglichen.

Zum Teil können sich Erziehungsberechtigte oder etwa auch Lehrkräfte schon bei bereits etablierten Verbänden über Kinderschutz im Netz informieren. Firmen wie Google, Apple, Microsoft, Konsolen- oder auch Browser- und Plugin-Anbieter stehen Menschen, die sich um Kinder kümmern, aber auch mit bereits implementierten Sicherheitsmaßnahmen zur Seite. Einigermaßen altersgerechte Einschränkungen müssen dadurch nicht von jedem Einzelnen neu definiert und ausgeführt, sondern nur in Systemeinstellungen oder über Apps aktiviert werden.

Für die meisten automatischen Sicherungsmaßnahmen werden Abstufungen nach Alter gemacht, die etwa schon vom FSK- und USK-System [1] bekannt sind (FSK = Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, USK = Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle), denn jüngere Kinder benötigen in der Regel einen wesentlich größeren Schutz als etwa Teenies, die ohnehin immer selbstständiger werden und auch Bedrohungen besser einstufen können sollten.

Bei den großen Anbietern wie etwa Apple, Google und Microsoft kann diese Abstufung allenfalls grob schematisch erfolgen, weshalb sich Erwachsene, die vor allem bereits implementierte Lösungen für den Schutz nutzen, auch mit den dort unterliegenden Regelwerken und Filtern auseinandersetzen sollten. Den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten wird man dem einzelnen Kind oder Jugendlichen damit sicherlich nicht immer gerecht.

Klar ist: Erwachsene haben die Aufgabe, Kinder und Jugendliche im Internet adäquat zu begleiten, zu schützen, aber auch nicht übermäßig einzuengen oder ununterbrochen zu überwachen – denn auch Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Privatsphäre und Entwicklung [2]. Das bedeutet, dass Erwachsene und Heranwachsende im Austausch über ihre Internetnutzung bleiben sollten. Je älter die Kinder werden, desto mehr Freiheiten sollte ihnen auch zugestanden werden, gemessen an Entwicklung und Reife.

Wie das BSI erklärt [3], kommt mittlerweile die Mehrzahl der Kinder schon im Vorschulalter mit dem Internet in Kontakt. Ab diesem Zeitpunkt sind dann auch Erwachsene als Unterstützende gefragt. Das BSI gibt Auskunft darüber, was Kinder vor allem im Internet nutzen:

"Spätestens ab dem Vorschulalter macht der Nachwuchs seine ersten eigenen Schritte im Internet. Ab etwa zwölf Jahren nehmen fast alle Kinder (94 %) Online-Dienste in Anspruch. Zu den beliebtesten Tätigkeiten (mindestens einmal pro Woche) zählt es, über eine Suchmaschine zu recherchieren (65 %), Nachrichten über Messenger-Dienste zu schreiben (62 %) und Videos zu schauen (56 %). Das Internet prägt somit bereits früh die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen. Deswegen ist es ratsam, sich – wie bei allen Erziehungsthemen – mit dem Thema "Sichere Internetnutzung" auseinanderzusetzen."

Das BSI hat dementsprechend eine praktische Liste für Eltern junger Kinder erstellt, um die wichtigsten Gefahren im Internet einzudämmen (BSI-Checkliste Kinderschutz, PDF [4]).

Auch den Anbietern von Internet-Diensten ist klar, dass sie Kinder und Jugendliche schützen müssen – hierfür sorgt aus rechtlicher Sicht zum Beispiel das Jugendschutzgesetz.

Laut Jugendschutzgesetz (JuSchG) [5] sind im Sinne des Gesetzes "Kinder Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind" und "Jugendliche Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind".

Bei einer Revision im Jahre 2021 wurden unter anderem Kennzeichnungspflichten für Spiele verschärft, um Minderjährige besser vor Abzockfallen zu schützen [6]. Die Bundesregierung begründete die Revision mit dem Bedarf eines zeitgemäßen Jugendmedienschutzes [7].

Damit Eltern und Kinder einen einigermaßen verlässlichen Überblick über die Eignung von Medien – auch im Internet – für verschiedene Altersklassen behalten können, wird hauptsächlich mit den FSK und USK-Labeln gearbeitet [8].

Spiele werden dann etwa für Kinder ab sechs Jahren mit USK 6 ausgezeichnet. Weitere Abstufungen sind FSK oder USK 12, FSK oder USK16 und die Gegenpole "freigegeben ohne Altersbeschränkung" (FSK0, USK0) oder "keine Jugendfreigabe" (FSK18, USK18). Angestellte in Kinos oder im Einzelhandel müssen prüfen, ob der Verkauf von Spielen oder Filmtickets gegen das JuSchG verstößt. Zu Hause können Menschen sich über FSK und USK freilich trotzdem hinwegsetzen.

Um jugendgefährdende Medien einordnen zu können, wird unter anderem von Gesetzgeberseite [9] auf diese Eigenschaften geachtet:

Zudem werden Medien im Jugendschutzgesetz auch danach klassifiziert, ob sie "entwicklungsbeeinträchtigend" sein könnten. Dies treffe etwa zu, wenn Medien:

Neben den rechtlichen Einordnungen zu jugendgefährdenden Medien, gibt es auch noch dezidiert genannte Phänomene, vor denen Kinder und Jugendliche bei der Internetnutzung geschützt werden sollten:

[Ausführlichere Erklärungen zu diesen Gefahren befinden sich am Ende des Artikels unter "Ausführliche Gefahrenbeschreibungen mit Beispielen".]

Möchten Erwachsene die Sicherungsangebote einiger großer Anbieter nutzen, werden sie dazu aufgefordert, genaue Angaben zum jeweiligen Kind zu machen; auch, um etwa einen eigenen Account oder eine nötige E-Mail-Adresse einzurichten. Sie sollen dafür den echten Namen und das genaue Geburtsdatum angeben.

Eltern und andere Erziehende geraten hier in eine Zwickmühle, wenn ihnen der Datenschutz ihrer Kinder wichtig ist und sie beispielsweise auch den Lock-In-Effekt vermeiden wollen. Wird ein Kind durch seine Eltern bei einem bestimmten Anbieter registriert, wird es vermutlich in der Zukunft eher nicht zu einem anderen Anbieter wechseln.

Das Abfragen des Geburtsdatums dient dazu, dass für das Kind die altersgemäßen und anbieterspezifischen Nutzungsbeschränkungen gelten können. Hierfür könnten Anbieter aber auch andere Abfragesysteme etablieren, die gröber vorgehen.

Google bietet unter anderem die App "Family Link" [10] an. Dort können Profile für Kinder und Jugendliche eingerichtet werden, über die unter anderem Nutzungsdauern und Einschränkungen eingestellt werden können. Erwachsene erhalten hierdurch auch eine Übersicht darüber, welche Apps ein Kind wie lange und wann nutzt. Apps lassen sich einzeln zeitlich einschränken oder grenzenlos freigeben – zum Beispiel, damit ein Kind per Messenger jederzeit erreichbar ist.

Um bestimmte Apps oder Inhalte automatisch beschränken zu können, fragt Family Link nach dem Alter des Kindes. Für Kinder unter 13 Jahren sind die Einschränkungen größer – Apps, die erst ab 13 Jahren laut AGB genutzt werden dürfen, wie etwa einige Messenger oder Instagram und TikTok – können dann nicht installiert werden. Möchten Erwachsene dies doch zulassen, müssen sie beim Alter des Kindes schummeln. Individuelle Absprachen in einer Familie können also durch die voreingestellten Sicherungsmaßnahmen bei Google nicht direkt berücksichtigt werden.

Hat ein Kind ein Apple-Gerät zur Verfügung, kann das Apple-eigene Sicherungssystem [11] genutzt werden. Das tritt schon dann in Kraft, wenn eine Apple-ID erstellt werden soll. Heranwachsende können diese nur mit einem Erwachsenen erstellen, welcher ebenfalls schon eine Apple-ID hat und auch selbst Apple-Geräte benutzt. Es reicht nicht, wenn ein Erwachsener lediglich eine Apple-ID etwa über iTunes erstellt. Genehmigungsprozesse funktionieren nur über damit verbundene Geräte.

Erziehungsberechtigte können einstellen, welche Regeln für die Geräte des Kindes gelten sollen. Darf es zum Beispiel Apps ohne weitere Prüfung installieren?

(Bild: Apple)

Ist eine Apple-ID für ein Kind erstellt, wird das Kind auch einer Familiengruppe zugeordnet. Erwachsene dieser Gruppe (die auch als Erziehungsberechtigter eingestellt sind) können dann etwa aus der Ferne die Installation von Apps erlauben oder ablehnen, Nutzungszeiten festlegen und Filter einstellen. Ebenso ist es möglich, die in der iCloud abgespeicherten Kontakte des Minderjährigen zu verwalten und die Kommunikation über die Apple-eigenen Apps zeitlich und personenbezogen einzuschränken.

Unter Kommunikationssicherheit bietet Apple zudem die Überprüfung "sensibler Fotos" in der "Nachrichten"-App an, dadurch kann etwa das Versenden, Ansehen und Teilen von Nacktaufnahmen unterbunden werden.

Microsofts Lösung, um Kinder und Jugendliche vor unpassenden Inhalten im Internet oder bei der Technik-Nutzung zu schützen, heißt "Family Safety" [12]. Auch hier werden von Erwachsenen für Kinder Profile angelegt, um sowohl Nutzungsdauern und individuelle Einschränkungen von Apps einzustellen. Dafür sind unterschiedliche Microsoft-Konten nötig, inklusive eigener E-Mail-Adresse für das Kind – die muss also im Zweifel noch angelegt werden. Microsoft bewirbt Family Safety auch mit dem Label "Digital Health", also dem gesunden Umgang mit Technik.

Der Kinderschutz von Microsoft greift bei korrekt eingerichteten Konten geräteübergreifend und ist etwa auch für die Spielekonsole Xbox gültig. Lästig können die Sperren beispielsweise bei Updates von Launchern auf dem PC werden, die jedes Mal eine Genehmigung erfordern – Erziehende müssen hier also häufiger nachfassen.

In der Praxis zeigte sich schnell Ernüchterung. Die Einstellungen zum Schutz der Kinder im Internet greifen, wie bei den anderen Anbietern auch, nur für die eigenen Produkte. Schutz auf Websites sind demnach ausschließlich in Microsofts Edge-Browser gültig. Der Firefox-Browser übernimmt einem Support-Dokument [13] zufolge die Einstellungen des Betriebssystems.

Die Browser können von den Kinderschutzeinstellungen der genutzten Systeme beeinflusst werden – so etwa der Chrome-Browser auf einem Android-System – zwingend ist das aber nicht so. Wer also Browser noch weiter absichern möchte, kann zu Add-Ons greifen. Allerdings sind auch nicht alle Add-ons vertrauenswürdig [14] – achten Sie hier auf Publisher, Erstellungsdatum und auch schon vorhandene Kritiken. Statt Schutz könnte sonst vielleicht eine Datenkrake in den Browser einziehen. Um Heranwachsende vor unnötigem Tracking und vor Werbung zu schützen, können etwa Add-ons mit diesem Schwerpunkt installiert werden.

Mehr Infos
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(Bild: Karramba Production/Shutterstock.com)

Beim Chrome-Browser kann manuell der "SafeSearch" aktiviert werden. Der Firefox-Browser erkennt selbstständig, ob er auf einem System genutzt wird, welches mit einer Kindersicherung ausgestattet wurde [16] – etwa durch Microsofts Family Safety. Der Browser stellt daraufhin den Modus "Prefer:Safe" ein. In den Einstellungen kann unter dem Punkt "Datenschutz und Sicherheit" noch mehr eingestellt werden, unter anderem ein Tracking-Schutz. Für den Safari-Browser können in den Browser-Einstellungen "Möglichst nur jugendfreie Websites" ausgewählt werden, falls Heranwachsende auch mal auf den Geräten von Erwachsenen arbeiten.

Findet sich keine passende oder vertrauenserregende Browsererweiterung, wird generell empfohlen, kindersichere Seiten als Startseiten zu setzen – zum Beispiel Suchmaschinen für Kinder wie "Frag Finn" (Anleitung) [17].

Das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) empfiehlt für Kinder bis 12 Jahre die Suchmaschine "Frag Finn [18]". Sie ist Teil der Initiative "Ein Netz für Kinder" und wird von verschiedenen Vereinen und Organisationen gefördert. Die Internetpräsenz und die zugehörige Browser-App zeigt kindgeeignete, von Medienpädagogen redaktionell geprüfte Internetseiten. Kinderinternetseiten werden in den Suchergebnissen von "FragFinn" ganz oben platziert. Das BMFSFJ empfiehlt [19] noch weitere Angebote, wie etwa die Suchmaschine "blinde Kuh [20]".

Aus dem Hause des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit stammen mittlerweile einige Pixi-Buch-Publikationen [21] zu den Themen Datenschutz oder Transparenz und Informationsfreiheit. Die kindgerecht ausgestalteten Pixis können von Lehrkräften oder auch Privathaushalten angefordert werden. Kinder und Jugendliche können so ein Grundverständnis des Datenschutzes erhalten oder auch darüber informiert werden, wie das Internet funktioniert.

Für Lehrkräfte ist die Seite datenschutz-leicht-erklaert.de [22] mit der Initiative "Datenschutz geht zur Schule" lohnenswert. Es werden Arbeitsblätter und Videos mit Untertiteln zu Datenschutzthemen bereitgestellt. Verschiedene Landesdatenschutzbeauftragte sind an der Umsetzung beteiligt.

Vonseiten des BMFSFJ und der öffentlich-rechtlichen Sender "Das Erste" und "ZDF" sowie der Krankenkasse "AOK" gibt es die Initiative: "Schau hin" [23]. Sie versucht, grundlegende Fragen zu Medienangeboten im Internet für Familien bereitzustellen und gibt Tipps für den altersgerechten Umgang mit Medien. Gefördert wird unter anderem auch das Projekt Act-on "aktiv + selbstbestimmt online" [24] für zehn- bis vierzehnjährige oder das Projekt "gut aufwachsen mit Medien" [25] für Heranwachsende und Eltern. Unter https://jugend.support [26] können Jugendliche Hilfe erhalten, wenn sie online mit den oben genannten Bedrohungen konfrontiert werden. Das Kinder-Ministerium [27] richtet sich speziell an Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren. Dort werden Kinderrechte, Menschenrechte und grundlegendes Wissen zur Bundesrepublik vermittelt. Dort finden sich aber auch kindgerechte Erklärungen, wie sich Kinder im Internet sicher bewegen können [28].

Die Website www.klicksafe.de [29] ist Bestandteil der Initiative klicksafe im Digital Europe Programm (DIGITAL) der Europäischen Union für mehr Sicherheit im Internet. Unter anderem integriert Klicksafe unter www.klicksafe.de/fuer-kinder [30] zwei Kindersuchmaschinen und verweist derzeit etwa auf die Angebote von Internet-ABC, der Anti-Mobbing-Hilfeseite "Mobbing – Schluss damit" [31] oder auch die "Nummer gegen Kummer" für Notfälle (s.u.).

Ist schon etwas im digitalen Raum schiefgegangen und Heranwachsende und Erwachsene sind unglücklich – zum Beispiel aufgrund von Mobbing in sozialen Medien – , müssen sie mit dem dadurch entstandenen Kummer und offenen Fragen nicht alleine bleiben. Es gibt Hilfsangebote wie etwa die Nummer gegen Kummer [32]. Sowohl speziell für Jugendliche also auch für Erwachsene gibt es dort Ansprechpartner. Für Heranwachsende lautet die Durchwahl: 116111. Das Elterntelefon ist unter dieser Nummer zu erreichen: 0800-1110550. Die Gespräche können anonym geführt werden und sind kostenlos für die Anrufenden.

Die Nummer gegen Kummer ist ein bereits etabliertes Instrument, um Menschen in Krisensituationen beizustehen.

(Bild: Nummer gegen Kummer [33])

Kinder und Jugendliche können im Internet betrogen oder beklaut werden. Dabei kann es sich etwa um Accounts handeln, deren Zugangsdaten von Fremden in Online- oder In-Game-Chats abgefragt und schließlich übernommen werden. Ein Kind wird beispielsweise gezielt nach wichtigen Daten gefragt, die eine Kontenübernahme erleichtern.

Auch der Verlust von In-Game-Items und Ausrüstung, die online erspielt oder gekauft wurde, ist ein Problem. Möglich ist das beispielsweise in der kostenpflichtigen Fortnite-PvE-Kampagne "Rettet die Welt", in der unbekannte Spieler aufeinandertreffen und Gegenstände untereinander austauschen können. Kinder wurden hier etwa zum vermeintlichen Tausch von Ausrüstungsgegenständen animiert, die im Gegenzug versprochenen Items wurden zugleich nicht ausgehändigt.

Beides, der Verlust eines Accounts oder von In-Game-Gegenständen, kann finanzielle Schäden bedeuten und weitere Probleme nach sich ziehen.

Cybermobbing ist eine Form des Mobbings, das zusätzlich oder ausschließlich in der digitalen Welt stattfindet und Opfer, Täter und Beteiligte voraussetzt und immer Auswirkungen auf alle drei Akteure hat. Mobbing wird etwa mittels Beleidigung, Beschämung und Verächtlichmachung dafür eingesetzt, um Betroffene auszuschließen, zu isolieren und psychisch oder sogar physisch zu quälen. Der Mobbing-Experte Wolfgang Kindler [34] erklärt: "Mobbing ist keine neue Gewaltform. Neu sind jedoch die zunehmende Willkür, Normenlosigkeit und Hemmungslosigkeit."

Zu Cybermobbing zählt etwa das Anfertigen von Texten oder peinlichen Fotos und Fotomontagen, die in Chats und Messengern für die Verächtlichmachung geteilt werden. Täter nutzen die Möglichkeit, ihre Opfer online zu mobben.

Während beim reinen Cybermobbing das Löschen, Blockieren oder Nichtbeachten möglich ist, ist das beim Ausweiten des genuinen Mobbings auf das Internet nicht möglich – es beginnt beispielsweise in der Schule und wird nach Schulschluss online fortgeführt. Mobbing ist ein extrem komplexes Problem und bedarf dringend professioneller Hilfe [35]. Eltern und Lehrer sind in der Regel nicht dafür ausgebildet und sollten sich unbedingt Unterstützung holen. Unterschätzen Sie Mobbing nicht. Es gibt zahlreiche Studien, dass Mobbing in der Kindheit Auswirkungen auf das ganze Leben hat und die Suizidrate steigt – bei Opfern und Tätern.

Beim Cybergrooming werden Kinder und Jugendliche über das Internet von Erwachsenen mit dem Ziel angesprochen, sich dem Opfer anzunähern, um eine sexualisierte Beziehung aufzubauen. Cybergroomer nehmen hierfür oft andere Identitäten an und geben sich etwa als Gleichaltrige in Chats von Kindern und Jugendlichen aus. Sie versuchen über Chats Nähe zu den Heranwachsenden herzustellen und diese dann etwa dazu zu animieren, Fotos oder Videos von sich zu schicken oder Standorte zu verraten, um Treffen außerhalb des Internets zu ermöglichen und die sexuelle Belästigung und den Missbrauch fortzuführen.

Laut einer repräsentativen Umfrage der Landesanstalt für Medien NRW mit 2002 befragten Kindern und Jugendlichen, sind immer mehr Kinder von Cybergrooming betroffen [36]. Ein Viertel der Kinder gab an, von einem Erwachsenen bereits nach einem persönlichen Treffen gefragt worden zu sein. Vor allem von den unter 10-Jährigen wurden 2022 – im Vergleich zur Vorjahresbefragung mit 9 Prozent – 20 Prozent von einem Erwachsenen nach einer Verabredung gefragt, wie aus der Befragung zur Erfahrung von Kindern und Jugendlichen mit Cybergrooming hervorgeht.

Wer Opfer von Cybergrooming ist oder Zeuge solcher Straftaten wird, kann die Übergriffe bei fragzebra.de [37] von der Landesanstalt für Medien NRW melden.

Unter Datenklau wird das Kopieren von personenbezogenen Daten zu Zwecken der rechtswidrigen Verwendung dieser Informationen verstanden. Dies kann beispielsweise über Profile oder Postings in sozialen Medien passieren, wenn Menschen sehr freizügig mit ihren persönlichen Daten umgehen. Zugleich können persönliche Daten aber auch durch gezielte Hacks von Gaunern gesammelt werden. Das kann entweder im größeren Stil bei Anbietern von Spiele-Plattformen, Online-Marktplätzen oder Social-Media-Plattformen passieren oder auch beim Hack des persönlichen E-Mail-Postfaches. Diese Daten können auch als Identitätsdiebstahl verstanden werden.

Mit ausreichend Daten über eine Person, kann die Identität gefaked werden. Dies ermöglicht beispielsweise den Zugriff auf Accounts dieser Person und damit verbunden die ungewollte Bestellung von Waren. Auch andere Menschen können mithilfe der falschen Identität betrogen werden, die etwa glauben, mit der ausgegebenen, echten Person in Kontakt zu stehen.

Zumindest die Sicherheit des eigenen E-Mail-Postfaches und der Accounts zahlreicher Anbieter kann mit einer Zwei-Faktor-Authentifizierung und unterschiedlichen und komplexen Passwörtern erhöht werden – dabei kann ein Passwortmanager hilfreich sein [38], für den Heranwachsenden dann allerdings auch entsprechende Programme, Geräte oder eine eigene Handynummer.

Als digitale Gewalt [39] wird das Zusammenspiel von verschiedenen Methoden des Bedrängens, Beschimpfens und Bedrohens verstanden. Hierzu können hasserfüllte Nachrichten, Spielarten des Mobbings, Erpressungsversuche, die gezielte Konfrontation mit traumatisierenden Inhalten, sexuelle Belästigung oder auch Stalking und Doxxing gehören.

Mittlerweile können Menschen beispielsweise über Tracking-Objekte wie die AirTags von Apple unwissentlich gestalkt [40] werden. Hier lohnt es sich, die Augen offenzuhalten.

Digitale Gewalt richtet sich in absoluten Zahlen zumeist gegen Frauen. Menschen, die sich der LGBTQIA*-Szene zuordnen, sind jedoch mindestens genauso häufig betroffen. Ein Migrationshintergrund kann Anfeindungen noch zusätzlich verstärken. Eine sexuelle Belästigung ist beispielsweise das unaufgeforderte Zusenden von Dickpicks.

Das gezielte Verbreiten von falschen Informationen hat im Internet mittlerweile Tradition. Menschen sollen durch falsche Informationen manipuliert und verunsichert werden. Es gibt auch gesellschaftliche (und auch international agierende) Gruppen, die Desinformation einsetzen, um etwa das Vertrauen in Demokratie und Gesellschaft zu zerstören [41].

Im Internet wird jeder Mensch nicht nur zum Empfänger, sondern auch zum Sender von Informationen. Deshalb kann jeder Mensch auch Multiplikator von Desinformation werden, sich aber auch dafür entscheiden, Desinformation nicht weiter zu teilen und gegebenenfalls bei den betroffenen Plattformen zu melden. Gut belegte Informationen können den Fake News entgegengestellt werden. Desinformation kann auch für den gezielten Betrug eingesetzt werden, um etwa an Accountdaten zu kommen.

Zum Glücksspiel im Internet zählen zum einen etwa das klassische "Gambling" oder Inhalte, die beispielsweise in Videospielen zufällig generiert werden und erspielt oder gekauft werden müssen. Während beim Gambling die von Influencern häufig für die Produktion von Inhalten in Livestreams beispielsweise genutzten sogenannten digitalen "Slot Machines" ziemlich eindeutig als Glücksspiel zu erkennen sind, ist das bei In-Game-Items nicht immer der Fall.

"Slot Machines" sind einfach ausgedrückt die digitalen Versionen der gleichnamigen analogen Spielautomaten, wie sie zum Beispiel in Las Vegas oder Glücksspielläden in Deutschland stehen und wo sich drehende Früchte der gleichen Sorte in einer Reihe formiert für eine Gewinnausschüttung sorgen. Viele Influencer suggerieren, dass damit Geld zu gewinnen ist. Am Ende gewinnt bekanntermaßen aber immer die Bank und auch scheinbar erfolgreiche Influencer haben Haus, Hof und Freundschaften verspielt. Die zu Amazon gehörende Streaming-Plattform Twitch hat im vergangenen Jahr Einschränkungen zur Übertragung dieser Formate angekündigt [42].

Weitaus verbreiteter sind die In-Game-Käufe und sogenannte "Lootboxen", die entweder erspielt oder gekauft werden müssen und größtenteils lediglich kosmetische Inhalte enthalten, in einigen Fällen aber auch Vorteile im Spiel bringen. Lootboxen können durch stundenlanges Spielen freigeschaltet werden, gekauft werden oder sogar beides. Für Letzteres implementieren Entwickler immer häufiger Battle Pässe in etwa Fortnite, Halo oder Call of Duty. Den Battle Pass erwirbt man in der Regel über die jeweilige In-Game-Währung, die man teilweise erspielen oder auch kaufen kann beziehungsweise am Anfang auch kaufen muss. Später ermöglichen einige Spiele, den folgenden Battle Pass, der jede Saison neu erscheint, mit der aus dem vorherigen Pass erspielten In-Game-Währung zu erwerben. Vorausgesetzt, man verbringt ausreichend Zeit im Spiel, um die erforderlichen Stufen zu erreichen.

Zu den umstrittensten Lootboxen zählt wohl das in EA's "FIFA" eingebaute "Football Ultimate Team" (FUT). Dort werden zufällige Spieler für den FUT-Modus gezogen und können auch eingesetzt werden – hier bringen die virtuellen Spieler mit den besten Eigenschaften entsprechende Vorteile im Spiel selbst. Genau wie die "Slot Machines" ziehen auch Streamer, die live vor der Kamera lediglich ein FUT-Pack nach dem anderen öffnen, unzähliger Zuschauer vor den Bildschirm. Sie geben zu Unterhaltungszwecken schnell mal vier- bis fünfstellige Summen aus. Gerade junge Zuschauer könnten das als normal erachten, weil Streamer oftmals suggerieren, dass sie "einer von ihnen" seien. Der Unterschied, dass große Streamer mehrere Millionen pro Jahr verdienen, erklären sie dem überwiegend jungen Publikum eher selten. Zuletzt wurde auch der aktuelle Teil der Serie, "FIFA 23" von EA, ohne Altersbeschränkung freigegeben [43], genau wie die vorherigen Teile der Reihe.

Mittlerweile gibt es kaum noch namhafte Spiele, die auf In-Game-Transaktionen verzichten. Bei einigen, wie dem Battle Pass etwa, ist im Vorhinein bekannt, was einen erwartet – auch vor dem Kauf, andere hingegen nutzen Lootboxen, dessen Inhalte unbekannt und zufällig sind. Im Jahr 2021 wurde das Jugendschutzgesetz überarbeitet [44] und der Begriff "Interaktionsrisiko" gesetzlich verankert.

Die übermäßige Nutzung von Geräten, die mit dem Internet verbunden sind und damit einhergehenden über das Internet zugänglichen Services, kann in eine "Internetsucht" münden. Gleiches gilt für das übermäßige Spielen. Heranwachsende können ihr Nutzungsverhalten dann nicht mehr selbstständig auf ein gesundes Maß begrenzen.

2018 hatte die WHO beschlossen, Computerspielsucht (gaming disorder) in den Katalog anerkannter Krankheiten aufzunehmen. Seit Anfang des Jahres 2022 können damit ambulante oder stationäre Therapien bei der Krankenkasse abgerechnet werden. Computerspielsucht ist eine ernsthafte Erkrankung, die im Gehirn messbare Veränderungen hervorrufen kann [45] und dabei durchaus mit Alkohol- oder Drogensucht vergleichbar ist, schrieb etwa der Duisburger Psychologe und Kognitionsforscher Matthias Brand in einem Beitrag für das Fachjournal Science.

Durch entsprechende Foren und Interessengruppen im Internet können auch andere Süchte entwickelt oder verstärkt werden, wie etwa Essstörungen. Unter anderem Instagram und TikTok [46] wurden hier schon als problematische Plattform bezeichnet.

Das Internet wird von extremen weltanschaulichen aber auch religiösen Gruppierungen dazu genutzt, um Heranwachsende anzusprechen und in die Gruppierungen aufzunehmen. Dazu werden beispielsweise auch für Außenstehende unzugängliche Messengergruppen oder Foren-Gruppen genutzt.

(kbe [47])


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[1] https://usk.de/die-usk/?pk_campaign=uskdestartseitesliderlinkslide1&pk_kwd=uskde
[2] https://www.kinder-ministerium.de/deine-rechte
[3] https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Verbraucherinnen-und-Verbraucher/Informationen-und-Empfehlungen/Cyber-Sicherheitsempfehlungen/Kinderschutz-im-Internet/kinderschutz-im-internet_node.html
[4] https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Checklisten/BSI-Checkliste-Kinderschutz.pdf?__blob=publicationFile&v=1
[5] https://www.gesetze-im-internet.de/juschg/BJNR273000002.html
[6] https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/digitale-welt/jugendschutzgesetz-kostenfallen-und-belaestigung-im-internet-eindaemmen-59568
[7] https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/jugendschutz-internet-1798644
[8] https://usk.de/alle-lexikonbegriffe/category/usk-alterskennzeichen/
[9] https://www.gesetze-im-internet.de/juschg/BJNR273000002.html
[10] https://families.google/intl/de_ALL/familylink/
[11] https://support.apple.com/de-de/HT201304
[12] https://www.microsoft.com/de-de/microsoft-365/family-safety?market=de
[13] https://support.mozilla.org/de/kb/Jugendschutz
[14] https://www.heise.de/news/Affiliate-Betrug-Browser-Erweiterungen-mit-1-4-Millionen-Installationen-7247888.html
[15] https://www.heise.de/select/ct/2016/1/1451801443956437
[16] https://support.mozilla.org/de/kb/Jugendschutz#:~:text=Suchen%20Sie%20auf%20Mozillas%20Add,und%20funktionieren%20nur%20in%20Firefox.
[17] https://eltern.fragfinn.de/eltern/fragfinn-als-startseite/#1548856918580-4c0cf33d-9cc0
[18] https://www.fragfinn.de
[19] https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/sicher-surfen-schutz-fuer-kinder-im-netz-89786
[20] https://www.blinde-kuh.de/index.html
[21] https://www.bfdi.bund.de/DE/Service/Publikationen/Pixi/Pixi_node.html
[22] https://www.datenschutz-leicht-erklaert.de
[23] https://www.schau-hin.info
[24] https://act-on.jff.de
[25] https://www.gutes-aufwachsen-mit-medien.de
[26] https://jugend.support
[27] https://www.kinder-ministerium.de
[28] https://www.kinder-ministerium.de/familie-und-du
[29] https://www.klicksafe.de/
[30] https://www.klicksafe.de/fuer-kinder
[31] https://mobbing-schluss-damit.de
[32] https://www.nummergegenkummer.de
[33] https://www.nummergegenkummer.de
[34] https://www.wolfgang-kindler.de
[35] https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/wer-hilft-bei-mobbing--1577110
[36] https://www.heise.de/news/Cybergrooming-Umfrage-Ein-Zehntel-der-Kinder-wurde-bereits-online-erpresst-7343073.html
[37] https://www.fragzebra.de/cybergrooming
[38] https://www.heise.de/hintergrund/Wechsel-zum-Passwort-Manager-ein-wenig-Arbeit-ein-grosser-Sicherheitszugewinn-7358142.html
[39] https://www.heise.de/hintergrund/Digitale-Gewalt-was-ist-das-und-wie-kann-ich-mich-wehren-6541527.html
[40] https://www.heise.de/news/Objekt-Tracker-Apples-AirTags-wegen-Missbrauchs-weiterhin-im-Kreuzfeuer-6500687.html
[41] https://www.heise.de/news/EU-Konferenz-zur-Internetzukunft-Desinformation-toetet-taeglich-7328281.html
[42] https://www.heise.de/news/Twitch-Einschraenkung-des-Gluecksspiels-und-Aenderung-an-Einnahmen-fuer-Streamer-7271758.html
[43] https://www.heise.de/news/Videospiele-FIFA-23-trotz-Lootboxen-ohne-Altersbeschraenkung-freigegeben-7276570.html
[44] https://www.heise.de/hintergrund/Lootboxen-und-Co-Was-das-neue-Jugendschutzgesetz-fuer-Videospiele-bedeutet-6011613.html
[45] https://www.heise.de/news/Experte-Computerspielsucht-kann-Gehirn-veraendern-Heilung-moeglich-7100862.html
[46] https://www.heise.de/news/Gefaehrdung-von-Kindern-durch-Tiktok-US-Bundesstaaten-leiten-Untersuchung-ein-6534638.html
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