Kleingerechnet

Die UMPCs der zweiten Generation holen vor allem bei der Laufzeit und dem Display auf, wie der Q1 Ultra von Samsung mit neuem Innenleben zeigt.

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Dr. Jürgen Rink

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Die letztes Jahr erfundene Gerätegattung Ultra Mobile PC (UMPC) fiel wegen zu kurzer Laufzeit und schlechtem Display bei den Käufern durch. Die UMPCs der zweiten Generation machens besser, wie der Q1 Ultra von Samsung mit neuem Innenleben zeigt.

Die von Intel und Microsoft ins Leben gerufene Plattform Ultra Mobile PC (UMPC) umfasst Minirechner, die klein und leicht genug sind, damit der Anwender sie bequem zwischen den Händen halten kann. Die erste Generation [1] krankte daran, dass die Hardware nicht zum kleinen Format passte: Die UMPCs liefen kaum drei Stunden, waren zu laut, wurden zu warm und zeigten eine für Windows XP zu geringe Display-Auflösung – und dafür sollte der Anwender rund tausend Euro bezahlen.

Mit der auf dem Frühjahrs-IDF in Peking vorgestellten Nachfolge-Plattform McCaslin trat Intel an, den ramponierten Ruf der Kleinstrechner zu verbessern. Das erste McCaslin-Gerät auf dem deutschen Markt ist Q1 Ultra von Samsung. Gleich vorneweg: Er läuft bei wenig Rechenlast über vier Stunden lang und Windows Vista lässt sich wegen der Display-Auflösung von 1024 × 600 nun auch ohne abgeschnittene Fenster bedienen. Damit hat er der ersten Generation schon einiges voraus.

Der Q1 Ultra liegt wegen abgerundeter Kanten und der geringen Dicke von 2,3 cm angenehm in der Hand. Die 700 g Gewicht lassen das Bedienen ohne Unterlage eine Zeit lang zu, nicht aber stundenlang. Ein Plastikfuß an der Rückseite hält den Kleinen schräg stehend auf dem Tisch. Mit dem UMPC in der Hand reichen die Daumen für die Bedienung aus: Der linke bewegt einen verschiebbaren Knopf und damit den Cursor, der rechte bedient die beiden Mausersatztasten. Die an Smartphones erinnernde Knöpfchentastatur links und rechts oben erlaubt die Eingabe von Text. Das ist deshalb mühsam, weil der Blick häufig vom Knöpfchenblock links zu rechts und umgekehrt wechselt. Anders als bei Smartphones müssen die Daumen gleichzeitig statt nacheinander auf Shift und Taste für einen Großbuchstaben drücken – erst die Windows-Einrastfunktion schafft hier Abhilfe.

Wer damit nicht zurechtkommt, kann auf eine Bildschirmtastatur ausweichen. Die Tasten erscheinen auf dem Touchscreen-Display links und rechts als Viertelkreis in der Ecke und sind bequem mit den Daumen erreichbar. Ein Druck auf das Werkzeugsymbol ändert die Buchstaben- in Einstellungstasten.

Per Stift, der unten quer im Gerät steckt, kann das Q1 Ultra zudem wie ein Tablet PC bedient werden. Damit steht auch die hervorragende Handschrifterkennung von Windows Vista zur Verfügung, die das Tippen oft überflüssig macht. Die Kalibrierung des Touchscreens ist so genau, dass punktgenaues Zeichnen möglich ist. Da aber die Touchscreen-Folie nicht zwischen Handballen und Stift unterscheidet, erfordert der Q1 Ultra freihändiges Schreiben und Skizzieren.

Die Vielfalt dieser Bedienmöglichkeiten setzt sich beim Media Center fort. Zusätzlich zum Samsung-eigenen AVStation Now steht Origami Experience bereit, das ganz auf die Touchscreen-Bedienung ausgelegt ist. Insgesamt dürfte jeder Anwender seinen Umgang mit dem Q1 Ultra finden – ob Stift, Mausersatz, Knöpfchentastatur, virtuelles Keyboard oder die beiden Multimedia-Center, für jeden ist was dabei.

Innenleben

Mit Hilfe des hier zum ersten Mal eingesetzten Prozessors A110 (Code-Name Stealey) und dem Chipsatz 945GU hält Intel den Strombedarf des Systems auf niedrigem Niveau. Der A110 besteht aus einem auch bei einigen Celeron-M-Varianten eingesetzten Dothan-Kern, ist in 90-nm-Struktur gefertigt und läuft mit einem L2-Cache von 512 KByte. Die CPU taktet mit maximal 800 MHz und kommt mit Kernspannungen unter einem Volt aus. Die maximal mögliche Leistungsaufnahme (TDP) liegt bei nur 3 W – aktuelle Doppelkern-CPUs brauchen das Zehnfache. Intel hat noch die Version A100 mit 600 MHz im Programm. Der Intel 945GU ist eine ULV-Variante des Centrino-Chipsatzes 945GM mit integrierter Grafikeinheit; der Front-Side-Bus läuft mit FSB400.

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Der Q1 Ultra bringt zahlreiche Bedienoptionen mit, unter anderem ein Einstellungsmenü per Knopfdruck. Vergrößern

Die Rechenleistung des Systems liegt auf überraschend niedrigem Niveau. MPEG2- und MPEG4-Videos lasten den UMPC nahezu aus und ruckeln leicht. Schon MP3-Musik fordert einiges an Rechenleistung, sodass der Vorteil des bei Musik ausschaltbaren Display vom erhöhten Strombedarf der Hardware aufgefressen wird: Nach 4,5 Stunden Musik ist Schluss, das System nimmt dabei 6,2 W auf. Ohne Last sind es 4,2 Stunden (6,8 W), bei ausgelasteter CPU, sprich Video, ist der Akku nach 2,9 Stunden leer (9,7 W). Vorteil der niedrigen Leistungsaufnahme: Selbst bei hoher Rechenlast bleibt der Lüfter leise, bei geringer Last läuft er zwar oft, aber man hört ihn kaum. Die Ladezeit ist mit 1,5 Stunden extrem kurz.

Intel hat die Stealey-Plattform offensichtlich auf Stromsparen getrimmt, auf Kosten der Rechenleistung – aktuelle Notebooks laufen in anderen Leistungsdimensionen und selbst die erste UMPC-Generation bietet mehr Rechenleistung. Bilder anzeigen und Textverarbeitung erledigt das System, aber Windows Vista ist alles andere als ressourcenschonend: Die ständigen Festplattenzugriffe, abgebremst durch eine lahme 1,8-Zoll-Festplatte (sie fasst 60 GByte) und die vielen Dienste, erfordern häufiges Warten.

Das 7-Zoll-Display mit LED-Beleuchtung braucht nur 3,5 W und leuchtet mit über 300 cd/m² sogar hell genug für Sommertage draußen – sofern das Sonnenlicht nicht direkt über die leicht spiegelnde Touchscreen-Oberfläche ins Auge fällt. Zwar hat das Display einen in vertikaler Richtung eingeschränkten Blickbereich, aber es lässt sich innerhalb dieses Winkels sehr gut ablesen, weil die Farben bei verändertem Winkel kaum verfälschen.

Mit der Außenwelt kommuniziert der Minirechner über WLAN mit allerdings niedriger Datenrate, Bluetooth, einen VGA-Anschluss mit brauchbarem Signal, 100-Bit-LAN, Audio-Port und SD-Card-Schacht. Modem und FireWire fehlen, und anders als zunächst angekündigt hat der Q1 Ultra keine Mobilfunk-Hardware, obwohl unter dem Akku eine Aussparung inklusive Pins für eine SIM-Card liegt. Eine drahtlose Online-Verbindung gelingt also außer per WLAN nur per Bluetooth über ein GSM/UMTS-fähiges Handy. Navigieren geht nicht, denn der Kleine hat keinen GPS-Chip. Mit je einer Kamera vorne und hinten (640 × 480) und brauchbarem internen Mikrofon ist der UMPC videokonferenzfähig.

Fazit

Der Q1 Ultra ist der erste Vertreter einer neuen UMPC-Generation. Mit langer Laufzeit, Betriebsruhe und hoher Display-Auflösung bringt er vieles mit, was die ersten Modelle vermissen ließen. Für eine flüssige Bedienung des Leistung fordernden Windows Vista und für Anwendungen jenseits von Tippen und Musik reicht die Rechenleistung oft nicht. Samsung bietet das Q1 Ultra neuerdings auch in einer XP-Version an (Besar), die zum Testzeitpunkt leider nicht zur Verfügung stand.

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Das Multimedia Center Origami Experience ist für die Bedienung mit Finger oder Stift ausgelegt. Vergrößern

Samsungs Q1 Ultra überzeugt mit vielfältigen, innovativen Eingabemöglichkeiten. Der Verzicht auf GPS und auf Mobilfunk begrenzt die mobilen Einsatzmöglichkeiten allerdings erheblich. Unterm Strich stellt der Q1 Ultra einen kleinen, lange laufenden mobilen Begleiter dar, der weder den Rechner oder das Notebook noch das Handy, PDA oder Smartphone komplett ersetzen kann. Wobei lange laufend relativ ist – vier Stunden sind ein achtbarer Wert bezogen auf Notebooks, aber kurz im Vergleich zu Smartphones und MP3-Player. Für viele Interessenten dürfte der Preis von über 1200 Euro zu hoch sein.

Bislang ist hierzulande kein anderer UMPC der zweiten Generation in Sicht. Die drei der ersten Generation (Samsung Q1, Asus R2H, Victum Freewalker) sind immer noch im Handel, dazu kam kurzzeitig der von Arima gebaute und von Medion verkaufte MD 96211. Es sieht ganz danach aus, als ob Deutschland UMPC-Entwicklungsland bleibt. Anders siehts in Asien aus, wo Fujitsu mit dem U8240 im Convertible-Design erfolgreich ist und HTC mit dem Shift einen UMPC mit vorziehbarer Tastatur vertreibt.

Die dritte UMPC-Generation hat Intel bereits angekündigt. Sie heißt Menlow und soll 2008 starten. Mit der Silverthorne genannten CPU in 45-nm-Struktur nebst Chipsatz soll Menlow deutlich mehr Rechenleistung und längere Laufzeit liefern. Diese Hardware soll auch in den im Frühjahr angekündigten Mobile Internet Devices (MID) laufen [2]. MIDs sind noch kleiner als UMPCs und wurden in vielfältigen Formaten vorgestellt. Auf dem Markt der Kleinstrechner tut sich also einiges, in Deutschland bislang jedoch auf niedrigem Niveau. (jr)

Literatur
[1] Jürgen Rink, Klein gefaltet, Der UMPC im Test, www.heise.de/mobil/artikel/77108
[2] Jörg Wirtgen, Leichter ins Netz, Intels Vision des mobilen Internetgeräts, c't 14/07, S. 22


Samsung Q1 Ultra-Pro 800 (Bahir)
Ultra Mobile PC
HerstellerSamsung
LieferumfangWindows Vista Home Premium, Vista-DVD, Software-DVD (mit Installationssperre), Trageschlaufe, Hülle, USB-Nullmodemkabel, Kurzhandbuch, Netzteil
SpezifikationIntel Mobile A110 , 1 GByte PC2-4300, 7 Zoll Touchscreen (1024 × 600), Intel GMA 950, 60 GByte-HDD, LAN 10/100 MBit/s, WLAN (802.11 a/b/g), fest stehende Web-Cam
SchnittstellenUSB, LAN, VGA, Kopfhörerausgang, Speicherkartenleser (SD/MMC)
Gewicht / Größe0,69 kg / 22,7 cm × 12,3 cm × 2,3 cm
Preis1230 EUR