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Spiegelndes iMac-Display: Was Sie tun können

Johannes Schuster

Apple rüstet seine iMacs mit einer Scheibe aus, die zwar gut für Design, Kontrast und knackige Farben ist, aber die Umgebung deutlich spiegelt. Das stört nicht nur Viele, es widerspricht auch Ergonomie-Anforderungen für Bildschirmarbeitsplätze.

Ein iMac ist für viele Mac-Anwender eine gute Wahl: Die Rechner sind leistungsstark und haben einen großen Bildschirm. Gegenüber dem Mac Pro sind sie deutlich günstiger und für die meisten Anwendungen ausreichend – sofern nicht gerade mehrkernfähige Spezialanwendungen zum Einsatz kommen oder schnellste Grafikkarten gefordert sind. Der günstigere Mac mini hat keinen Bildschirm, keine Tastatur, keine Maus, weniger Leistung und eine lahme 2,5-Zoll-Festplatte. Rechnet man dies mit ein, kommt man mit ihm auch nach der neuesten Preissenkung [1] kaum billiger weg. Der iMac hat jedoch ein von Apple nicht ernst genommenes Handicap: Die Reflexionen des eingebauten Monitors verstoßen gegen die Bildschirmarbeitsverordnung [2] vom Dezember 1996, wo es im Absatz 4 des Anhangs ganz klar heißt: "Der Bildschirm muß frei von störenden Reflexionen und Blendungen sein."

Wir haben uns deshalb einmal umgehört, umgesehen und angesehen, was man etwa mit Folien oder Vorsatzscheiben gegen das Problem tun kann und woher die Spiegelungen genau kommen.

Bei spiegelnden Notebooks wie den aktuellen MacBooks Pro helfen sich Anwender häufig mit Entspiegelungsfolien. Diese funktionieren nach zwei unterschiedlichen Prinzipien: Entweder streut eine aufgeraute Oberfläche die Lichtstrahlen vergleichbar einer Milchglasscheibe so, dass die Reflexionen in alle Richtungen gehen und so weniger störend wirken. Leider wird dadurch auch das hinter der Scheibe liegende Bild unschärfer. Sogenannte Lambda-Viertel-Folien filtern hingegen ähnlich einer Brillenentspiegelung Licht bestimmter Wellenlängen durch destruktive Interferenz heraus (siehe c't 10/09, S. 152 [3]). Bei ihnen tritt häufig ein je nach Blickrichtung grünlicher oder violetter Farbstich auf. Eine Kombination beider Entspiegelungsmethoden ist ebenfalls möglich.

Beim Auftragen der Folien muss man sehr geschickt sein und behutsam vorgehen, da Staubeinschlüsse und Luftblasen später sehr störend wirken. Staubkörner kann man eventuell mit einem Klebestreifen wegzupfen, besser ist eine staubarme Umgebung wie das Badezimmer nach dem Duschen. Gegen die Blasen helfen sorgfältiges Arbeiten und ein weicher Plastikschieber wie etwa eine Scheckkarte. Harte Schieber wie Metallspachtel zerkratzen die Folie dauerhaft. Auf jeden Fall sollte die Scheibe vorab gründlich von allen Verschmutzungen und Fingerabdrücken gereinigt werden. Das mit den iMacs gelieferte Mikrofasertuch kann dabei gut helfen. Hartnäckige Fettflecken entfernt man mit ein wenig Spüli, welches man wiederum mit etwas Wasser abwaschen muss.

iMac entspiegeln (10 Bilder) [4]

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iMac mit Folien

Auf dem iMac entstehen mit hellem Bildinhalt bei manchen Folien bunte Streupunkte.

Passend für die iMacs zugeschnittene Streuungsfolien haben wir bei Danto [6] und NeoXum [7] bestellt; sie kosten um 50 Euro für das 21,5"-Modell. Sie haben aufgeraute Oberflächen und wirken sehr ähnlich. Beide konnten die Spiegelung so weit abschwächen, dass der Anwender sein Abbild nur noch schemenhaft wahrnimmt. Leider wurde nicht nur die Reflexion unschärfer, auch die Bildinhalte – allem voran Schriften – wurden undeutlicher. Noch schlimmer war aber, dass insbesondere bei hellen und grünen Hintergründen durch Streuung der Doppelbrechung ölig-bunte Störpunkte sichtbar wurden. Diese erzeugten zudem ein nerviges Flirren, wenn wir den Kopf leicht bewegten.

Auch die bei Notebooks sehr beliebte Vikuiti von 3M [8] (siehe c't 2/08, S. 116) probierten wir aus. Sie kombiniert beide Entspiegelungsmethoden und erzeugte ein nicht ganz so starkes Grisseln, dafür entspiegelte sie auch etwas weniger. Außerdem sahen wir uns die Entspiegelungsfolie von Ifoha [9] (ca. 42 Euro) an, die weniger stört, aber wegen ihrer nicht aufgerauten Oberfläche die Reflexionen auch kaum mindert. Sie wird als einzige feucht aufgebracht (und klebte im Test trotzdem nicht), während die anderen durch Adhäsion haften. Alle vier ließen sich rückstandslos wieder vom Glas entfernen.

Es gibt auch Dienstleister, die iMacs mit Folie bekleben. Die Hamburger PPS [10] etwa nimmt dafür je nach Bildschirmgröße und Stückzahl ab 10 Euro plus Versandkosten; die Folie muss mitgeschickt werden. Die mit Notebooks sehr erfahrene Firma TDComponents [11] schneidet die Vikuitifolie passend zu und bringt sie zum Komplettpreis von 70 Euro auf. Allerdings raten die Spezialisten dort von einer Folie für den iMac ab, da hier zu viel Platz zwischen Scheibe und Display sei.

Die Folien von 3M, Danto und NeoXum funktionierten übrigens auf einem MacBook Pro 15" besser: Die Entspiegelung gelang etwa gleich gut, aber die bunten Punkte und das Grisseln traten in deutlich schwächerer Form auf. Der Grund: Beim MacBook Pro haben Scheibe und Display einen deutlich geringeren Abstand, weshalb der Bildinhalt des Displays in den Augen des Betrachters durch die mattierten Folien nicht so stark gestreut wird.

Für Vitrinen und Schaukästen in Museen gibt es (nicht angerautes) Spezialglas, das die Reflexionen von Scheinwerfern und anderen Lichtquellen wirkungsvoll mindert, sodass man fast störungsfrei auf die Exponate blicken kann. Warum also nicht eine solche Scheibe im Tausch vor den iMac setzen?

Um das Frontglas vom Rechner zu lösen, nimmt man am besten zwei "Kipphebelsaugheber", wie Glaser sie verwenden und wie man sie für weniger als zwanzig Euro im Internet beziehen kann. Man setzt diese am oberen Rand der Scheibe an und zieht sie zu sich hin, während jemand anderes den iMac festhält. Ist man allein, muss man den Rechner vorher auf den Rücken legen.

Die iMac-Scheibe wird von Magneten gehalten. Das Display darunter ist ebenfalls nicht entspiegelt.

Zum Vorschein kommen an das Glas geklebte Metalllaschen, die die Scheibe unten im Gehäuse fixieren und oben, rechts und links magnetisch festhalten. Das Glas ist an allen vier Rändern von hinten schwarz lackiert, um Magnete, Schrauben, Kamera, Mikrofon und Befestigungen im offenen Gehäuse zu überdecken. Das von Apple verwendete Panel hinter der Frontscheibe ist ein Glossy-Display, spiegelt also selbst bereits. Keines der von uns getesteten Spezialgläser konnte diese Reflexionen mindern, doch die Gesamtspiegelung war deutlich geringer. Besonders geeignet erschienen uns Conturan von Schott [12], das Artglass UV70 von Groglass [13] und Plexiglass Gallery UV100AR von Degussa [14].

Eine entspiegelte Ersatzscheibe müsste in etwa die gleiche Dicke von 1,7 mm und die gleiche Form wie das Originalglas des iMac (52,6 x 31,95 cm beim 21,5-Zoll-Modell) mit zwei abgerundeten Ecken haben, zudem passend lackiert und zumindest seitlich mit magnetischen Metallstreifen versehen sein. Bisher gibt es so etwas nicht. Einige von uns befragte Glas-Spezialisten haben die Idee überprüft, ob ihre Firmen solch eine Scheibe anbieten könnten – und den Gedanken verworfen. Offenbar ist der Aufwand zu groß. Im Übrigen sind auch alle genannten Spezialgläser dicker als 1,7 Millimeter und würden über den unteren Gehäuserand hinausstehen.

Man könnte auch das Panel ohne vorgelagerte Scheibe betreiben. Durch die fehlende Umrandung würde subjektiv Schwarz, etwa beim Betrachten von Filmen, nicht mehr so satt wirken. Vor allem aber störte der Blick auf die Technik um das Panel herum. Mit einem etwa 25 Millimeter breiten, passenden Blendrahmen könnte man dieses Problem zwar umgehen. Bisher wird so etwas nach unseren Recherchen aber nicht angeboten. Direkt auf dem Panel erzeugten die von uns getesteten Folien übrigens keine bunten Moiré-Punkte. Da es nicht so stark reflektiert wie die Frontscheibe, fiel ohne diese der Entspiegelungseffekt aber auch deutlich magerer aus.

Folien können iMacs zwar wirksam entspiegeln, haben aber kaum tolerierbare Nebenwirkungen, da die vorgesetzte Scheibe einen zu großen Abstand zum Display hat. Uns wurde berichtet, dass viele Anwender in Firmen, die ihre iMacs auf Druck von Betriebsräten und Berufsgenossenschaften mit Anti-Reflex-Folien entspiegeln ließen, mit dem Ergebnis nicht zufrieden waren und letztere wieder entfernten. Um besser mit der Spiegelung zu leben, versuchten sie, lieber mit der Beleuchtung und Geräteaufstellung zu experimentieren. Das hilft unserer Erfahrung nach auch.

Viele gewöhnen sich zudem offenbar an die Reflexionen und nehmen sie bald nicht mehr bewusst wahr. Ergonomen warnen aber davor, dass dieses "Wegrechnen" im Gehirn müde machen könnte. Keine Alternative ist auch das Aufdrehen der Bildschirmhelligkeit: Zwar fällt das Spiegeln durch die hellere Nutzinformation weniger auf, doch führt das bei Vielen zu trockenen Augen oder abendlichen Kopfschmerzen.

Falls man mit dem eingebauten Bildschirm weder so noch so zufrieden ist, bleibt noch die Möglichkeit, einen zweiten Monitor an den iMac anzuschließen. Das kostet zwar noch einmal Geld, aber insgesamt weniger als ein Mac Pro plus Display.

Unterm Strich bleibt zu hoffen, dass Apple seine iMacs bald auch in einer nichtspiegelnden Variante anbietet. Damit hätten die Anwender die freie Wahl und Unternehmen könnten ihren Arbeitnehmern iMacs auf den Schreibtisch stellen, ohne die verbindlichen Vorschriften zu verletzen. (jes [15])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-1142975

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/Apple-senkt-Mac-mini-Preise-1129275.html
[2] http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bildscharbv/gesamt.pdf
[3] http://www.heise.de/artikel-archiv/ct/2009/10/152_kiosk
[4] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_1143081.html?back=1142975
[5] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_1143081.html?back=1142975
[6] http://www.danto.de/technik-und-unterhaltungselektronik/onscreen-schutzfolien/
[7] http://www.neoxum.de/
[8] http://www.3m-displayschutz.de/
[9] http://ifoha.com/
[10] http://www.pps-imaging.de/
[11] http://www.tdcomponents.com/
[12] http://www.schott.com/german/
[13] http://www.groglass.com/
[14] http://www.plexiglas.de/product/plexiglas/de/Pages/default.aspx
[15] mailto:jes@ct.de