Affäre: Deutsche Messe provoziert IT-Händler

Wenn das nicht komisch riecht: Deutsche-Messe-Manager Dr. Michael Breyer kooperiert mit einem Unternehmen, dessen Gründer und Geschäftsführer er selbst ist. Im Angebot: Stark reduzierte IT-Hardware unter anderem von Fujitsu und MSI.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Dr. Wolfram v. Fritsch, Vorstandschef der Deutsche Messe AG in Hannover (CeBIT etc.),

Deutsche-Messe-Chef Dr. Wolfram v. Fritsch

(Bild: Deutsche Messe AG)

vergangene Woche bekam ich – und vermutlich einige tausend andere Menschen in Deutschland auch – von Ihnen eine Mail. Nicht von Ihnen persönlich, aber von der Deutsche Messe AG, deren Vorstandsvorsitzender Sie ja sind. Die Betreffzeile machte neugierig: "TOP-IT-Produkte bis zu 23 % reduziert exklusiv für Sie". Hossa, dachte ich, was ist das denn? Ist die Deutsche Messe AG jetzt in den IT-Handel eingestiegen? Also schnell die Mail geöffnet und den Text gelesen. Das machte meine Verwunderung nur noch größer. Dort heißt es wörtlich:

"Mit einem positiven Verlauf hat die CeBIT 2011 für Begeisterung in der internationalen ITK-Branche gesorgt. Ein guter Anlass für uns, Sie herzlich in unsere neue Shopping-Community für Top IT-Produkte einzuladen! Wir bieten Ihnen in einer einmaligen Sonderaktion die Möglichkeit, Ihren alten Computer gegen einen PC der neuen Generation der MSI All-in-One Familie einzutauschen und bis zu 120 Euro Prämie zu kassieren! – Und es gibt noch viel mehr zu entdecken, z.B. die MSI-Notebooks der Classic-Serie mit Top-Ausstattung als echte Knüller in einer attraktiven Preisklasse!

Viel Spaß beim Einkaufen wünscht Ihnen

Die CeBIT und das youSelect.de-Team"

Soso, die CeBIT also und das "youSelect.de-Team" gemeinsam in einem Boot. Natürlich wollte ich mehr erfahren und klickte auf den Button "Zum Shop", woraufhin ich auf einer Internetseite landete, die allem Anschein nach von der Deutschen Messe AG bzw. deren Tochter Deutsche Messe Interactive GmbH sowie dem Unternehmen Youselect Deutschland GmbH & Co KG in Hamburg betrieben wird. Auch das CeBIT-Logo ist prominent platziert. Nach Eingabe des Passwortes, welches mir mit der E-Mail gleich mitgeliefert worden ist und "cebit2011" lautete, öffnete sich die Startseite eines mir bis dahin nicht bekannten "Youselect Shopping Clubs". Dort wurden mir auch sogleich einige Produkte unter anderem von Fujitsu und MSI inklusive des Preisvorteils angezeigt.

Na klasse, dachte ich, das ist ja ein Ding. Da rühmt sich die Messegesellschaft in Hannover, mit der CeBIT das Drehkreuz für die IT-Händler Deutschlands und darüber hinaus zu sein, und kaum sind die Tore wieder zu und die Flaggen eingerollt, da macht die Messe den Händlern Konkurrenz. Das ist nicht nett. Doch damit nicht genug. Ausweislich des Impressums handelt es sich bei dem "Youselect Shopping Club" um eine Seite der bereits genannten Hamburger Firma Youselect Deutschland GmbH & Co KG. Als Geschäftsführer und Gründer dieses Unternehmens fungiert der frühere Unternehmensberater (Accenture, Roland Berger) Dr. Michael Breyer. Das ist an sich ja nichts Anrüchiges. Komisch riecht es aber, wenn man feststellt, dass eben dieser Dr. Breyer gleichzeitig und in Personalunion Geschäftsführer der Deutsche Messe Interactive GmbH ist, jener Tochterfirma der Deutsche Messe AG also, welche laut eigenem Bekunden "Anbieter und Geschäftskunden systematisch über das Internet zusammen" führt und die hinter dieser Aktion steht. Mit anderen Worten: Hier scheint Herr Dr. Breyer mal den ganz kurzen Weg gegangen zu sein und mit sich selbst ein Geschäft gemacht zu haben. Wie heißt es in seinem Xing-Profil unter "Ich biete": "Kontakte, Deals, Perspektiven". Naja, was liegt näher, als bei sich selbst zu beginnen.

Lieber Herr Dr. von Fritsch, diese Aktion stinkt zum Himmel! Eine total bescheuerte Kampagne, die das ansonsten doch recht seriöse Image der Deutsche Messe AG beschädigt. Mich würde interessieren, ob Herr Dr. Breyer für diese Aktion grünes Licht vom Vorstand hatte. Die wohlwollendste Interpretation dieser Geschichte ist, dass die Resonanz auf das Angebot der Deutsche Messe Interactive bei potenziellen Kunden so schlecht ist, dass Sie bzw. Ihr Mitarbeiter Breyer beschlossen haben, sozusagen mit einem sehr eng befreundeten Unternehmen mal so etwas wie eine Referenz-Installation zu zeigen. Eine ganz schlechte Idee, wenn Sie mich fragen.

Lieber Herr Dr. von Fritsch, tun Sie sich und der von Ihnen geführten Messegesellschaft einen Gefallen und konzentrieren Sie sich auf Ihr Kerngeschäft. Der Handel mit IT-Produkten – auch in indirekter Form – gehört meines Wissens nicht dazu.

Beste Grüße

Damian Sicking

Und hier die Antwort von Dr. Wolfram von Fritsch.

Weitere Beiträge von Damian Sicking finden Sie im Speakers Corner auf heise resale ()