Fujitsu TS: Strahlkraft komplett verloren

Schafft es der neue Chef von Fujitsu Technology Solutions, der ehemalige Oracle- und SAP-Manager Rolf Schwirz, das Unternehmen aus der Unscheinbarkeit wieder herauszuholen? Oder will er das gar nicht?

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber zukünftiger Fujitsu TS-Chef Rolf Schwirz,

Neuer FTS-Chef Rolf Schwirz

(Bild: SAP)

der Einstieg des ehemaligen HP-Chefs Mark Hurd bei Oracle "lässt die Computerbranche erzittern". So kommentiert die Wirtschaftswoche in ihrer heute erscheinenden Ausgabe leicht übertrieben den Wechsel des unehrenhaft entlassenen CEOs von Hewlett-Packard zum SAP-Konkurrenten. Oracle-Chef Larry Ellison hatte sich ja schon vor kurzem als Fan von Hurd geoutet und den Rausschmiss bei HP als Riesenfehler kritisiert. Hurd gilt, wie Ellison auch, als harter Hund und passt daher vermutlich gut in die eher rauhe und rustikale Unternehmenskultur von Oracle, in der es Schöngeister eher schwer haben. Oder sehen Sie dies anders, lieber Herr Schwirz? Sie standen ja immerhin zwölf Jahre auf der Oracle-Payroll, und zwar nicht als Hausmeister, sondern unter anderem als Vice President Sales Germany, CEO Nordic-Germany und Senior Vice President Western Continental Europe (herrlich diese amerikanischen Titel!). Das hat sicher Spuren hinterlassen. Erst vor einem Jahr, zum 1. Oktober 2009, waren Sie von Oracle zum Konkurrenten SAP gewechselt, um das Europa-Geschäft voranzutreiben.

Doch jetzt ist Ihr Gastspiel beim größten deutschen Softwarekonzern auch schon wieder vorbei. Spätestens zum November übernehmen Sie den Chefposten bei Fujitsu Technology Solutions (FTS), der Firma, die den meisten noch als Fujitsu Siemens Computers (FSC) in Erinnerung ist. Allerdings lässt Ihr Wechsel zu FTS die Computerbranche nicht erzittern, was ja nicht das Schlechteste sein muss. Auf jeden Fall wird es Zeit, dass der Posten bei FTS wieder besetzt wird und das Unternehmen auch ein Gesicht bekommt. In dieser Hinsicht sah es ja bei Ihrem blassen Vorgänger Kai Flore nicht gut aus, der eher das Image eines besseren Buchhaltes vor sich her trug. Als er vor einigen Monaten aus dem Amt schied, geschah dies genauso leise und unauffällig, wie seine gesamte Amtszeit war.

Nein, es wird wirklich Zeit, dass FTS wieder ein Gesicht bekommt! Das Unternehmen ist seit der Komplettübernahme durch den japanischen Fujitsu-Konzern Ende 2008 und dem Ausstieg des ehemaligen CEO Bernd Bischoff medial fast komplett von der Bildfläche verschwunden. Zumindest kommt es mir so vor. Vor allem nachdem auch noch Deutschland-Geschäftsführer Hans-Dieter "Didi" Wysuwa andere Aufgaben im Konzern übernommen hatte – er ist seit mehr als einem Jahr für das weltweite Channel-Geschäft zuständig –, fehlt es einfach an mutigen und eloquenten Leuten an der FTS-Spitze, die sich öffentlich und kompetent zu aktuellen IT- oder auch wirtschaftspolitischen Themen äußern. Da ist einfach niemand! Gut, es gibt einen Dr. Josef Reger, der in technologischer Hinsicht zweifellos eine ganze Menge auf der Pfanne hat. Aber Reger erreicht mit seinen Techno-Themen auch nur einen begrenzten Interessentenkreis. Im Channel gibt es bei FTS wenigstens noch den rührigen Jörg Brünig, der aber recht einsam seine Kreise zieht. Dagegen ist von Deutschland-Geschäftsführer Bernd Wagner so gut wie nichts zu sehen und zu hören.

Schade eigentlich. So hat man als außenstehender Beobachter den Eindruck, dass der Rückzug von Siemens aus dem ehemaligen Joint-Venture mit Fujitsu dem Unternehmen nicht nur gut getan hat, zumindest nicht in Bezug auf die Wahrnehmung, von der Strahlkraft ganz zu schweigen. Ich bin sicher, dass sogar Branchenangehörige erst einmal einen Augenblick überlegen müssen, wenn man sie fragt, welches Unternehmen sich hinter dem Kürzel "FTS" verbirgt. Man wundert sich, was da los ist. Ist es Bescheidenheit? Ist es Arroganz? Oder Lethargie? Und man fragt sich, wie lange sich eine Firma solch einen defensiven Auftritt leisten kann.

Daher bin ich gespannt, ob Sie, lieber Herr Schwirz, dem Unternehmen FTS wieder mehr Visibilität verschaffen. Ich hoffe es. Oder finden Sie es okay, wenn die Firma, für die Sie bald die Verantwortung tragen, in Punkto Bekanntheit und Awareness in der dritten Liga spielt? Wollen Sie die IT-Themen, die in der Öffentlichkeit und der Fachwelt diskutiert werden, wirklich den IBMs, HPs, Oracles, Microsofts und SAPs dieser Welt überlassen? Sind Sie damit zufrieden, wenn es zu FTS lediglich heißt "Ach ja, die gibt es ja auch noch?". Das wäre sehr, sehr schade.

Lieber Herr Schwirz, in der Pressemeldung zu Ihrer Ernennung zum neuen FTS-CEO streicht Ihr zukünftiger Chef Richard Christou heraus, dass Sie "über umfassende Erfahrungen sowohl um Produkt- als auch im Service-Umfeld" verfügen. Dass ist schön, aber ich hoffe, Sie haben mehr zu bieten. Vielleicht sind wir uns ja sogar einig, dass es auf Erfahrung allein nicht ankommt. Ich wiederhole mich hier gerne: Niemand braucht Leute mit Erfahrung. Was die Unternehmen brauchen, sind Leute, die aus Erfahrung klug und gut geworden sind. Das ist genauso wie mit dem erfahrenen Liebhaber. Wenn "erfahrener Liebhaber" lediglich bedeutet, dass er zahllose Frauen in seinem Bett hatte – so what? Entscheidend ist doch viel mehr, dass er in der Lage ist, Frauen glücklich zu machen. Erfahrung kann in dieser Hinsicht hilfreich sein, ist aber kein Wert an sich.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, lieber Herr Schwirz, dass Sie nicht nur "über umfangreiche Erfahrungen" verfügen, sondern – um im Bild zu bleiben – vor allem wissen, "wie man Frauen glücklich macht".

Beste Grüße

Damian Sicking

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