Keine Verrechnung von Zeitguthaben mit Minusstunden

Die angesammelte Überstunden eines Mitarbeiters dürfen nur mit Minuszeiten verrechnet werden, wenn dies vertraglich so vereinbart wurde.

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Von
  • Marzena Sicking

Diese Situation kennen wohl alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer: mal ist soviel zu tun, das Überstunden geleistet werden müssen, mal ist so wenig los, dass man theoretisch auch schon Mittags heimgehen könnte. Da ist es doch praktisch, wenn Arbeitszeitkonten geführt werden und Überstunden mit Minuszeiten verrechnet werden können. Doch so einfach ist es leider nicht. Vielmehr muss ein solches Vorgehen ausdrücklich im Arbeitsvertrag (oder der Betriebsvereinbarung) festgeschrieben worden sein. Ansonsten kann es passieren, dass der Arbeitnehmer seine Überstunden ansammelt, das Arbeitszeitkonto aber nicht um die Minusstunden gekürzt werden darf. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem aktuelle Urteil bestätigt (Urteil vom 21. März 2012, Az.: 5 AZR 676/11).

Geklagt hatte die Mitarbeiterin eines Unternehmens, die laut Vertrag eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden zu leisten hatte. Außerdem wurden ihr innerhalb der Arbeitszeit kurze Pausen zugestanden. Überstunden, die neben der vereinbarten Arbeitszeit geleistet werden mussten, wurden auf einem Arbeitszeitkonto festgehalten und wurden nicht ausbezahlt, sondern in Freizeit abgegolten.

Am 1. April 2008 trat ein neuer Tarifvertrag in Kraft. Dieser hatte unter anderem kürzere Erholungszeiten für die Arbeitnehmer zur Folge. Allerdings konnte diese Kürzung aus internen Gründen erst in die Dienstpläne eingearbeitet werden, die ab 1.Juli 2008 galten. Bis dahin blieb in der Praxis alles wie vorher. Das gefiel dem Arbeitgeber gar nicht: Er strich der Mitarbeiterin insgesamt 7,20 ihrer angesammelten Überstunden. Begründet wurde dies damit, dass die Frau zwischen April und Juni trotz neuem Tarifvertrag noch die längeren Pausen beansprucht und damit nicht die gesamte vertraglich vereinbarte Arbeitszeit erbracht habe. Die Mitarbeiterin wehrte sich gegen die Kürzung und zog vor Gericht.

Das Arbeitsgericht hatte ihre Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht gab ihr hingegen statt. Die dagegen eingereichte Revision des Unternehmens hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Wie die Richter feststellten, ist eine solche Verrechnung nur erlaubt, wenn diese Option im Arbeits-, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung schriftlich festgehalten wurde. Ob eine rückwirkende Belastung mit Minusstunden in so einem Fall auch erlaubt ist, wenn die Dienstpläne durch den Arbeitgeber erst Monate nach Inkrafttreten der neuen Regelungen angepasst werden, wurde nicht beantwortet. (masi)