Kolumne: IT-Systemhaus Cancom wird zum Home of HoH

Nach der überraschenden Übernahme des E-Tailers HoH durch das Systemhaus Cancom beginnt nun die Arbeit. Sicher ist, dass Cancom an dem Privatkundengeschäft von HoH nicht interessiert ist, sondern an dem Know-how des Unternehmens im E-Commerce.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Damian Sicking

HoH-Gründer Martin Wild

(Bild: HoH)

Lieber Home-of-Hardware-Chef Martin Wild,

war es eine Rettung in letzter Minute? Wir wissen es nicht. Jedenfalls legt der symbolische Kaufpreis von drei Euro, den das Systemhaus Cancom für die Übernahme von 75,5 Prozent der Anteile an Ihrem Unternehmen Home of Hardware (HoH) zahlte, diese Vermutung nahe. Natürlich sind Sie froh, lieber Herr Wild, dass es jetzt überhaupt weitergeht und dass HoH wieder eine Perspektive hat. Auf der anderen Seite aber muss es wehtun, wenn das von Ihnen 1997 gegründete und mit viel Schweiß und Herzblut aufgebaute Unternehmen heute gerade mal einen Marktwert von vier Euro hat. Also ungefähr so viel wie ein Cheeseburger mit einer Pommes bei McDonald´s.

Dass ausgerechnet Cancom den Retter für HoH gibt, war eine echte Überraschung. Vor allem für die HoH-Mitarbeiter Sascha Harmuth und Gernot Wolfahrth. Denn die zwei Marketingspezialisten waren erst Mitte dieses Jahres zu HoH gekommen – von Cancom! Sie wären nach der HoH-Übernahme durch Cancom also plötzlich wieder bei dem Unternehmen beschäftigt, welches sie erst vor Kurzem verlassen hatten. So hatten sie sich ihre Zukunft nicht vorgestellt und entschlossen sich zur Kündigung.

Der Rest der Branche war über diese Akquisition überrascht, weil HoH mit seinem Privatkundenansatz zu dem Systemhaus Cancom nicht wirklich passt. Positiv gewendet läßt sich natürlich sagen, dass es eine tolle Ergänzung ist. Was also hat Cancom mit HoH vor? Sinn macht eigentlich nur eine Integration in die eigenen E-Commerce-Aktivitäten. In einem Interview hat Cancom-Vormann Klaus Weinman dieser Tage eingestanden, dass Cancoms "gewisse Schwächen im Internetgeschäft" habe. Er hofft in dieser Hinsicht, von Ihrem Know-how zu profitieren. Das Vorbild ist hier sicherlich Bechtle, bei denen das Katalog- und E-Commerce-Geschäft inzwischen die Hälfte zum Gesamtumsatz beiträgt. Davon ist Cancom derzeit weit entfernt.

Aber wer A sagt, muss auch B sagen. "A" war die Übernahme von HoH durch Cancom, "B" ist der weitreichende Umbau des Online-Händlers vom Consumer- zum Businesskunden-Shop. Eine sinnvolle Alternative dazu gibt es nicht. Das weiß sicherlich auch Cancom-Chef Klaus Weinmann. Vermutlich ist der Umbau von HoH auch gar nicht so schwierig und langwierig, den IT-Systemen ist es schließlich egal, ob sie einen Server oder eine Friteuse verwalten. Da ist die Frage, ob es auf der menschlichen Seite klappt, schon viel schwieriger vorauszusagen. Die Geschichte hat gezeigt, dass sich viele Gründer nach dem Verkauf ihres Unternehmens mit ihrer neuen Rolle als angestellter Geschäftsführer schwergetan haben. Aber Sie sind ja noch jung, lieber Herr Wild, und daher sicher anpassungsfähiger und flexibler als so mancher ergrauter Firmenpatriarch.

Ich bin jedenfalls auf die weiteren Schritte gespannt. Vor dem Hintergrund einer Chancen-Risiken-Bewertung ist die HoH-Akquisition durch Cancom ein nachvollziehbarer Deal, zumal bei dem Kaufpreis. HoH kann für Cancom zu einer echten Bereicherung werden, wenn es Ihnen und den Cancom-Leuten gelingt, das noch bestehende HoH-Geschäftsmodell mit dem Fokus auf Privatkunden jetzt schnell in die BtB-Ausrichtung des Systemhauses Cancom zu transformieren. Gelingt dies nicht, hat Cancom auch nicht viel verloren. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass es gelingt.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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