Krankentagegeld nur bis zum Nachweis der Berufsunfähigkeit

Die Krankentagegeldversicherung darf bei einem langfristig Erkrankten prüfen lassen, ob eine Berufsunfähigkeit vorliegt, Ist das der Fall, muss die Versicherung nicht mehr zahlen.

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Von
  • Marzena Sicking

Eine Krankentagegeldversicherung, die ihre Leistungen aufgrund von angeblicher Berufsunfähigkeit eingestellt hat, darf sich auch auf Untersuchungsergebnisse berufen, die ihr erst nach der Leistungseinstellung bekannt geworden sind. Das hat der Bundesgerichtshof in einer Leitsatzentscheidung bekannt gegeben (Urteil vom 20. Juni 2012, Az.: IV ZR 141/11).

In dem zugrunde liegenden Streitfall ging es um eine selbständige Maklerin, die bei dem beklagten Versicherungsunternehmen zum 1. Januar 1995 eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen hatte. Die garantierte ihr bei Arbeitsunfähigkeit 31 Euro täglich. 2001 wurde sie für längere Zeit krank geschrieben, nach einem kurzen Wiedereinstieg in den Beruf dann ab Februar 2005 wieder. In diesen Zeiten bezog sie durchgehend Krankentagegeld.

Der Versicherer vermutete aufgrund der langen Krankheitsdauer eine Berufsunfähigkeit und ließ dies von einem Gutachter überprüfen. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die Frau seit März 2006 als berufsunfähig einzustufen sei. Daraufhin stellte die Versicherung ihre Leistungen ein, wogegen die Maklerin klagte. Sie verlangte eine Nachzahlung des Krankentagegelds für den Zeitraum 1. Juli bis 15. Dezember 2006.

Im Rahmen des ersten Verfahrens beauftragte das Landgericht ebenfalls einen Gutachter, der auch die Berufsunfähigkeit der Maklerin feststellte – allerdings erst ab dem 23. Juni 2006. Laut Gericht sollte der Versicherer daher zumindest einen Teil des geforderten Geldes bezahlen. Die darauffolgende Instanz, das Oberlandesgericht gab der Klage sogar in vollem Umfang statt. Der Versicherer könne sich schließlich nicht auf ein gerichtliches Gutachten berufen, dass ihm zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung gar nicht bekannt war.

Gegen diese Auslegung wehrte sich nun wiederrum das Versicherungsunternehmen. Tatsächlich hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Dessen Urteil sei rechtsfehlerhaft, erklärten die Richter.

So dürfe sich die Versicherung nicht nur auf solche medizinischen Befunde berufen, auf ihre Einschätzung der Berufsunfähigkeit begründen. Berufsunfähigkeit liege vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund auf nicht absehbare Zeit zu mehr als 50 Prozent erwerbsunfähig ist. Es gehe um einen Zustand, der aus sachkundiger Sicht und für nicht absehbare Zeit prognostiziert wird, der jedoch nicht immer als endgültig oder unveränderlich beurteilt werden kann. Zwar habe der gerichtliche Gutachter der Auffassung der Versicherung wiedersprochen, dass die Maklerin schon im März berufsunfähig geworden sei. Doch er habe die Berufsunfähigkeit für den späteren Zeitraum bestätigt. Die Versicherung dürfe sich auch auf das zweite Gutachten berufen und somit spätestens ab dem hier genannten Zeitpunkt der berufsunfähigkeit die zahlung des Krankentagegelds einstellen. (gs)
(masi)