Microsoft-Partnerkonferenz WPC: Party in Toronto!

In der vergangenen Woche fand wieder die alljährliche, mehrtätige Partnerkonferenz von Microsoft mit rund 16.000 Teilnehmern statt, diesmal in Toronto. Eine gigantische Zeit- und Geldverschwendung, sagen manche. Vor allem diejenigen, die keine Einladung nach Toronto erhalten hatten.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Microsoft-Chef Steve Ballmer

(Bild: Heise)

Lieber Microsoft-Chef Steve Ballmer,

da sagte doch tatsächlich jemand letzte Tage zu mir, die Partnerkonferenz von Microsoft vergangene Woche im kanadischen Toronto sei vor allem eine gigantische Zeit- und Geldverschwendung. Rund 16.000 Teilnehmer aus 156 Ländern – davon 500 allein aus Deutschland, dazu kamen 120 Mitarbeiter der deutschen Microsoft-Organisation – hatte der Software-Gigant nach Nordamerika fliegen lassen. "Was das kostet!" hatte mein Gesprächspartner gestöhnt. Einen ansehnlichen zweistelligen Millionenbetrag – Euro oder Dollar, völlig egal – habe Microsoft dafür locker machen müssen, hatte er ausgerechnet. Dazu komme der Zeitaufwand: Die Teilnehmer aus Deutschland zum Beispiel waren inklusive An- und Abreise eine komplette Arbeitswoche unterwegs. Und wofür das Ganze? Sicher nicht wegen des Informations- und Erkenntnisgewinns, denn der habe doch eher gegen Null tendiert. Nichts, was nicht auch per E-Mail oder Pressebericht hätte kommuniziert werden können. Wie gesagt: Eine gigantische Geld- und Zeitverschwendung! So die Stimme meines Gesprächspartners, übrigens eines IT-Händlers, der von Microsoft nicht nach Toronto eingeladen worden war. "Ich wäre aber sowieso nicht hin geflogen“, beeilte er sich noch zu sagen, "dafür habe ich gar keine Zeit.“

Ich denke, man muss nicht gar so streng sein wie dieser Händler. Denn zum einen trifft es ja keinen Armen. Solange es sich Microsoft leisten kann, solche Veranstaltungen durchzuführen und zu bezahlen, warum nicht? Wer Geld im Überfluss hat, warum sollte er es nicht verprassen? Und klar ist doch auch: Der Sinn von Veranstaltungen dieser Art besteht nicht in erster Linie darin, bahnbrechende Neuigkeiten unters Volk zu bringen, sondern, nunja, sagen wir es doch, wie es ist: Der Sinn dieser Veranstaltungen besteht darin, gemeinsam eine gute Zeit zu haben, eine Party zu feiern. Sehe ich zumindest so. Zusammen feiern, das schafft Gemeinschaftsgefühl, das schweißt zusammen, das schafft auch neue Verbindungen. Der ganze offizielle Teil mit den Keynotes und Blablablas, der ist doch nur fürs Finanzamt. Ist doch so, Herr Ballmer, oder?

So viele zum Punkt "Geld", kommen wir noch kurz zum Thema Zeit. Dass die Partner aus der ganzen Welt so viel Zeit haben, eine knappe Woche von Zuhause und vom Geschäft weg zu bleiben, das ist schon überraschender. Denn heißt es nicht immer, dass das, von dem unsere Manager am wenigsten haben, Zeit sei? Aber andererseits ist "Zeit" ja nur ein anderer Ausdruck für "Wichtigkeit". Wenn sich der Geschäftsführer eines Handels- oder Systemhauses ins Flugzeug setzt und für eine Woche nach Toronto abdüst, dann bedeutet das, dass ihm dies wichtiger ist als das Tagesgeschäft. Kann man auch irgendwie verstehen, denn das Tagesgeschäft ist ja auch noch da, wenn er wieder zurück ist, aber die Microsoft-Veranstaltung, die ist nur jetzt. Gut, nach einer Woche Party in Toronto sitzen dann alle wieder an ihren Schreibtischen in Gütersloh, Feuchtwangen oder Bergisch-Gladbach und haben schlechte Laune, weil sie so viel Liegengebliebenes aufarbeiten müssen. Wissen Sie, was das ist? Das ist der Kater, mit dem ausgiebiges Feiern nun einmal bezahlt werden muss.

Apropos wichtig: Das ist natürlich auch ein Grund, weshalb es schon schwerwiegende Schicksalsschläge sein müssen, die einen Microsoft-Partner die Einladung zur WPC ablehnen lassen. Das ist ein bisschen wie beim Ironman auf Hawaii. Da kann man sich auch nicht einfach anmelden, wenn man den Volkstriathlon in Erding als dreiundsechsigster seiner Altersklasse gefinished hat, sondern dafür muss man sich qualifizieren, und wenn man das geschafft hat, dann gehört man zum erlauchten Kreis der Triathlon-Elite und ist stolz darauf. Genauso ist es mit dem Partnertreffen von Microsoft in Toronto. Die Einladung dazu ist ein Dokument der eigenen Bedeutung und deshalb freuen sich die Eingeladenen auch so und schreiben Ansichtskarten aus Toronto, was ja heutzutage bedeutet, ein verwackeltes und unscharfes Foto von sich aus Toronto auf Facebook zu veröffentlichen, damit auch jeder mitkriegt, dass man zur Elite gehört. Die Veranstaltung selbst findet man auch klasse, so weit man sich am nächsten Tag noch daran erinnert, schon allein aus dem Grunde, weil man dabei ist. Nur die anderen, diejenigen, die nicht eingeladen worden sind und zu Hause bleiben mussten, die finden die Veranstaltung total überflüssig, aber ich glaube nur deshalb, weil sie beleidigt sind.

Lieber Herr Ballmer, aus diesem Grunde sollten Sie sich nicht beirren lassen. Feiern Sie die Feste, wie sie fallen, und hauen Sie die Kohle raus, solange sie noch da ist. Und vergessen Sie bitte nicht, mir im nächsten Jahr eine Einladung zu schicken.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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