zurück zum Artikel

Multichannel: Der Handel als Wegbereiter für den Kunden

Matthias Parbel

Multichannel-Vertrieb, die Kombination von E-Commerce und traditionellem Ladenverkauf, liegt im Trend. Kein Handelsunternehmen will zurückstehen. Aber: Die Ergebnisse lassen noch zu wünschen übrig – Retailer und Verbundgruppen basteln eifrig an Konzepten.

Wie lange kann ein Handelsimperium neue Vertriebswege ignorieren? Sehr lang offensichtlich, wie das Beispiel Media Markt [1] zeigt. Denn der Flächenmarkt-Multi, mit 245 Märkten präsent und im vergangenen Geschäftsjahr nach erneut rückläufigem Umsatz [2] bei 5,8 Milliarden Euro angelangt, scherte [3] sich lange Zeit überhaupt nicht um das Thema Multichannel. Während andere Unternehmen längst die Zeichen der Zeit erkannt hatten, baute der Ingolstädter Konzern noch unverdrossen auf aggressive Werbung, gepaart mit den gewohnten Aktionen in den Flächenmärkten.

Bei Media Markt soll der Kunde seinen Online-Kauf mit weiteren Produkten vor Ort ergänzen

(Bild: Metro)

Im vergangenen Jahr gab es die ersten Zeichen – mit Jahresbeginn 2012 schallte es dann laut aus Ingolstadt: Media Markt baue das Multichannel-Angebot aus und starte mit einem Onlineshop. Woher der plötzliche Wandel? Wobei das Onlineshop-Thema bei den Ingolstädtern so neu nicht ist. Wohl aber die konsequente Umsetzung. Also woher der Wandel? "Unsere Erfahrung zeigt, dass Kunden zunehmend hybrid kaufen – je nach ihrer persönlichen Situation mal online, mal im Markt. Wir wollen überall da sein, wo der Kunde uns sucht und erwartet, ihm dabei aber die Wahl lassen, ob er lieber online oder im Markt einkaufen will". Dieser Antwort auf Anfrage von heise resale fügte eine Sprecherin des Unternehmens noch hinzu: "Mit unserer Multichannel-Strategie haben wir daher ein überzeugendes, zukunftssicheres Konzept entwickelt, das die Grundlage dafür schafft, dass sich Online-Geschäft und stationäres Geschäft gegenseitig befruchten [4]."

Auch wenn dies nach einer ganz normalen Entwicklung in der Vermarktungsstrategie von Media Markt klingt, betrachtet der Konzern dies doch als einen "Aufbruch in eine neue Ära". Oder wie Horst Norberg, CEO der Media-Saturn-Holding [5] zum Start der Onlineshops [6] Mitte Januar erklärte: "Wir werden unsere Stärke im stationären Handel auf den Marktplatz Internet nachhaltig ausdehnen. Die Doppelpräsenz macht den Einkauf bei Media Markt attraktiver denn je". Und wie attraktiv ist diese Doppelpräsenz nach nunmehr rund drei Monaten Praxis, wollte heise resale wissen? Die Antwort aus Ingolstadt kann nicht positiver ausfallen: "Die hohe Pick-Up-Quote, das heißt die große Anzahl an Kunden, die ihr online bestelltes Produkt im Markt abholen, zeigt, dass unsere Kunden die Multichannel-Vorteile ganz klar sehen und schätzen. Sehr gut angenommen werden auch weitere Bausteine unseres Multichannel-Konzepts wie beispielsweise die sogenannten Long-Tail-Terminals in den Märkten".

Tatsächlich benötigt zum Beispiel Media Markt dringend ein funktionierendes Multichannel-Konzept mit Onlineshop. Um mittelfristig nicht nur über den Flächenzuwachs wachsen zu müssen, wie dies derzeit der Fall ist, sind neue Vertriebswege unverzichtbar. Und: Immer mehr private Verbraucher aber auch Geschäftskunden kommen auf den Geschmack der Multichannel-Angebote. Dafür hat die Media Saturn Holding im vergangenen Jahr den Internetspezialisten Redcoon gekauft [7]. Der Online-Elektrohändler wies für 2010/2011 immerhin einen Umsatz von 402 Millionen Euro aus. Wodurch der Internetabsatz bei Media Saturn im vergangenen Geschäftsjahr schon mal auf 348 Millionen Euro gestiegen ist. Und dies setzte sich auch im ersten Quartal 2012 fort: "Der Umsatz legte dank der Akquisition von Redcoon und dem erfolgreichen Start der deutschen Mehrkanalangebote von Media Markt und Saturn von 19 Millionen Euro im ersten Quartal 2011 auf 166 Millionen Euro im ersten Quartal 2012 [8] zu," beschreibt der Konzernzwischenbericht die Entwicklung. Übrigens: Media Markt Saturn steigerte zwar den Gesamtumsatz in Deutschland im zurückliegenden Quartal um ein halbes Prozent von 2,254 Milliarden Euro auf 2,265 Milliarden, steigerte zugleich aber auch die Zahl der Fachmärkte von 381 im Q1 2001 auf 392 im ersten Quartal 2012. Gleichzeitig legte die Verkaufsfläche von 2844 Quadratmetern auf 2902 Quadratmeter zu.

Ohne persönliche Beratung läuft nichts: 32,9 Prozent der Bestellungen in Onlineshops geht eine persönliche Beratung voraus; diese Bestellungen entsprechen 74,6 Prozent des Umsatzes in Onlineshops

(Bild: ECC Handel / hybris GmbH)

Die Nachfrage bei privaten und Geschäftskunden nach Internetangeboten bestätigt auch eine Studie des E-Commerce-Center [9] (ECC-Handel) in Köln in Zusammenarbeit mit dem Softwareanbieter für Multichannel-Plattformen Hybris GmbH [10] in München. Demnach werden "ähnlich wie im Endkundengeschäft im B2B-Bereich während des Kaufentscheidungsprozesses unterschiedliche Kanäle kombiniert". Oder anders formuliert: "Multichannel-Käufe stehen auch bei Geschäftskunden auf der Tagesordnung." Zu diesem Schluss kommt die Studie "Das Informations- und Kaufverhalten von Geschäftskunden im B2B-Multichannel-Vertrieb – Status quo und Parallelen zum B2B-Handel", der die Befragung von mehr als 1000 Unternehmen aus der DACH-Region zugrunde liegen.

Wie eng verknüpft die unterschiedlichen Informationsquellen vor der eigentlichen Kaufentscheidung sind, belegt die Studie damit, dass "sowohl der Erfolg von Onlineshops als auch vor allem die Umsätze über Printmedien eng mit einem vorangegangenen persönlichen Beratungsgespräch, beispielsweise auf einer Messe, verknüpft sind". So würden 74,6 Prozent der Umsätze in Onlineshops von Kunden erzielt, die sich zuvor in einem persönlichen Gespräch informiert hätten. Bei Printbestellungen mache der persönliche Kontakt sogar 92,5 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Und: 36,2 Prozent der Käufer in Onlineshops würden zuvor Kataloge oder Broschüren als Informationsquelle nutzen. So mahnt Kai Hudetz, Geschäftsführer beim Institut für Handelsforschung [11] (IFH) in Köln, dass die Anbieter gefordert seien, auch für den B2B-Bereich kanalübergreifende Mehrwerte zu schaffen. Zur Begründung seiner Forderung stellt er fest: "Kanalübergreifendes Kaufverhalten ist mittlerweile auch im B2B-Geschäft Realität. Kunden übertragen ihr privates Multichannel-Verhalten mehr und mehr in ihren Geschäftsalltag".

"Kanalübergreifendes Kaufverhalten ist mittlerweile auch im B2B-Geschäft Realität", Kai Hudetz, Geschäftsführer IFH Köln.

(Bild: IFH Köln)

Aber nicht allein Media Markt benötigte einigen Anlauf und eine lukrative Akquisition, um auf den bereits fahrenden Multikanal-Zug aufspringen zu können. Auch Verbundgruppen wie Electronic Partner, Euronics, Expert oder Telering bemühen sich um die Mehrfach-Vertriebskanäle. Dabei kam bereits 2010 der GfK Panel Service Deutschland [12] im Verbund mit der Beratungsgruppe Accenture [13] zu dem Schluss: Allein die logisch sinnvolle Verbindung zwischen Ladengeschäft und Internet sichere die Zukunft im Einzelhandel. Nur dort würden künftig die Kassen klingen, heißt es weiter. Immerhin hat bereits 2009 der Handel für Non-Food-Waren 14 Milliarden Euro über Multichannel-Vertrieb verdient. Das entsprach etwa zehn Prozent des Gesamtumsatzes. Für 2015 erwarten die Analysten von GfK und Accenture einen Anstieg auf 17 Prozent, während parallel der reine Online-Handel nur von sieben auf zehn Prozent wachsen werde. Auf einzelne Warengruppen heruntergebrochen erwarten die Autoren der Studie, dass bei Computer und Software der Umsatzanteil über den kanalübergreifenden Handel von 24 Prozent im Jahr 2009 auf 44 Prozent im Jahr 2015 ansteigen werde. Bei Telekommunikation und Bürotechnik liege die Steigerungsentwicklung von 21 Prozent auf 37 Prozent und bei der Unterhaltungselektronik von 23 auf 27 Prozent. Hingegen stagniere der Anteil im Produktbereich Foto und Zubehör bei bereits bestehenden 22 Prozent. Selbst bei Elektrogeräten und Küchen wird nach Ansicht der Analysten der Umsatzanteil durch Multichannel-Handel von 14 Prozent auf 20 Prozent steigen.

Dieser Wandel im Kundenverhalten bereitet nicht zuletzt den CE-Verbundgruppen einige Kopfschmerzen. Trotzdem gab sich Jörg Ehmer bis vor wenigen Wochen zurückhaltend, wenn er nach Multichannel-Konzepten bei Electronic Partner [14] befragt wurde. Der Vorstandssprecher der Gruppe zweifelt, ob die Zeit dafür schon reif sei – er warte noch auf die richtigen Konzepte. So hatte EP schon Anfang 2010 einmal den damaligen EP-Netshop als zentrale Online-Verkaufsstelle wieder geschlossen, nachdem es regelmäßig zu Diskussionen mit den EP-Händlern bezüglichen der aggressiven Preispolitik kam.

Über die Medimax-Homepage können Verbraucher einen Beratungstermin im Markt vereinbaren.

(Bild: Medimax)

Zwischenzeitlich kam offensichtlich doch Bewegung in den Konzern. "Für uns ist eine sinnvolle Integration von stationärem Handel und Online-Vertrieb entscheidend", antwortete Ehmer auf Nachfrage durch heise resale und fährt fort: "Beide Kanäle müssen die Stärken des Angebots glaubhaft transportieren und hierbei intelligent ineinander greifen. Derzeit verfolgen wir unsere Ziele durch einen Multichannel-Ansatz, der die Stärken des qualifizierten stationären Vertriebs auch über das Medium Internet transportiert, den Kaufprozess aber nach einer finalen Beratung im Ladenlokal sieht". Endkunden, so Ehmer, würden unter www.ep.de spezielle Angebote und Highlight-Produkte finden können. Ebenso die Serviceleistungen der EP-Fachhändler. Auf jeden Fall soll die Plattform auf die regionalen Fachhändler aufmerksam machen. Bei der Medimax-Homepage [15] wiederum könnten Verbraucher schnell und einfach Beratungstermine im Markt vereinbaren. "Medimax.de schlägt optimal den Bogen zwischen Beratung im Markt und Vorab-Info im Web", so der EP-Chef.

"An einer persönlichen Beratung und kompetenten Vorführung in den Verkaufsräumen führt kein Weg vorbei", Benedict Kober, Vorstandssprecher Euronics

(Bild: Wolfgang Kühn)

Während die Düsseldorfer Verbundgruppe das Internet vor allem als Informationsquelle betrachtet, setzt Mitbewerber Euronics [16] aus Ditzingen bei Stuttgart "bereits seit einigen Jahren konsequent auf eine Multichannel-Strategie", die kontinuierlich ausgebaut werde, wie Vorstandssprecher Benedict Kober klarstellt. So würden "Käufe über den Internetshop bei uns mit Erfolg dem stationären Handel zugeführt. Über verlinkte, individuelle Händlerseiten präsentieren sich Euronics-Mitglieder im Netz mit ihren jeweiligen spezifischen Kernkompetenzen, Sortimenten und Zusatzleistungen". Kober möchte alle Mitglieder in die Lage versetzen, "sich im Internet mit einem attraktiven Dienstleistungsportfolio zu präsentieren und ein erfolgreiches Online-Marketing zu betreiben". Immerhin würden bereits rund zwei Millionen Besucher monatlich die Portale www.euronics.de [17], www.euronics-xxl.de [18] oder www.mediaathome.de [19] nutzen.

Vorsichtig bewegt sich die Verbundgruppe Expert [20] aus Langenhagen bei Hannover auf das Multichannel-Getümmel zu. Im Vordergrund stehe für die Gruppe – und da unterscheidet sie sich nicht vom Mitbewerb – der stationäre Handel. Online, so heißt es, betrachte man als Ergänzung. Dies dokumentiert die Gruppe durch ihre jüngste Ankündigung: Demnach sei jetzt der nächste Schritt gemacht: Nach dem Relaunch der Website steigt Expert nun in das E-Commerce-Geschäft ein. Allerdings wird online nicht das komplette Produktangebot der Kooperation abgebildet. Vielmehr seien zunächst nur die wöchentlichen "Jubel-Angebote" im Internet unter www.expert.de [21] oder den individuellen Händlerseiten der Expert-Gesellschafter bestellbar. Hinter diesem Onlineangebot steht die eigens dafür gegründete e-Commerce GmbH, die das komplette Fulfillment im Auftrag der Expert-Händler übernimmt. "Bei der Umsatzverteilung macht es für den Gesellschafter aber keinen Unterschied, ob der Kunde über die zentrale Website oder direkt auf den Händlershop gelangt", versichert Expert-Vorstand Stefan Müller. Schließlich kaufe der Kunde immer bei seinem Händler vor Ort.

"Bei der Umsatzverteilung macht es keinen Unterschied, ob der Kunde über die zentrale Website oder direkt auf den Händlershop gelangt; der Kunde kauft immer über seinen Händler vor Ort", Stefan Müller, Vorstand Expert.

(Bild: Expert)

Und wenn ein Kunde noch keinen Expert-Händler seines Vertrauens hat? Müller: "Bei Bestellungen über die zentrale Seite wird automatisch der nächstgelegene Expert-Gesellschafter identifiziert und der Kauf auf dem lokalen Shop durchgeführt." So profitiere der lokale Händler nicht nur von den Onlineaufträgen, sondern bleibe Ansprechpartner für den Kunden. Und könne in den meisten Fällen weiterhin vor Ort Service und Beratung anbieten. "Beim Online-Auftritt", versichert der Expert-Vorstand, "ist nicht der Verkauf unser Hauptziel. Vielmehr geht es um einen Online-Auftritt, der das lokale Geschäft in den Vordergrund stellt."

Natürlich soll es nicht dabei bleiben. Auch Expert will sukzessive die Angebotspalette auf den Onlineseiten erweitern. Ebenso sollen die Händler die Möglichkeit erhalten, ihren parallel zum stationären Fachgeschäft oder Fachmarkt betriebenen Internetauftritt individuell zu gestalten. Aber, so Müller: "Jeden weiteren Schritt werden wir auf Basis fundierter Erfahrungen sowie mit der notwendigen Ruhe in enger Abstimmung mit den Gesellschaftern umsetzen." Letztendlich entscheide die Resonanz der Kunden darüber, wie sich die Onlineshops weiterentwickeln würden.

So weit mag man bei Telering [22] in Mainz noch nicht gehen. Geschäftsführer Franz Schnur wiegelt zwar bei den Themen Internetshop und Multichannel nicht sofort ab, stellt aber schon mal mit Nachdruck fest: "IQ-Commerce statt E-Commerce!" Oder anders gesagt: "Anfassen statt anklicken". Vier Kernaussagen stellt Schnur für seine Gruppe in den Vordergrund: Neben anfassen statt anklicken, noch "finden statt googlen", "beraten statt warten" und "Fachwissen schützt vor Fehlkauf". Jetzt können zumindest Teile dieser Parolen auch für Onlinehandel stehen. Doch der Telering-Chef sieht dies völlig anders: "Jeder, der schon mal selbst im Internet eingekauft und stundenlang Zeit zur vermeintlich objektiven Recherche 'vergoogelt' hat, versteht, was hier gemeint ist."

"Wir und unsere Mitglieder schielen nicht auf abenteuerliche Experimente des Wettbewerbs, sowohl Online wie Offline", Franz Schnur, Geschäftsführer Telering.

(Bild: Telering)

Gleichwohl lehnten er und damit die 2614 Telering- und Markenprofi-Fachhändler das Internet keineswegs ab. Die Gruppe biete ihren Händlern sogar großzügige Unterstützung beim Online-Auftritt. Doch das A und O des Fachhandels sei nun einmal die persönliche Beratung. "Die räumliche Nähe, die persönliche Bekanntschaft mit dem Kunden, das sinnliche und haptische Erleben des Produktes", schwärmt Schnur, der die Hinwendung zum Multichannel-Vertrieb als eine schrittweise Entwicklung betrachtet. Man stehe, so heißt es, nicht unter Druck.

Sicherlich nicht unter Druck fühlt sich die Synaxon AG [23] in Schloss Holte-Stukenbrock beim Thema Multichannel-Konzept. Denn der Verbundgruppenkonzern mit den Fachhandels- und Systemhauskooperationen, Akcent [24], I-Team [25], Microtrend [26] und PC-Spezialist [27], und damit mehr als 2500 Partnerunternehmen, verfolgt konsequent den E-Commerce-Ausbau. Vorstands-Chef Frank Roebers ist der Überzeugung, "dass sich im niedrig-margigen Onlinegeschäft nur Anbieter dauerhaft behaupten können, die nicht Wachstum um jeden Preis suchen, sondern sich fortlaufend damit auseinandersetzen, wie Mehrwert für den Kunden geschaffen werden könne." Immerhin sei der Konzern eines der ersten Unternehmen gewesen, "die einen Kunden-beraten-Kunden-Ansatz im IT-Onlinehandel eingeführt haben".

Überhaupt ist Synaxon absolut internetaffin und komme damit den Mehrwertforderungen des Vorstandsvorsitzenden entgegen. Die Kommunikation zwischen den Mitgliedern sowie zwischen Konzernmitarbeitern und den Mitgliedern aber auch zwischen Mitgliedsfirmen und deren Kunden läuft längst über das Internet und dessen Kommunikationsplattformen. Beispielsweise die Ausschreibungsplattform www.meine-it.de, über die Unternehmen ihre IT-Aufträge und Projekte ausschreiben können. Ein anderes Beispiel ist das Franchise-System PC-Spezialist: Dort stieg im vergangenen Jahr der Onlineumsatz um 129 Prozent auf knapp 20 Millionen Euro. Für die rund 95 Shops soll das Onlineangebot die Kundenfrequenz steigern. Auf jeden Fall will Konzernchef Roebers den Onlineumsatz bei PC-Spezialist [28] weiter pushen. In etwa fünf Jahren könnten darüber etwa 100 Millionen Euro erwirtschaftet werden. Und was für PC-Spezialist zutrifft, wird mit Nachdruck bei den anderen Gruppen des Konzerns betrieben.

Onlineshops und Suchmaschinen führend: Bei der Informationsrecherche nutzen die Kunden vor allem Onlineshops und Suchmaschinen. Soziale Netzwerke, Foren oder Videoportale spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle.

(Bild: ibi research)

Das Thema Multichannel-Vertrieb wird aber nicht nur von den Gruppen mit Shoppräsenz vorangetrieben, sondern auch von Onlineanbietern. Dies habe auch Synaxon-Chef Roebers beobachtet. Demnach werde durch Onlineshops, die zunehmend auf Flächenpräsenz im stationären Handel schielen, eine "Hybridisierung des IT-Handels in eine Online- und eine stationäre Komponente" den Markt der kommenden Jahre prägen. Schlussendlich aber rechnet Roebers nicht damit, dass der Drang der Onlineanbieter – darunter beispielsweise Cyberport und notebooksbilliger.de [29] – in die stationäre Fläche von großem Erfolg gesegnet sein werde. Denn den Internetshops würde die langjährige Erfahrung im stationären Handel fehlen. Außerdem sei der Schritt in den stationären Handel mit hohen Investitionen verbunden. "Mittel- und langfristig sehen wir daher auch vor dem Hintergrund geringer Margen nur Erfolgspotenzial für Anbieter, die über eine ausreichende Kapitaldecke und hohes Innovationspotenzial zugleich verfügen."

Der Frage nach dem Multichannel-Vertrieb hat sich auch das Forschungsinstitut ibi research [30] an der Uni Regensburg gestellt. In Kooperation mit Partnerkonsortium des E-Commerce-Leitfadens [31] kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass sich stationärer Handel (Einzelhändler, Großhändler, Verbundgruppen) und Onlinehändler gleichermaßen mit dem Thema auseinander setzen müssen. Besonders der "aufeinander abgestimmte Multikanalvertrieb stellt eine dieser Entwicklungen dar… Gemeint ist das Angebot von verschiedenen Verkaufskanälen wie das lokale Ladengeschäft, der Onlineshop, der Katalog oder mobile Vertriebswege". Und exakt diese Kanäle werden von den Kunden genutzt. So findet die Produktinformation bei 82 Prozent der Kunden über das Internet statt; je nachdem, mal über Suchmaschinen, über direkten Aufruf der Onlineshops oder auch über Hersteller-Websites. Für kanalübergreifenden Vertrieb spricht das Ergebnis, dass knapp die Hälfte der Befragten die Möglichkeit der "Selbstabholung vor Ort" und Gutscheine (Coupons) nutzt.

Exakt da setzt der Mehrbranchenverbund EK/Servicegroup [32] in Bielefeld an. Für Franz Josef Hasebrink, Vorstandsvorsitzender der Gruppe, verbinde der Mehrkanalvertrieb Stationär, Internet und Katalog. Aus diesem Grund konzentriere sich die Gruppe nicht nur auf die Weiterentwicklung der Absatzlösungen, sondern "auf optimierte, kundenorientierte Lösungen im Multichannel-Handel. Die Bedeutung des Multichannel-Handels wird ebenso wachsen wie die der Absatzkonzepte. Sortimentsgrenzen verschwimmen und fachhandelsrelevante Sortimente werden in fast allen Kanälen zu haben sein", ist Hasebrink überzeugt. (map [33])

Das waren noch Zeiten: Mutti, Vati und die Kinder versammelten sich abends um den Versandhauskatalog. Stunden um Stunden blätterten sie in den buntbebilderten Konsumbibeln mit 1000 und mehr Seiten. Quelle, Neckermann, Baur, Otto, Schwab und, und, und. Wirtschaftswunder-Deutschland konsumierte bis weit in die 70er Jahre über Katalogversand.

Krisenstimmung in den Kaufhäusern. Die Konsumtempel fürchteten um ihre Kunden. Aber Deutschland hatte Nachholbedarf – bei stationärem und Versandhandel der zusätzlich eigene Kaufhäuser einrichtete. Das waren bereits die ersten Multikanal-Konzepte.

Branchenkenner Wolfgang Kühn kommentiert

Erst später, als spezialisierte Flächenmärkte branchenübergreifend die Handelsszene ergänzten, wurde es für Hertie (wer kennt ihn noch), für Karstadt, Kaufhof, Wertheim, Alsterhaus, KaDeWe und all die anderen eng. Ebenso die Kataloganbieter. Nur wenige davon haben mehr oder weniger gut überlebt. Die Flächenmärkte, produkt- und preisoptimiert, treiben die restliche Handelsszene vor sich her.

Bis der Onlinehandel kam. Und mit ihm Multichannel. Hier tun sich völlig neue Perspektiven für den Handel auf. Das Ladengeschäft, der Onlineshop, der Kataloghandel und all die anderen Verkaufskanäle sind gefordert, über ihren Tellerrand zu blicken, sich sinnvoll zu vereinen. Die Kunden fordern nach Vielfalt in der Auswahl, in der Beratung, im Service; unabhängig ob private Endverbraucher oder Geschäftskunden. Und unabhängig von Handelsformen und Standorten.

Die Technik machts möglich, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Alles was den Kunden nutzt, ist in die Verkaufsstrategie zu integrieren. Wer heute in die Zukunft seines Handelsgeschäfts investiert – finanziell und konzeptionell – wird künftig zu den Gewinnern zählen. Multichannel ist kein Rettungsring vor zu schnellen Produktzyklen, vor Abverkaufs- und Margendruck. Wohl aber ein Weg in die richtige Richtung. Vorausgesetzt die richtigen Vertriebsformen werden zusammengefügt. Das ist die eigentliche Herausforderung. Da braucht es Hilfe für den Handel. Durch Verbände, Kooperationen, durch Distributoren und Hersteller. (map [34])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-1569585

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.mediamarkt.de
[2] https://www.heise.de/meldung/Metro-hofft-auf-mehr-Dynamik-im-Media-Saturn-Onlinehandel-1567465.html
[3] https://www.heise.de/resale/artikel/Media-Markt-Verkaufsautomaten-statt-Online-Shop-1136004.html
[4] https://www.heise.de/meldung/Studie-Online-Handel-kommt-dem-Ladengeschaeft-zugute-1014057.html
[5] http://www.media-saturn.com
[6] https://www.heise.de/meldung/Onlineshop-von-Media-Markt-geht-an-den-Start-1413099.html
[7] https://www.heise.de/meldung/Media-Saturn-schafft-mit-Uebernahme-von-Redcoon-de-Fakten-im-Online-Handel-1218521.html
[8] https://www.heise.de/meldung/Metro-hofft-auf-mehr-Dynamik-im-Media-Saturn-Onlinehandel-1567465.html
[9] http://www.ecc-handel.de
[10] http://www.hybris.com.de
[11] http://www.ifhkoeln.de
[12] http://www.gfk.com
[13] http://www.accenture.de
[14] http://www.electronicpartner.de
[15] http://www.medimax.de
[16] http://www.euronics.de
[17] http://www.euronics.de
[18] http://www.euronics-xxl.de
[19] http://www.mediaathome.de
[20] http://www.expert.de
[21] http://www.expert.de
[22] http://www.telering.de
[23] http://www.synaxon.de
[24] http://www.akcent.de
[25] http://www.iteam.de
[26] http://www.microtrend.de
[27] http://www.pc-spezialist.de
[28] https://www.heise.de/resale/artikel/Ehrgeiziges-Umsatzziel-PC-Spezialist-Onlineshop-peilt-mittelfristig-100-Millionen-Euro-an-1257573.html
[29] https://www.heise.de/resale/artikel/Notebooksbilliger-de-Schoene-Verkaeufer-und-Verkaeuferinnen-aber-nicht-zu-schoene-791292.html
[30] http://www.ibi.de
[31] http://www.ecommerce-leitfaden.de
[32] http://www.ek-servicegroup.de
[33] mailto:map@ix.de
[34] mailto:map@ix.de