Namentlich - juristischer Status einer E-Mail-Adresse

E-Mail-Adressen bestehen häufig aus Namensbestandteilen oder aus anderen griffigen oder gar bekannten Kennzeichen oder Marken. Wer hier die Rechte Dritter übersieht, kann sich schnell juristischen Ärger einfangen.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Georg Schnurer

Rechtliche Auseinandersetzungen um Domainnamen gehören mittlerweile zur Routine im Bereich des IT-Rechts. Deutlich seltener kommt es zu juristischen Auseinandersetzungen um E-Mail-Adressen. Aber es gibt sie, wie das unter IT-Juristen bekannte "Maxem"-Urteil zeigt (dazu später mehr). Um sich der juristischen Bewertung der Rechte an den Bestandteilen einer E-Mail-Adresse zu nähern, muss man zunächst klären, ob den Bestandteilen einer E-Mail-Adresse vor dem "@" – dem "Local Part" – ein anderer rechtlicher Schutz zusteht als den Bestandteilen nach dem "@", der Domain. Grundsätzlich ist das nicht so. Es kommt für die rechtliche Bewertung nicht darauf an, ob eine Bezeichnung, ein Name, eine Marke oder eine sonstwie "namensrechtlich" geschützte Zeichenfolge vor oder nach dem At-Zeichen stehen.

Die zentrale Vorschrift des Namensrechts, die für alle Bestandteile einer E-Mail-Adresse einschlägig sein kann, enthält der § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Sie regelt fast schon lapidar, dass bei einer Verletzung des Namensrechts der Berechtigte vom Verletzer Beseitigung beziehungsweise Unterlassung dieser Verletzung verlangen kann. Hinzu kommen Schadensersatzforderungen, und in krassen Fällen kann auch das Strafrecht greifen. Was das Namensrecht aber im Einzelnen umfasst, regelt die Vorschrift nicht. "Der Name ist die sprachliche Kennzeichnung einer Person, durch die sie von anderen unterschieden wird. Er ist Ausdruck der Individualität und dient der Identifikation des Namensträgers." So steht es im Münchener Kommentar zu §  12 BGB. Wichtig ist dabei, dass auch die Vermögensinteressen des Berechtigten an der Verwertung des Namensrechtes geschützt sind. Dies hat der Bundesgerichtshof anhand des Namens "Marlene Dietrich" entschieden.

Namensrechtliche Vorschriften enthalten auch das Handelsgesetzbuch, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das Markengesetz. Dadurch sind etwa auch Firmennamen "namensrechtlich" geschützt. Die Regeln ähneln einander stark, sodass es in den meisten Fällen nicht darauf ankommt, ob eine natürliche (Privat-)Person oder eine Firma gegen Namensverletzungen vorgeht.

Local Part ungleich Domain

So eindeutig die gleiche juristische Betrachtung der E-Mail-Adressbestandteile vor und nach dem "@" erscheint, so verwirrend ist dann die Information, dass dies doch nicht immer der Fall sein muss. Das zeigt der "Maxem-Fall". Ein Rechtsanwalt namens Maxem klagte gegen den Nutzer der Domain maxem.de sowie – und das macht den Fall besonders – mehrerer E-Mail-Adressen, die den Bestandteil "maxem" enthielten. Der Beklagte wurde ausdrücklich darauf verklagt, die Bezeichnung "maxem" auch nicht in Form einer E-Mail-Adresse zu nutzen – und zwar gleich, ob "maxem" vor oder nach dem At-Zeichen eingesetzt wurde.

Hinsichtlich der Domain maxem.de entschied der Bundesgerichtshof, dass dem Träger des Namens "Maxem" ein Unterlassungsanspruch gegen einen Nutzer dieser Bezeichnung zusteht, der kein Namensrecht geltend machen konnte. Dagegen aber "wird das Interesse des Klägers nicht durch jede Verwendung des Namens oder Namensbestandteils "maxem" im Rahmen einer E-Mail-Adresse tangiert", so die Richter. Wie so oft in der Juristerei kommt es auch hier nach Meinung der höchsten deutschen Zivilrichter – zu Recht – auf den Einzelfall an. Dem Namensträger wird durch die Registrierung der Domain maxem.de durch einen Nicht-Namensträger die Möglichkeit genommen, unter dieser Domain einen eigenen Internet-Auftritt zu gestalten.

In der Sprache der Richter heißt es, dass "ihm durch die Registrierung seines Namens als Internet-Adresse zugunsten des Beklagten dieser Namensgebrauch streitig gemacht" wird. Selbstverständlich führt dieses Verbot der Domainnutzung dann auch zum Verbot der Nutzung von E-Mail-Adressen unter dieser Domain (zum Beispiel maxem@maxem.de oder info@maxem.de). Die rechtliche Situation einer Domain hat also in der Regel immer auch entsprechende Auswirkungen auf die unter dieser Domain existierenden E-Mail-Adressen. Dass dies auch technisch in der Regel erforderlich ist, um E-Mails eindeutig einem Mailserver zuweisen zu können, spielt dabei namensrechtlich keine Rolle.

Spannenderweise haben die Richter aber ausdrücklich nicht die Nutzung des Namens "maxem" in anderer Form in E-Mail-Adressen untersagt. So durfte der Beklagte auch weiterhin E-Mail-Adressen à la "maxem@example.com" benutzen. Dies jedenfalls, solange davon keine Interessen des Namensinhabers berührt sind.

Wer zuerst kommt, freemailt zuerst

Steht kein Namensrecht eines Dritten entgegen, kann sich auch ein Pseudonym aufgrund markenrechtlicher Vorschriften gegen die Verwendung durch einen Nichtberechtigten durchsetzen. Bei Gleichnamigkeit, wenn sich also zwei Personen mit dem Namen Anton Müller die E-Mail-Adresse anton.mueller @example.com registrieren wollen, gilt das Recht des Schnelleren. Wer ein Namensrecht hat und die entsprechende Adresse als Erster registriert, hat Glück. Solche Fälle kommen insbesondere im Bereich der E-Mail-Adressen von Webmail- und Freemail-Anbietern wie GMX vor.

Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der meisten Internet-Provider sind die Nutzer für die Einhaltung der Gesetze – und damit auch der Vorschriften zum Namensrecht – verantwortlich. In den AGB von GMX heißt es hierzu etwa: "Die vom Kunden reservierten und/oder genutzten [...] E-Mail- Adressen [...] dürfen mit Form, Inhalt und Zweck nicht gegen gesetzliche Verbote/Gebote, Rechte Dritter oder die guten Sitten verstoßen". Aber auch hier gelten die Vorschriften des Telemediengesetzes, wonach ISPs bei Kenntnis von Rechtsverstößen von fremden Informationen, "die sie für einen Nutzer speichern", auf Unterlassung und in offensichtlichen Fällen auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden können. Erhalten sie später Kenntnis, müssen sie "unverzüglich tätig werden", um die rechtswidrige Informationen aus dem Netz zu nehmen. Dies umfasst auch die unter einer von einem ISP verwalteten Domain "geschalteten" E-Mail-Adressen, die (Namens-)Rechte Dritter verletzen. Auch Provider müssen sich also mit den (namens-)rechtlichen Grenzen der E-Mail-Adressen auseinandersetzen und ein kritisches Auge darauf werfen, was "unter" ihrer Domain alles läuft.

Was für Namen von Personen gilt, gilt selbstverständlich auch für markenrechtlich geschützte Bezeichnungen. Hat jemand eine Marke für sich schützen lassen, darf ein anderer grundsätzlich keine gleichlautende Domain auf sich registrieren, wenn das den Markenschutz beeinträchtigen würde. Das Gleiche gilt bei der Verwendung im Local Part von E-Mail-Adressen, wobei hier an die Behauptung der Beeinträchtigung von Interessen des Markeninhabers höhere Anforderungen gestellt werden müssen.

Generischen Begriffen und ihrer Verwendung in E-Mail-Adressen stehen selten juristische Bedenken gegenüber. E-Mail-Adressen nach den Role-Account-Mustern info@..., support@... oder postmaster@..., aber auch kontakt@... oder – trotz etwaiger abweichender Interessen der Deutschen Post AG beispielsweise – post@... sind grundsätzlich immer möglich.

Schutz vor Veröffentlichung

Auch in anderem Zusammenhang gibt es Gerichtsurteile, etwa zur Frage, wann Dritte E-Mail-Adressen veröffentlichen dürfen. Zwar enthalten geschäftliche E-Mail-Adressen häufig personenbezogene Daten der Adresseninhaber, denn häufig folgen diese dem Muster (vorname.)nachname@example.com. Die Tatsache, dass personenbezogene Daten im Spiel sind, die nach den Datenschutzgesetzen – und in Deutschland insbesondere nach dem Bundesdatenschutzgesetz – besonders geschützt sind, bedeutet aber noch lange nicht, dass Namensträger und E-Mail-Adresseninhaber einer Veröffentlichung ihrer E-Mail-Adressen auch stets widersprechen können.

Vor dem Verwaltungsgericht Neustadt unterlag 2007 ein Beamter in einer entsprechenden Klage gegen seinen Dienstherrn. Der hatte nicht nur den Namen des Beamten, sondern auch seine ihm zugewiesene – aus seinen Namensbestandteilen zusammengesetzte – dienstliche E-Mail-Adresse im Web veröffentlicht. Die Neustädter Richter kamen in ihrer Interessenabwägung zu dem Schluss, dass die Veröffentlichung von Mitarbeiterdaten in Geschäftsordnungs- oder Organisationsplänen sowie Telefonverzeichnissen einer Dienststelle aus organisatorischen Gründen grundsätzlich rechtlich zulässig sei. Nur wenn Belästigungen des Beamten drohen, könne ausnahmsweise eine Unterlassung der Veröffentlichung geboten sein, so das Gericht. Dem Beamten half auch nicht der Einwand, er habe gar keinen "regelmäßigen Publikumsverkehr", sodass die Veröffentlichung gerade seiner personenbezogenen Daten gar nicht erforderlich sei. Dieses Urteil und die darin festgelegten Abwägungskriterien dürften auch bei der Veröffentlichung von E-Mail-Adressen durch nichtöffentliche Arbeitgeber gelten.

Fazit

E-Mail-Adressen befinden sich nicht in einem rechtsfreien Raum. Zwar liegt ein Fokus und ein größeres Risiko bei der Verwendung von Bezeichnungen als Domains, die für Dritte geschützt sind, als bei einer Verwendung solcher Bezeichnungen im Local Part einer E-Mail-Adresse. Allerdings gibt es auch dort rechtliche Grenzen, die – insbesondere nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – eine Interessenabwägung im Einzelfall erfordern. Grundsätzlich gilt die Rechtslage einer Domain auch für alle E-Mails mit dieser Domain-Bezeichnung nach dem "@". Umgekehrt gilt dies aber nicht immer auch für die Verwendung einer solchen Bezeichnung im Local Part der Adresse. Hier ist abzuwägen.

Gegen die Veröffentlichung "seiner" E-Mail-Adresse kann man dann keine Ansprüche geltend machen, wenn es sich um eine geschäftliche E-Mail-Adresse handelt und der Arbeitgeber ein schutzwürdiges Interesse an der Veröffentlichung hat. Das ist beispielsweise bei Behörden der Fall, die dem Bürger persönliche Kontaktmöglichkeiten im Internet zur Verfügung stellen und nicht lediglich unpersönliche E-Mail-Formulare verwenden wollen. Aber auch hier gilt natürlich, dass Unternehmen (aber auch Behörden) die schutzwürdigen Interessen ihrer Arbeitnehmer und Beamten berücksichtigen müssen. Hier geben auch die datenschutzrechtlichen Vorschriften entsprechende Wegweisungen. Im Zweifel haben die Interessen der Betroffenen am Schutz ihrer personenbezogenen Daten – wie Vor- und Nachname als Bestandteile einer E-Mail-Adresse – den Vorrang. Aber eben nur im Zweifel.

Tobias Haar, LL.M., ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt IT-Recht. (gs)