Pironet-NDH-Vorstand: Bei IT-as-a-Service wird der Partner "ausgeknipst"

Die spannende Frage beim Thema "IT-as-a-Service" ist aus Channel-Sicht: "Und was wird aus uns?" Unsere Empfehlung: Warten Sie nicht, bis der Markt die Frage beantwortet. Tun Sie es selbst.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Matthias Parbel

Lieber Pironet-NDH -Vorstand Felix Höger,

Felix Höger, Vorstand, Pironet NDH

(Bild: Pironet NDH)

ich weiß genau, was Sie gestern gestan haben: Sie waren in München, im Hilton-Hotel an der Rosenheimerstraße, unweit des Deutschen Museums, und Sie haben im Rahmen eines Presseroundtables ein Referat gehalten zum Thema IT-as-a-Service. Ich weiß das, weil ich auf derselben Veranstaltung war, die von dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Experton organisiert worden war. Den ganzen Vormittag ging es um die verschiedenen Aspekte von IT-as-a-Service (ITaaS) und eine aktuelle Experton-Studie zu diesem Thema. Neben Ihnen waren von der Industrieseite noch ein Vertreter von HP und einer von CA anwesend. Es war für uns Journalisten – und vielleicht auch für den einen oder anderen Herstellervertreter – eine gute Gelegenheit, wieder ein paar neue Fremdwörter und Fachtermini dazuzulernen. So erfuhren wir, dass "ITaaS" nicht zu verwechseln ist mit "IaaS", weil Letzteres nämlich die Abkürzung von "Infrastruktur-as-a-Service" ist, welche zusammen mit "SaaS" ("Software-as-a-Service") und "PaaS" ("Platform-as-a-Service") den "Cloud Stack" bilden und Unterbegriffe von "ITaaS" sind. Aha. Das muss man jetzt erst mal verdauen. Schöne neue Service-Welt.

Vielleicht liegt es ja daran, dass Deutschland angeblich eine Service-Wüste ist, aber diese ganzen "as-a-Service"-Themen sind hierzulande noch sehr jungfräulich. "Der Nutzungsgrad von ITaaS/SaaS in Deutschland ist derzeit eher gering, und die Akzeptanz dieser Servicemodelle bleibt hinter den Erwartungen der Anbieter zurück", sagen die Marktforscher von Experton. Sie mussten sogar feststellen, dass das ganze Themenspektrum ITaaS/SaaS "bei dem überwiegenden Teil der Anwender noch gar nicht bekannt" ist. So hatten die Experton-Leute nach eigenem Bekunden Schwierigkeiten, für ihre Studie überhaupt genügend Firmen mit Erfahrung zu diesem Thema zu finden, weshalb die Feldphase deutlich länger wurde als geplant. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass die Umsätze in diesem Bereich noch gering ausfallen. Für dieses Jahr schätzt Experton den gesamten ITaaS-Umsatz in Deutschland auf 436 Millionen Euro, wobei mit 418 Millionen Euro der Löwenanteil auf SaaS entfällt. Der Vorteil dieser niedrigen Ausgangsbasis: Die möglichen Wachstumsraten sind hoch. Allerdings auch wiederum nicht haushoch. Das durchschnittliche jährliche Umsatzwachstum bis zum Jahr 2012 schätzt Experton auf knapp 41 Prozent. In drei Jahren sollen in Deutschland dann rund 1,22 Milliarden Euro mit ITaaS umgesetzt werden.

Also: Der Markt steht noch ganz am Anfang. Aber trotzdem ist das Thema heiß, wie ich an dieser Stelle bereits in der vergangenen Woche nach einem Gespräch mit Fujitsu-Manager Hans-Dieter Wysuwa schrieb. Die spannende Frage aus Channel-Sicht ist dabei natürlich: "Was wird aus uns?" Experton-Analyst Matthias Zacher hatte in seinem gestrigen Eingangsreferat die These aufgestellt, dass ITaaS sowohl "vollkommen neue Aufgaben für Systemintegratoren" als auch eine "vollkommen neue Value Chain und neue Partner-Modelle bei den Anbietern" bedeute. Was das inhaltlich konkret bedeuten kann, das haben Sie, lieber Herr Höger, auf meine Frage in aller wünschenswerten Deutlichkeit klar beantwortet. Ich zitiere aus meinen handschriftlichen Notizen (soweit lesbar): "Im ITaaS-Umfeld wird das gesamte Channel-Ökosystem auf den Kopf gestellt. Das On-demand-Modell ist ganz wesentlich ein Direktgeschäft, man braucht keinen VAR und erst recht keinen Distributor. Der Partner wird im ITaaS-Geschäft ausgeknipst."

Autsch, "ausgeknipst", das tut weh, da muss man erst mal schlucken. Da kriegt man es ja mit der Angst zu tun, so wie Sie es sagen, mit dieser Bestimmtheit, die keinen Widerspruch duldet. Aber ich glaube trotzdem, dass Sie Unrecht haben. Bevor die allgemeine Panik im Systemhausumfeld ausbricht, gilt zunächst einmal festzuhalten, dass auch das Thema ITaaS beim Anwender nicht so heiß gegessen wird, wie es in der Industrie gekocht wird. Es wird noch für lange Zeit eine Welt diesseits von ITaaS geben. Selbst der von Experton für das Jahr 2012 prognostizierte Umsatz von 1,22 Milliarden Euro entspricht nur 10 bis 15 Prozent des relevanten Marktes. Das ist das eine. Das andere ist, dass ich auch in einer ITaaS-Welt absolut eine Rolle und Daseinsberechtigung für Systemhäuser und Dienstleister sehe. Vielleicht nur eben eine andere Rolle als die, die sie heute spielen. Nehmen wir allein die Schnittstelle zum Kunden. Sei es in der Beratung, im Vertrieb, im Service und Support. Will der Hersteller das selbst übernehmen? Dann wird er viele neue Mitarbeiter einstellen müssen. Davor scheut er aber zurück wie der Teufel vorm Weihwasser. Aus gutem Grund. Nein, dafür wird die Industrie auch in Zukunft auf Partnerunternehmen setzen, ich behaupte: setzen müssen. Klar: Die Aufgabe der Systemhäuser wird sich wandeln, aber seien wir ehrlich: Das ist nun keine Neuigkeit und wird ja auch seit Jahren praktiziert.

Es gibt aber auch Systemhäuser, die wollen mehr als nur Service- und Dienstleistungspartner der Industrie sein, die wollen selber ITaaS-Anbieter sein. Wie zum Beispiel Werner Führer, geschäftsführender Gesellschafter des Systemhauses Bürotex in Nürtingen. Bereits in der vergangenen Woche habe ich darüber geschrieben. Für Führer steht felsenfest, dass in ein paar Jahren die Software und die Daten seiner Kunden auf Servern laufen werden, die in Bürotex-Gebäuden und in Bürotex-Rechenzentren stehen. Mag sein, dass der eine oder andere Experte sagt, dass es sich dabei nicht um "ITaaS" im strengen Wortsinn handelt, aber das ist Führer doch völlig egal. Und seinen Kunden erst recht.

In diesem Sinne sehe ich die Entwicklung aus Channel-Sicht gar nicht so negativ wie Sie. Es kommt auch hier darauf an, das Beste daraus zu machen.

Beste Grüße

Damian Sicking

Und hier die Antwort von Felix Höger.

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