Tech Data: Michael Dressen gibt es nur am Stück

Michael Dressen als neuer Länderchef für Deutschland ist eine fundamentale Stärkung für Tech Data – aber nur unter bestimmten Voraussetzen. In der Diskussion um den Wechsel des ehemaligen Also-Managers zum Münchener Konkurrenten ging eine andere Personalie unter. Dabei ist die fast noch interessanter.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking

Neuer Tech-Data-Manager Michael Dressen

(Bild: Tech Data)

Lieber neuer Tech-Data-Geschäftsführer Michael Dressen,

wem soll man jetzt mehr dazu gratulieren, dass Sie der neue Tech Data-Chef für Deutschland und Österreich werden, Ihnen oder Tech Data? Oder den Tech-Data-Mitarbeitern oder den Tech-Data-Kunden oder den Tech-Data-Lieferanten? Ich würde ganz einfach sagen: Allen! Ja wirklich: Dass Tech Data Michael Dressen als Manager gewonnen hat, ist ein Gewinn für alle Beteiligten.

Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzung. Die wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Gelingen der "Mission Dressen" besteht darin, dass man Sie machen lässt. Das richtet sich natürlich vor allem an Ihre Vorgesetzten, ob diese aus Amerika kommen, Holland oder Pusemuckel. Tech Data steht ja in dem Ruf, dass die Manager in Deutschland oft nur als Handlanger der Amerikaner gesehen werden. Sollte sich dies nicht geändert haben, wird das nicht funktionieren. Denn Michael Dressen gibt es nur am Stück, das heißt im Ganzen. Als Befehlsempfänger und Exekutor taugen Sie nicht. Sie machen die Dinge so, wie Sie sie für richtig halten, und wenn jemand, der hierarchisch über Ihnen steht, anderer Meinung ist, dann diskutieren Sie dies auch gerne mit ihm aus.

Das ist für mich die spannendste Frage, die mit Ihrem Wechsel zu Tech Data verbunden ist: Lässt man Sie oder lässt man Sie nicht? Meine Meinung: Nur wenn Sie den nötigen Gestaltungsraum und die erforderlichen Entscheidungsbefugnisse haben, hat Tech Data die Chance, wieder zu den beiden Marktführern Also Actebis und Ingram Micro in Deutschland aufzuschließen. Ich hoffe, dass Ihren Vorgesetzten dies klar ist; denn sonst steht der erste Krach schon fest, nur das Datum ist noch offen.

Lieber Herr Dressen, über die Aufregung wegen Ihres Wechsels zu Tech Data ist eine andere Personalie ein wenig untergegangen. Dabei finde ich die fast noch interessanter. Ich meine die Verpflichtung von Frank Bolten als Leiter des neu geschaffenen Bereichs Consumer Electronics bei Tech Data. Bolten wird in dieser Funktion ja an Sie berichten. Vermutlich kennen Sie ihn nicht oder kannten ihn bis vor wenigen Tagen noch nicht, denn Bolten ist trotz seiner 52 Jahre ein Distributionsnovize. Bolten war mal ein ziemlich hohes und bekanntes Tier in der CE-Branche. Sowohl als er im Jahr 2004 den Chefposten bei Sharp in Hamburg übernahm, als auch als er den Posten sechs Jahre später wieder aufgab, war dies überregionalen Tageszeitungen (u.a. Die Welt) und Wirtschaftsmedien (Handelsblatt) eine Schlagzeile wert. Als eloquentes Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu) war er besonders im Umfeld der Internationalen Funkausstellung (IFA), die von der gfu veranstaltet wird, ein gefragter Interviewpartner. Fotos aus dieser Zeit zeigen Bolten unter anderem mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, sowie mit der Parlamentarischen Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium und Unternehmergattin Dagmar Wöhrl. Mit anderen Worten: Bolten war ein Promi. Er hatte qua Amt eine Medienwirksamkeit, wie sie wohl kein Geschäftsführer eines IT-Distributors jemals wird erreichen können.

Nach seinem offiziellen Ausscheiden bei Sharp im April vergangenen Jahres (seinen Schreibtisch hatte er bereits ein halbes Jahr vorher geräumt), war es um Bolten still geworden. Tech Data ist für den Vater von fünf Kindern jetzt so etwas wie ein Neustart. Er übernimmt dort die neu geschaffene Abteilung Consumer Electronics. Dass er sich auf diesem Gebiet auskennt, darf man voraussetzen.

Vor diesem Hintergrund darf man natürlich mehr als gespannt sein, was in diesem Bereich bei Tech Data in den nächsten Monaten passieren wird. Der ehemalige ElectronicPartner/comTeam-Manager Julian Riedlbauer, der Bolten recht gut kennt, sagte mir dazu: "Die Verpflichtung von Frank Bolten ist ein klares Bekenntnis, dass es Tech Data ernst meint, im CE Bereich richtig `Gas zu geben´. Frank Bolten kennt die CE-Branche extrem gut und ist ein echter Marktinsider.“ Klingt ja vielversprechend. Wenn dann auch noch die Chemie stimmt und Bolten sich mit seiner Position in der zweiten Reihe dauerhaft anfreundet, kann man ja noch Einiges erwarten.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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