Wie wichtig ist das Neukundengeschäft heute?

Gerade jetzt in der Krise ist das Neukundengeschäft so wichtig wie nie, sagt die auf die Besetzung von Vertriebspositionen spezialisierte Personalberatung Xenagos. Doch viele Firmen haben dafür nicht die richtigen Vertriebsleute. Xenagos hilft gerne.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Liebe Vertriebsleiter,

wie wichtig sind für Sie Neukunden? Sehr wichtig – wichtig – weniger wichtig – unwichtig? Warum frage ich das? Weil die auf die Besetzung von Vertriebspositionen spezialisierte Personaberatung Xenagos unter der Überschrift "Für 80 Prozent des Vertriebes spielt Neukundengeschäft keine Rolle" gerade die Ergebnisse einer entsprechenden Umfrage bekannt gemacht hat.

Die Headline ist hart, gell? "Für 80 Prozent des Vertriebes spielt Neukundengeschäft keine Rolle"! Bei der Lektüre des Textes erweist sich diese Schlagzeile dann aber doch schnell als ein kleiner Etikettenschwindel. Denn ganz so schlimm sieht es in der Praxis dann doch wohl nicht aus. Nach Angaben von Xengos hat die Studie ergeben, dass bei gut 80 Prozent der befragten Vertriebsspezialisten das Neukundengeschäft weniger als ein Viertel ihrer Umsätze ausmache. Andersherum heißt das: Knapp 25 Prozent des gesamten Vertriebsumsatzes kommt von Neukunden. "Nur" 25 Prozent, wie die Xenagos-Leute anscheinend meinen, oder "immerhin" 25 Prozent? Ich bin gar nicht so sicher, ob 25 Prozent Neukundengeschäft wirklich so wenig oder gar alarmierend ist, wie die die Xenagos-Berater glauben machen wollen.

Ich meine, man weiß doch, wie schwierig und durchaus auch kostenintensiv die Neukundenakquise ist. Gerade aus diesem Grunde heißt es ja, dass man sich auf seine Bestandkunden konzentrieren und eher versuchen solle, bei diesen die Wertschöpfung durch zusätzliche Angebote und fakturierbare Leistungen zu erhöhen. Da klingen 25 Prozent Neukundengeschäft für mich gar nicht so übel.

Nach Angaben von Xenagos spielt das Neukundengeschäft bei größeren Unternehmen eine größere Rolle als bei kleineren. In dieser Kategorie gaben nach Xenagos-Angaben "immerhin über 10 Prozent der Vertriebsspezialisten an, mehr als die Hälfte Ihres Umsatzes mit neuen Kunden zu erzielen". Interessant, nicht wahr? Vor allem finde ich interessant, warum in diesem Fall 10 Prozent viel sind, vorher aber die 25 Prozent wenig. Hätte man hier nicht genauso plausibel sagen können "Nur 10 Prozent erzielen mehr als die Hälfte des Umsatzes mit Neukunden"? Meine Vermutung ist, dass Xenagos die Gedankenkette aufbauen will "Was große Unternehmen tun, kann für kleine nicht falsch sein, vielleicht sollten wir uns als kleineres Unternehmen auch mehr dem Neukundengeschäft widmen". Gute Entscheidung, sagt dann Xenagos, aber hast du dafür auch die richtigen Vertriebsleute? Denn, so Xenagos-Geschäftsführer Christopher Funk: "Es ist schwer, einen auf Bestandskunden fokussierten Verkäufer zur Jagd auf neue Kunden zu bringen. Daher verstärken sich viele Unternehmen zurzeit ganz gezielt mit `Huntern’, also ausgemachten Akquise-Spezialisten." Und diese Leute vermittelt praktischerweise Xenagos aus Frankfurt.

Die Wahrheit ist, dass kein Personalberater den Firmenchefs Nachhilfeunterricht über die Bedeutung des Neukundengeschäfts erteilen muss. Das Thema Neukundengewinnung war für den Großteil der Firmen schon immer wichtig. Aber den meisten Chefs ist auch klar, dass damit werthaltiges Geschäft verbunden sein muss. Neukundengewinnung um jeden Preis führt sehr schnell in die roten Zahlen. Trotzdem hat Xenagos-Geschäftsführer Funk in zwei Dingen Recht. Erstens: Weil jetzt in der Wirtschaftskrise die Bestandskunden sparen und weniger bestellen, steigt die Notwendigkeit, Neukundengeschäft zu machen (Verdrängung). Und zweitens: Vertriebsleute, die gut sind in der Betreuung von Bestandskunden (sogenannte "Farmer"), sind meisten nicht so gut in der Akquisition von Neukunden. Dies ist das Feld der sogenannten "Hunter", also der Jäger. Diese Frage muss man sich als Geschäftsführer oder Vertriebsleiter ja eigentlich immer stellen: "Habe ich die richtigen Leute?" oder besser "Haben meine Leute die richtigen Skills?"

Zum Thema Behandlung von Bestandskunden konnte man übrigens gerade einen sehr interessanten Artikel in der Wirtschaftswoche (WiWo) lesen. Unter der Headline "Microsoft und Oracle nehmen Unternehmen in die Mangel" läßt WiWo-Kollege Thomas Stölzel ein paar Anwenderunternehmen berichten, wie sie von Softwareherstellern dazu genötigt werden, weitere Bestellungen aufzugeben. Nur mal ein kurzer Abschnitt aus dem WiWo-Beitrag: "In einem Fall hatte ein Konzern eine Spezialsoftware aus Vorsicht (vor Unterlizenzierung – D.S.) für einige hundert Nutzer lizenziert, auch wenn nur rund ein Dutzend Mitarbeiter sie tatsächlich nutzt. Doch weil am Firmennetzwerk rund 50.000 Rechner hängen, die theoretisch auf das Programm zugreifen könnten, bekam das Unternehmen eine Schadensersatzforderung über mehr als 49.000 Lizenzen aufgetischt. Ein zweistelliger Millionenbetrag, sofort fällig." Nun, was soll man dazu sagen: Auch eine Form der Bestandskundenpflege.

Beste Grüße

Damian Sicking

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