"Wir betrachten Ingram und Tech Data als respektable Marktbegleiter"

Selten hat der Zusammenschluss von zwei Distributoren für solches Aufsehen gesorgt, wie der Merger von Also und Actebis. Heise resale sprach mit Michael Dressen, verantwortlich für Deutschland und Österreich bei Also-Actebis, über den Sinn dieser Megafusion, über die Vorteile aber auch Gefahren.

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Von
  • Matthias Parbel

Michael Dressen, Mitglied der Konzernleitung der ALSO-Actebis Holding AG

(Bild: Also)

Selten hat der Zusammenschluss von zwei Distributoren für solches Aufsehen gesorgt, wie der Merger von Also und Actebis. Heise resale sprach mit Michael Dressen, verantwortlich für Deutschland und Österreich bei Also-Actebis, über den Sinn dieser Megafusion, über die Vorteile aber auch Gefahren.

Herr Dressen, der Konzernsitz der Also-Actebis befindet sich im schweizerischen Hergiswil. Wo wird künftig der Sitz der deutschen Also-Actebis sein?

Michael Dressen: Im Prinzip an den beiden vorhandenen Standorten von Also und Actebis, in Straubing und in Soest. Darüber hinaus haben wir für NT plus den Sitz nach wie vor in Osnabrück.

Aber längerfristig werden Sie um eine Zentralisierung nicht herumkommen?

Dressen: Nein, das ist nicht vorgesehen, denn wir werden die Standorte behalten. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Die Standorte befinden sich in Gegenden, wo bodenständige Menschen leben. Da ist die Mobilität nicht so stark ausgeprägt wie in Ballungsräumen. Die Folge wäre, wir würden einen großen Teil wichtiger und wertvoller Mitarbeiter verlieren. Das wollen wir auf gar keinen Fall.

Aber sind mehrere Standorte ökonomisch sinnvoll?

Dressen: Wir werden, und das haben wir auch schon begonnen, viele Überschneidungen in Straubing und Soest abbauen. Das heißt, die Geschäftsbereiche werden übergreifend geführt und die Kollegen aus Straubing und Soest jeweils für bestimmte Geschäftsbereiche zuständig sein.

Zum Beispiel?

Dressen: Da sind unter anderem Stefan Klinglmair aus Straubing für PC Volume, Jochen Bless aus Soest für Peripherie, Komponenten und Software zuständig. Unter diesen Geschäftsbereichen werden, wie wir es bereits bei der Also kennen, Business Units etabliert. Die gibt es für alle Hersteller, die eine kritische Größe überschreiten. Geleitet werden diese Business Units standortübergreifend.
Mittelfristig wollen wir bestimmte Geschäftsfelder in Straubing installieren und in Soest. So gibt es in der Tat wenige Überschneidungen an den Standorten. Das ist dann auch unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll.

Können Sie das noch etwas konkretisieren?

Dressen: Da ist noch Vieles in der Diskussion. Sicherlich, die Bereichsleiter sind zum Teil schon bekannt. Trotzdem ist es möglich, dass es bei den Geschäftsfeldern zu Überschneidungen kommt. Die Business Units jedenfalls stehen in einigen Wochen fest. Die weiteren Umstellungen sind von einem einheitlichen IT-System abhängig, das bis Ende des Jahres eingeführt sein wird.

Womit dann wohl auch beim Einkauf und Vertrieb eine Zentralisierung verbunden sein wird?

Dressen: Zu den jeweiligen Business Units gehören auch Einkauf und Vertrieb. Beispielsweise haben wir bei Also eine Business Unit für HP. Den Geschäftsbereich verantwortet jetzt übergreifend Matthias Jablonski. Bei großen Bereichen wird es so sein, das sowohl in Straubing wie auch in Soest Mitarbeiter zur Verfügung stehen.

Welche Veränderungen wird es noch bei NT plus geben?

Dressen: Da ist bereits alles abgeschlossen. Mit NT plus befinden wir uns auf gutem Weg, können also expandieren.

Wird es durch die Zusammenlegung zu Abwanderungen bei Ihren Kunden kommen?

Dressen: Sicherlich wird es nicht ausbleiben, dass der eine oder andere Kunde vielleicht eine solche Überlegung anstellt. Aber die Mehrzahl der Kunden reagierte bisher ausgesprochen positiv. Das kommt dadurch, dass beide Unternehmen bisher unterschiedlich mit den Kunden zusammengearbeitet haben. Auf jeden Fall wird sich in absehbarer Zeit weder bei den Ansprechpartnern für die Kunden noch bei den Konditionen etwas ändern. Natürlich wird es Kunden geben, denen vielleicht eine solche Konzentration zu groß sein mag. Aber es gibt auch Kunden, die in der Größe eine Chance sehen, mehr Auswahl und mehr Service zu bekommen.

Warum sollen Kunden zur Also-Actebis gehen?

Dressen: Beide Unternehmen haben in den letzten Jahren sehr gute Kundenbewertungen bekommen. Da sind auch unterschiedliche Stärken da. Actebis war sehr breit aufgestellt. Hat einen hervorragenden SMB-Bereich, hat sehr große Herstellerbreite, und ist auf mittlere und größere Kunden fokussiert. Also wiederum hat ein sehr hohes Know-how in den Business Units. Das ist sicherlich für den einen oder anderen Kunden Anreiz, bei dem Gesamtunternehmen mehr zu kaufen. Denn jetzt stehen die Stärken der Also und die der Actebis gebündelt zur Verfügung. Das wird dazu führen, dass wir Kunden hinzugewinnen werden. Und damit auch Umsätze.
Die Frage aber ist, was erwarten die Kunden. 80 Prozent aller Prozesse laufen bei allen Distributoren automatisch ab. Da sind wir uns alle ähnlich. Aber auf die restlichen 20 Prozent kommt es an. Und genau da waren beide Unternehmen in der Vergangenheit aus Sicht der Kunden sehr gut aufgestellt. Das erwarten sie auch von Also-Actebis.

Mit dem Zusammenschluss gibt es jetzt vier Lagerstandorte. Wird es da Veränderungen geben?

Dressen: Wir werden uns überlegen, wie die Standorte so optimiert werden können, dass es für uns vorteilhaft ist. Aber auch das ist von der Einführung eines gemeinsamen IT-Systems abhängig. Deshalb kann man jetzt noch keine klare Aussage dazu machen. Aber wir haben an allen Standorten eine sehr hohe Auslastung. Daher erhoffen wir uns auch, wenn wir das Zusammenspiel der Standorte optimieren können, mit diesen Standorten weiter wachsen zu können.

Wird es mit Also-Actebis als Nummer drei in Europa eine Neuordnung in der Distributionslandschaft geben?

Dressen: Das Entscheidende ist, dass wir die Werte für die Kunden beibehalten und auch die Profitabilität, die wir heute erreicht haben, ausbauen können. Wenn man mal den amerikanischen Markt mit dem europäischen Markt vergleicht, ist die Profitabilität im amerikanischen Markt immer noch 50 Prozent höher als im europäischen. Mittelfristig müssen wir auch in Europa auf dieses Niveau kommen.

Woran liegt es, dass die Distribution in den USA profitabler arbeitet?

Dressen: Das hat viele Gründe. Sicherlich ist die Wettbewerbssituation in Europa, zumindest in einigen Ländern, deutlich stärker. Aber mit der Konsolidierung, beispielsweise in Deutschland, wird sich die Wettbewerbssituation ein Stück weit entspannen. Natürlich ist Wettbewerb absolut notwendig, bringt er doch immer wieder Innovationen hervor. Aber die Wettbewerbssituation war beispielsweise in Deutschland schon teilweise grenzwertig. Anders in den USA, wo es eigentlich nur drei große Player gibt. Wenn man aber den etwa gleich großen europäischen Markt betrachtet, reden wir über 30 bis 40 große Player. Ich bin zuversichtlich, dass wir in Deutschland auf dem richtigen Weg sind. Und das trifft auch für das eine oder andere Land zu, in dem wir noch vertreten sind.

Wie wird sich die Wettbewerbssituation Deutschland und Österreich entwickeln?

Dressen: Wir betrachten die Ingram oder Tech Data als respektablen Marktbegleiter.

Gibt es eine Kampfansage?

Dressen: Nein. Ich weiß auch nicht, was das für eine Ansage sein sollte. Jedes Unternehmen hat auch seine Berechtigung.

Können Sie die Umsätze auf derzeitiger Höhe halten?

Dressen: Das hängt auch von der Marktentwicklung ab. 2010 hatten wir relativ starkes Wachstum im Markt – nach dem Krisenjahr 2009. In diesem Jahr ist der Nachholeffekt nicht mehr da. Da gibt es beispielsweise große Zurückhaltung im Consumer-Umfeld. Aber es gibt immer noch kleinere Wachstumsbereiche im professionellen Bereich. Insgesamt rechne ich nicht damit, dass das Jahr 2011 großes Wachstum bringen wird.

Es gab bereits einige personelle Veränderungen. Wird es, außer den bereits bekannten Namen, noch weitere Entlassungen oder Trennungen geben?

Dressen: Wir haben mit den Betroffenen vereinbart, öffentlich nicht dazu Stellung zu nehmen. Es steht ihnen natürlich frei, selbst darüber zu sprechen – aber wir werden das nicht tun. Darüber hinaus wird es an den Standorten zu organisatorischen Veränderungen kommen. Davon werden natürlich auch Mitarbeiter betroffen sein, denen wir möglicherweise auch neue Arbeitsplätze anbieten werden. Aber ansonsten gibt es da keinen Plan.

Also wird es keine Reduzierungen geben?

Dressen: Wir haben jetzt keine große Entlassungswelle geplant, nein. (map)
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