c't 26/2018
S. 36
News
Pokémon Go

Trainer gegen Trainer

PvP für die Pokémon-Go-Professoren

Im Laufe des letzten Jahres hat Niantic es Gelegenheitsspielern immer leichter gemacht, im Handyspiel Pokémon Go zu den alten Hasen aufzuschließen. Viele neue Spieler und die zweite Umsatzmilliarde waren der Lohn. Nun bekommen die Pokémon-Alleswisser ein Bonbon, auf das sie zwei Jahre gewartet haben: Kämpfe gegen andere Spieler.

Pokémon Go bekommt ein Kampfsystem Spieler gegen Spieler. Hier darf jedes Pokémon zwei verschiedene Ladeattacken benutzen.

Manche Pokémon-Go-Spieler wissen gar nicht, was „PvP“ bedeutet. Andere warten darauf, seit es das Spiel gibt. PvP steht für Player vs. Player, also Kämpfe Spieler gegen Spieler. In den sogenannten „Main Series Games“ vom Game Boy bis zum Nintendo 3DS gibt es die seit 20 Jahren – dementsprechend enttäuscht waren alte Pokémon-Hasen, dass diese Dimension in Pokémon Go fehlt.

Nun hat das Warten ein Ende. In Kurzform: PvP-Kämpfe kosten nichts. Für die ersten drei Partien jedes Tages bekommt der Spieler Sternenstaub und seltene Gegenstände als Belohnung – der Sieger natürlich mehr als der Verlierer. Zwei beliebige Spieler können gegeneinander antreten, wenn sie sich am selben Ort befinden; Fernkämpfe laufen über das im Sommer eingeführte Freundesystem. Wer erstmal üben will, der tritt gegen die KI in Gestalt der drei Team-Anführer Blanche, Candela und Spark an.

Jeder Spieler schickt drei Monster in die Schlacht. Ist nach vier Minuten kein Kämpfer besiegt, entscheidet die Anzahl der verbliebenen Monster beziehungsweise deren Restlebensenergie.

Drei Ligen

Damit Einsteiger und Gelegenheitsspieler eine Chance haben, gibt es drei Ligen, in denen unterschiedlich starke Pokémon eingesetzt werden dürfen – bis 1500, 2500 beziehungsweise 10.000 Wettkampfpunkte (WP). Da man ein schon hochgezüchtetes Monster nicht wieder „herunterleveln“ kann, bleiben die Hardcore-Spieler in der höchsten Liga erstmal unter sich, während die Kleinen in den unteren Ligen genauso viel Spaß haben, wenn auch für bescheidenere Belohnungen.

Der eigentliche Kampf verläuft synchron, man hämmert also wie bisher möglichst schnell aufs Display. Der Gegner darf zweimal pro Match ein Schild gegen eine Ladeattacke einsetzen. Bei Bedarf kann man sein Monster gegen ein anderes aus dem Dreier-Team austauschen. Zwischendurch wiederbeleben oder mit Tränken aufpäppeln kann man sie nicht.

Neue taktische Tiefe entsteht dadurch, dass Pokémon eine zweite Ladeattacke erlernen können. Sie stammt wie die erste aus dem sehr eingeschränkten Attacken-Pool der Pokémon-Spezies und muss für jedes einzelne Pokémon erst gegen Sternenstaub und Bonbons freigeschaltet werden.

Diese Erweiterung des Kampfprinzips verschiebt die Kräfteverhältnisse unter den Spielern. Bisher ist der erfolgreichste Trainer der, der am meisten investiert hat, sei das nun Zeit oder Geld. Welche Pokémon man bis zum Anschlag hochzüchten muss, entnimmt man Guides der einschlägigen Webseiten wie Gamepress oder TheSilphRoad. In Arenen und Raids taucht nur eine sehr kleine Teilmenge der Pokémon-Population auf, man muss sich also nicht viel merken und braucht nur ein paar Angreifer immer wieder.

Grips gewinnt

Im neuen System kommt man mit so einfachen Rezepten nicht weit, da man es mit mehr verschiedenen Gegner-Spezies und -Attacken zu tun bekommt. Sich im Dickicht der 18 Pokémon- und Attackentypen mit etlichen Überempfindlichkeiten und Resistenzen auszukennen wird also wichtiger als die höchste WP-Zahl. Die Pflanzenattacke Solarstrahl tut beispielsweise dem Boden/Gesteins-Pokémon Geowaz viermal so weh wie dem Käfer/Flug-Pokémon Sichlor.

Die Frage ist nun, welchen Effekt das auf die Spieler-Community haben wird: Sind die „Großen“ verärgert, weil ihre Investition sich nicht auszahlt? Dann verliert Niantic Spieler, die bisher über In-App-Käufe Geld in die Kasse gespült haben. Oder beißen sie in den sauren Apfel und lernen, was man in den Konsolen-Spielen auch schon lernen musste? Dann könnte ihnen dämmern, dass sie weniger investieren müssen als bisher – auch nicht gut für Niantic. Vielleicht ist das Ziel aber auch, die enttäuschten Pokémon-Professoren zurück ins Boot zu holen. Dann hätte Niantic alles richtig gemacht.

Wie andere neue Funktionen wird PvP schrittweise ausgerollt und am Anfang wohl wieder nur für Level-40-Trainer zur Verfügung stehen. Langfristig sind Erweiterungen der Kämpfe angedacht. Während der Präsentation des PvP-Systems waren in Konzeptbildern beispielweise nicht nur 1-gegen-1-Kämpfe zu sehen, sondern auch 2 gegen 2 und 3 gegen 3. Es bleibt spannend. (it@ct.de)