c't 5/2020
S. 46
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Intel und AMD verdienen gutes Geld, CacheOut-Lücke, x86-CPU aus China

Trotz Lieferschwierigkeiten und ­Sicherheitslücken schließt Intel 2019 mit Rekordumsätzen ab, auch bei AMD klingelt die Kasse. Und während die Kette der Schwachstellen in ­Intel-CPUs nicht abreißt, erscheint ein ­chinesischer x86-Chip.

Von Christof Windeck

Stolze 21 Milliarden US-Dollar Gewinn hat Intel im Kalenderjahr 2019 eingefahren, der Umsatz stieg auf 72 Milliarden US-Dollar – 2 Prozent mehr als 2018. Dabei unkte Intel Anfang 2019 noch über schlechtere Geschäfte. Doch die Riesen-Rechenzentren etwa von Amazon, Google und Microsoft verschlangen mehr Xeons, als Intel erwartet hatte; aktuell gibt es Lieferengpässe. 2019 machte Intel erstmals mehr Umsatz mit Produkten für Rechenzentren – also Xeons, Server-­SSDs,­ Optane-Speichermodulen, FPGA- und KI-Beschleunigern – als mit anderen Produkten, nämlich 50,2 Prozent.

Die dritte Xeon-SP-Generation Cooper Lake kündigte Intel-CEO Bob Swan für das erste Halbjahr 2020 an, noch vor Jahresende soll dann die vierte Generation Ice Lake-SP aus der 10-Nanometer-Fertigung kommen, allerdings in homöopathischen Mengen. Swan versprach noch mindestens acht weitere 10-Nanometer-Neuvorstellungen für 2020, zählt dabei aber vermutlich etwa den ARM-Konter Lakefield für lüfterlose Tablets mit, der schon 2019 kommen sollte. Und bei den KI-Chips geht es drunter und drüber: Der ursprünglich für 2018 angekündigte „Spring Crest“ alias NNP-T1000 der 2016 zugekauften KI-Firma Nervana wird eingestampft. Stattdessen setzt Intel nun auf den vermutlich stärkeren Gaudi HL-2000 der kürzlich übernommenen Habana Labs. Überleben wird aber wohl der Nervana NNP-I1000 mit Ice-Lake-Kern als einer der neun neuen 10-Nanometer-Chips.

Den Gaudi HL-2000 produziert Intel nicht selbst, er kommt mit 16 Nanometern von TSMC. Auch die sehr erfolgreiche Intel-Tochter Mobileye lässt ihre KI-Chips für Fahrerassistenzsysteme anderswo fertigen: den EyeQ4 noch mit 28-Nanometer-FDSOI-Technik von STMicroelectronics (ST) und den neuen EyeQ5 mit 7-Nanometer-Strukturen von TSMC. Dabei bleibt ST sogar im Boot und bringt Erfahrungen als Chip-Zulieferer für Autos ein.

KI-Chips legen kräftig zu

Die Marktforscher von IHS Markit erwarten, dass sich die weltweiten Umsätze mit KI-Prozessoren von rund 22 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 bis 2025 auf über 68 Milliarden US-Dollar mehr als verdreifachen werden. Angesichts des Klimawandels fragt man sich, woher der ganze Strom dafür kommen soll – manche Experten malen diesbezüglich düstere Bilder, zumal China noch viel Kohle verbrennt, um Strom zu erzeugen.

Bei AMD lief es ebenfalls prima: Das Jahr 2019 brachte 341 Millionen US-Dollar Gewinn aus 6,73 Milliarden US-Dollar Umsatz. Im vierten Quartal legten die Ryzens und Epycs ordentlich zu. Doch noch immer kann AMD offenbar nicht ausreichend viele Prozessoren liefern, um in vollem Umfang von Intels Lieferengpässen profitieren zu können. Letztere machen sich bei Billignotebooks, Indus­trie-PCs und Embedded Systems besonders bemerkbar: Neue Produkte kommen mit den mittlerweile steinalten „Apollo Lake“-Atoms und Atom-Celerons aus dem Jahr 2016 auf den Markt. Die kann Intel anscheinend besser liefern ­als die „Gemini Lake“-Nachfolger; der 10-­Nanometer-„Tremont“ ist nicht einmal zu erahnen. Mal sehen, was auf der Fachmesse Embedded World Ende Februar zu dem Thema zu hören sein wird.

CPU-Lücke CacheOut

Intel musste eine weitere CPU-Sicherheitslücke melden: CacheOut. Das ist jedoch nach ZombieLoad v2 alias TAA Vulnerability noch eine weitere Variante der schon 2018 entdeckten ZombieLoad-Attacke. Intel nennt letztere Microarchitectural Data Sampling (MDS), CacheOut heißt bei Intel L1D Eviction Sampling (L1DES). Weiterhin gilt: Es sind keine praktischen Angriffe bekannt und Microcode-Updates stehen als Gegenhilfe bereit. Betroffen sind vor allem Cloud-­Rechenzentren, wo Angreifer bösartigen Code in virtuelle Maschinen einschleusen können, die parallel mit Angriffszielen auf demselben Prozessor laufen. Dieses Szenario betrifft privat genutzte PCs und Notebooks kaum und bei denen gibt es weitaus größere Angriffsflächen, man denke nur an Emotet.

Die israelische Intel-Tochter Mobileye lässt ihren 7-Nanometer-Chip EyeQ5 für Fahrerassistenzsysteme von ST und TSMC fertigen.
Intel/Mobileye

Auf dem chinesischen Online-Marktplatz Taobao ist ein erstes PC-Mainboard mit dem x86-Prozessor Zhaoxin KaiXian KX-U6780A aus der 16-Nanometer-Fertigung von TSMC aufgetaucht. Laut einem bei Twitter veröffentlichten Screenshot schafft dieser Achtkerner mit 70 Watt TDP im Cinebench R20 rund 845 Punkte – in etwa so viel wie der AMD Athlon 3000G mit nur zwei Kernen und 35 Watt.

Im Pariser Vorort Maisons-Laffitte hat der bisherige Atos-Manager Philippe Notton die Firma SiPearl gegründet. Sie bündelt die Entwicklung vom ARM- und RISC-V-Prozessoren im Rahmen der European Processor Initiative (EPI). Man plant Chips für Supercomputer, auto­nome Autos und Rüstungsgüter, deren Technik unabhängig von US-ameri­kanischen oder chinesischen Zulieferern ist – digitale Hardware-Souveränität so­zusagen. (ciw@ct.de)

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