c't 3/2022
S. 122
Wissen
Nachhaltigkeit
Bild: Thomas Kuhlenbeck

WWWärme

Abwärme aus Rechenzentren: klimafreundliche Heizung der Zukunft?

Manche Rechenzentren heizen heute schon Wohnungen, Büros oder Algenfarmen. Doch in den meisten Fällen wird die wertvolle Wärme einfach in die Luft geblasen. Ändern ließe sich das durch eine bessere Standortplanung – und durch Wasserkühlung der Server.

Von Christof Windeck und Christian Wölbert

Wer im Hotel „Innside“ im Frankfurter Eurotheum-Hochaus übernachtet, hat es auch dank des Internets wohlig warm: Ein Rechenzentrum, das weiter unten zwei Etagen belegt, speist 60 Grad heißes Wasser in den Heizungskreislauf des Gebäudes ein. Rund 600 Megawattstunden Wärme steuern die Server nach Angaben des Betreibers, der Firma Cloud&Heat, jährlich bei. Mit dieser Energiemenge könnte man auch 30 durchschnittliche Privathaushalte ein Jahr lang heizen und mit Warmwasser versorgen.

Das Cloud&Heat-Rechenzentrum hilft beim Beheizen des 110 Meter hohen Eurotheum-Hochauses in Frankfurt.
Bild: Cloud&Heat

Heizen mit Servern, das ist bislang die Ausnahme. Die allermeisten Rechenzentren pusten ihre Abwärme einfach in die Umgebung. Doch nun will die Politik das ändern: „Wir werden Rechenzentren in Deutschland auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausrichten, unter anderem durch Nutzung der Abwärme“, heißt es im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP.

In Frankfurt, wo ein Rechenzentrum nach dem anderen gebaut wird, üben Lokalpolitiker bereits Druck auf die SPD-geführte Stadtverwaltung aus: Serverfarmen sollten künftig dort entstehen, wo Unternehmen und Wohngebiete die Abwärme nutzen können, forderten Anfang Dezember die Grünen, die im Stadtrat die größte Fraktion stellen. Geht es nach ihnen, soll die Stadt ihr Ansiedlungskonzept überarbeiten – und bis dahin keine weiteren Rechenzentren mehr genehmigen.

Viel heiße Luft

Die Politik ist alarmiert, weil Rechenzentren immer mehr Strom fressen, also auch immer mehr Wärme einfach in die Luft blasen. Nach Berechnungen des Borderstep-Instituts stieg der Stromverbrauch aller deutschen Rechenzentren von gut 10 Terawattstunden im Jahr 2010 auf 16 Terawattstunden im Jahr 2020, was rund 3 Prozent des gesamten Stromverbrauchs entspricht. Für die nächsten Jahre erwarten Experten eine ähnlich schnelle Zunahme. Server und Kühlungssysteme werden zwar immer effizienter, aber der Bedarf an Rechenleistung und Speicherplatz in der Cloud steigt noch schneller.

Gleichzeitig zeigen Beispiele wie das Eurotheum, dass die Nutzung der Serverabwärme nicht nur technisch möglich ist, sondern sich auch rechnen kann. Laut Cloud&Heat spart das System im Vergleich zum Bezug von Fernwärme jährlich rund 65.000 Euro ein. Das entspreche rund zehn Prozent der gesamten Heizkosten des Hochhauses. Andernorts werden bereits Wohnungen, Turnhallen, Algenfarmen oder Büros von Servern mit Wärme versorgt (siehe Kasten auf S. 126).

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