c't 3/2022
S. 172
Test & Beratung
Puzzle-Platformer

Fabelhaft

White Shadows: Dystopisch schöner Puzzle-Platformer

Ein tierischer Überwachungsstaat wird für ein kleines Rabenmädchen zur großen Bedrohung. Die Fabel ist so schön und perfekt animiert, dass es die düstere Geschichte beinahe in den Hintergrund drängt.

Von Andreas Müller

Nach einem großen Krieg ist von der Menschheit nichts übrig geblieben. Stattdessen haben die Tiere die Macht ergriffen, an jeder Häuserwand prangen die Propagandafratzen des herrschenden Regimes. In den dampfenden Städten sind Fabriken aus dem Boden geschossen, in denen die Wölfe Schweine auf eine Art Schlachtbank führen. In diesem düsteren Szenario erwacht ein kleines Rabenmädchen und macht sich auf den beschwerlichen Weg durch enge Tunnel, geheimnisvolle Maschinen und endlose Abgründe, um sich dem sogenannten Großen Propheten zu stellen. Viel erklärt wird dabei nicht – das Spiel erzählt die Geschichte nicht mit Dialogen oder Textblasen, sondern allein durch die Handlung.

Das Kölner Entwicklungsstudio Monokel weckt mit seinem ersten Spiel White Shadows Erinnerungen an George Orwell. Der Puzzle-Plattformer erzählt eine rätselhafte Geschichte und erinnert mit seiner Spielmechanik und dem monochromen Look an Indie-Hits wie Limbo und Inside. Das kleine Rabenmädchen hüpft und kriecht in der Seitenansicht über den Bildschirm. Bei riskanten Sprüngen muss sie Geschick beweisen und manchmal auch ihre grauen Zellen anstrengen. Dann dreht sie in der richtigen Reihenfolge Lichträder oder setzt geheimnisvolle Maschinen in Gang. Besonders dramatisch wird es, wenn sie in der zynischen Parodie einer TV-Show waghalsig durch Feuerringe springt und tödlichen Roboterhänden ausweicht. Obwohl in dem Großstadtmoloch überall Gefahren lauern, ist das Spiel nicht besonders schwer. Dank simpler Gamepad-Steuerung und großzügigen Speicherpunkten kommt in der rund dreistündigen Spielzeit selten Frust auf.

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