iX 12/2018
S. 92
Report
Business Intelligence
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Analytics: Überzogene Erwartungen, komplexe Modelle und unzureichende Tools

Grabgesänge

Analytics gelten bei vielen Managern als ein Universal-Tool für alle Business-Probleme. Doch es mehren sich die Anzeichen, dass dem nicht immer so ist.

Business Analytics (BA) sind bekanntlich keine besonders neue Business-Anwendung. Einstmals startete BA als Teilbereich von Business Intelligence (BI). Doch immer mehr Daten, bessere mathematische Methoden und vor allem die rasant zunehmende Rechenleistung haben aus der einstigen Nischenanwendung eine äußerst breit gefächerte Anwendungslandschaft geschaffen.

Heute verteilen sich die modernen Analytics-Anwendungen auf zwei Bereiche: Auswertungen historischer Daten mit Big-Data-Technik, beispielsweise zum Erkennen von Absatztrends, und die neuen Analysen in Echtzeit, beispielsweise zur Betrugserkennung bei Kreditkartentransaktionen. Besonders Realtime Analytics wird eine große Zukunft prophezeit: „Bei IoT werden schon bald Billionen an Sensoren Exabytes an Daten liefern, die alle sofort ausgewertet werden müssen“, meint Satyendra Rana, CTO der kognitiven Entscheidungsplattform diwo.

Es mehren sich aber die Hinweise, dass es vor allem bei den Topmanagern in Großunternehmen einen überzogenen Glauben an die Möglichkeiten von Analytics gibt, was eine Vielzahl an Gründen hat. So kämpfen die Fachbereiche häufig mit einer großen Komplexität, für deren Behandlung es nicht genügend Datenwissenschaftler gibt.

Zu hohe Erwartungen

Gartner positioniert in seinen jüngsten Top Ten der wichtigsten IT-Trends für 2019 die „Augmented Analytics“ auf Platz zwei. Damit ist gemeint, dass neue Technologien entwickelt werden müssen, mit deren Hilfe auch Nichtfachleute komplexe Analysen erstellen können, die die Fachbereiche direkt nutzen können. „Augmented Analytics werden es endlich ermöglichen, dass wichtige Einblicke in die Geschäftsabläufe von allen Mitarbeitern gewonnen werden können – nicht nur von den Datenwissenschaftlern“, sagte Gartners Vice President David Cearley anlässlich der Präsentation der Trends auf dem jüngsten Gartner Symposium in Orlando. Ein deutlicher Hinweis also, dass es hier noch erhebliche Defizite gibt.

„Hört auf, euer Geld für Analytics auszugeben – investiert endlich in Antworten“, appellierte Teradata-COO Ratzesberger an die Besucher der Analytics Universe (Abb. 1).

Auch der auf Analytics spezialisierte Softwareanbieter Teradata meint, dass der Boom bei den Analytics-Anwendungen bislang zu selten die erhofften Ergebnisse produziert hätte. „Hört endlich auf, euer Geld für Analytics auszugeben – investiert endlich in Antworten“, sagte COO Oliver Ratzesberger in seiner Eröffnungsrede zur diesjährigen Teradata-Hausmesse „Analytics Universe“ in Las Vegas. „Analytics gelten bei vielen Topmanagern als eine Silberkugel, mit der sich alle Probleme abschießen lassen, doch dem ist leider nicht so“, erläuterte Ratzesberger seine provokante These.

Analysten nicht so skeptisch

Konkrete Beispiele wollte er dazu aber nicht nennen. „Zum einen will kein Unternehmer solche Fehlinvestitionen öffentlich eingestehen, zum anderen handelt es sich bei den Projekten meist um Aktivitäten, mit denen sich die Firma von der Konkurrenz abheben will – und auch darüber möchte niemand laut reden“, gibt er als Grund an.

Marktforscher sehen zwar ebenfalls eine gewisse Ernüchterung bei den Analytics, halten das Statement von Ratzesberger aber für stark übertrieben. „Es gibt viele interessante Beispiele in der Industrie und im Handel, wo gerade Predictive Analytics sehr erfolgreich zum Einsatz kommen“, meint Forrester-Analyst Brandon Purcell.

Auch Henry Cook von Gartner sieht die Situation nicht so dramatisch. „Ja, es gibt viele Projekte, die hinter den Erwartungen zurückbleiben, aber ich würde nicht so weit gehen, dass das die Mehrheit ist“, sagt er über seine Erfahrungen. Die Analysten und viele Teilnehmer der Analytics Universe sehen jetzt vielmehr Ratzesberger in der Pflicht, das Versprechen einzulösen, wonach Teradata die gewünschten Business-Antworten liefern kann.