iX 9/2019
S. 62
Review
Unternehmens-Linux

Enterprise-Distributionen im Wandel der Zeit

Fels in der Brandung

Daniel Kobras, Mark Pröhl

Debian, Red Hat und SUSE haben neue Versionen ihrer langfristig gepflegten Linux-Varianten freigegeben. Ein Blick auf den Stand der Enterprise-Distributionen.

Um den aktuellen Stand der Linux-­Enterprise-Distributionen in Augenschein zu nehmen, lohnt sich zunächst ein Blick zurück auf den letzten derartigen Vergleich in iX 5/2007 [1]. Die Hauptdarsteller von damals lassen wenig Rückschlüsse auf das Alter des Artikels zu: SUSE Linux Enterprise (SLE) 10, Red Hat Enterprise Linux (RHEL) 5 und Debian 4 (etch) sind zwar um ein paar Versionsnummern gealtert, firmieren teils unter anderen Dächern, doch grundsätzlich zählen sie auch heute noch zu den üblichen Verdächtigen als stabile Linux-Basis für den Unternehmenseinsatz. Mehr Hinweise auf die seither durchlaufenen Umwälzungen geben die Themen der damaligen Einleitung: Es geht um Microsoft gegen Linux, proprietäre gegen offene Software und generell um die Rechtfertigung, weshalb Firmen sich erlauben dürfen, mit freier Software Geld zu verdienen. Beim Erscheinen des Artikels steckte Amazons Elastic Compute Cloud (EC2) in den Kinderschuhen, noch kein iPhone hatte den Ladentisch passiert, und die Stadt München hatte gerade erst begonnen, ihre Windows-Arbeitsplätze auf das Debian-­basierte LiMux zu migrieren.

Zwölf Jahre später sind As-a-Service-­Angebote allgegenwärtig, kaum eine Handy-­­App, die ihre Kunden nicht auf Subskriptionsmodelle konditioniert hat. Cloud-Dienste sind unsere täglichen Begleiter und Linux deren unumstrittenes Rückgrat. Goldene Zeiten also für all jene, so scheint es, die mit der Pflege von Linux für den Unternehmenseinsatz ihr Geld verdienen. Tatsächlich aber müssen Enter­prise-Distributionen nach wie vor die Frage nach dem Warum beantworten, doch die Argumentationslinien verlaufen inzwischen völlig anders als damals. DevOps wird mehr und mehr zum Heiligen Gral, Agilität zum Allheilmittel gegen alle Probleme der IT-Branche. Ein auf Stabilität und lange Supportzyklen getrimmtes Produkt scheint nicht so recht zu passen zu den sinnbildlichen zehn Releases pro Tag der CI/CD-Kultur. Und wozu Geld investieren in langfristige Kompatibilität, wenn autarke Container und statische Go-Binaries der Cloud-Nativen doch nahezu ohne externe Abhängigkeiten auskommen?

Kommentieren