Mac & i 1/2019
S. 3
Editorial

Vom Motor zur Bremse

Es ist nicht einmal ein halbes Jahr her, dass der siebenjährige Patentkrieg zwischen Samsung und Apple endlich ein Ende fand. Bevor die burnoutgefährdeten Patentanwälte an einen Wellness-Urlaub auch nur denken konnten, holte ein ähnlich essenzieller Geschäftspartner Apples zu einem noch gröberen Schlag aus. Qualcomm, Lizenzgeber unzähliger Mobilfunktechniken, erwirkte medienwirksam Verkaufsverbote für drei iPhone-Generationen.

Die Hintergründe sind komplex und lesen sich wie ein Krimi aus dem Marken- und Handelsrechtsmilieu (siehe Seite 112). Mit ihren Klagen und Gegenklagen spielen beide amerikanischen Firmen multidimensionales Schach und positionieren ihre Figuren nach Willkür in den Ländern für die jeweils besten strategischen Vorteile.

Doch dieses Mal bekamen wir Endkunden Qualcomms Strategie unmittelbar zu spüren. Apple musste die iPhones 7, 8 und X aus den deutschen Läden nehmen, ausgerechnet im umsatzstarken Weihnachtsgeschäft.

Mancher Beobachter schlug vor, Apple solle den Zulieferer einfach übernehmen, um das Problem zu lösen – und fortan selbst über die Patente verfügen. Allerdings ist Qualcomm mit dem Snapdragon weltweiter Marktführer bei Mobilfunk-Prozessoren in Android-Smartphones. Die kann Apple gar nicht gebrauchen, weil die eigenen A-Chips deutlich schneller sind. Obendrein dürften da die Kartellbehörden ein Veto einlegen.

Patente wurden einst eingeführt, um einen Innovationsanreiz zu schaffen. Erfinder sollten eine gewisse Zeit vom Wettbewerb befreit werden, damit sich ihre Entwicklungen amortisieren können. Apple hat in seinen vierundvierzig Jahren Firmengeschichte viele Patente kommen und gehen sehen, sowohl als Innovator als auch als Lizenznehmer. Doch zunehmend offenbart sich der Fehler im System. Unterlassungsklagen und Verkaufsverbote verkommen zum Hebel, mit dem Wettbewerber absurd hohe Lizenzgebühren erzwingen und eher Stillstand statt Innovation fördern.

Es wird Zeit für ein neues, weltweites Patentrecht, das solche Auswüchse verhindert. Überteuerte Lizenzen und horrende Prozesskosten verteuern langfristig die Produkte und verzerren den Wettbewerb. Vor allen Dingen müssen sich Menschen über Patente Gedanken machen, die viel lieber über Sinnvolleres nachdächten, etwa Richter, Apple-Ingenieure – oder eben Leute, die gerne ein günstiges iPhone hätten.

Immo Junghärtchen

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