Mac & i 4/2021
S. 3
Editorial

Weiterverwenden statt wiederverwerten

Johannes Schuster

Apple engagiert sich sehr für den Umweltschutz und das ist gut so: Der Strom für das Hauptquartier, alle Apple Stores und die iCloud-Rechenzentren kommt aus erneuerbaren Quellen. Auf viele giftige Materialien wird verzichtet und auch die Zulieferer sollen CO2-neutral werden. Recycling-Roboter zerlegen öffentlichkeitswirksam alte iPhones, sodass wertvolle Rohstoffe wiederverwertet werden können.

Auf der anderen Seite bekommt man als Kunde bei Apple keine Ersatzteile. Nicht einmal die Pentalob-Schrauben für die MacBook-Unterschale, die leicht verloren gehen, kann man beim Hersteller kaufen. Auch bei vielen alltäglichen Schäden wie dem Bruch der Glasrückseite des iPhones müssen wir uns in eine offizielle Werkstatt begeben. Den Kreis der zugelassenen Betriebe hat Apple zwar 2020 erweitert, aber diese benötigen stets einen zertifizierten Techniker und dürfen nur einige von Cupertino genehmigte Instandsetzungen mit Original-Ersatzteilen durchführen – was die Teilnahme für kleine Reparaturläden teuer und unattraktiv macht. So konnte sich Apple bisher erfolgreich gegen das „Right to Repair“ wehren.

Man stelle sich vor, ein Autokonzern würde keine Bremsklötze an freie Werkstätten oder seine Kunden verkaufen. Ich wünsche mir sehr, dass Apple seine Produkte nicht länger künstlich gegen das Öffnen und Selbst-Reparieren abschotten darf. Ein Akku muss ersetzt werden können und darf nicht verklebt sein wie in den AirPods, die nach dessen Verschleiß auf den Müll wandern – unglaublich! Aber auch jede Menge iPhones, iPads und MacBooks werden viel zu früh entsorgt, weil Apple kostengünstige oder selbst durchgeführte Reparaturen verhindert und Reparatur-Handbücher wie geheime Verschlusssachen behandelt.

Jetzt kommt hoffentlich Bewegung in die Sache. Im Juli erließ US-Präsident Biden eine Order an die Federal Trade Commission. Sie soll den Herstellern verbieten, freie Werkstätten und Heimwerker an Reparaturen zu hindern. Das ist immerhin ein erster Schritt auf ein Recht auf Reparaturen, wenn auch nur in den USA. Hoffentlich zieht die EU nach. Ein altes Gerät instand zu setzen und weiterzuverwenden, ist doch auch viel ökologischer, als es wiederverwerten zu lassen und ein neues zu kaufen. Lieber Tim Cook, bitte denken Sie bei Apple den Umweltschutz konsequent zu Ende. Am Geld sollte es ja wohl nicht scheitern.

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