Mac & i 6/2022
S. 3
Editorial

Schleichende Unsicherheit

Leonhard Becker
Leonhard Becker

Leonhard Becker

Macs, iPhones, iPads und Apple Watches hält Apple mit Software-Updates lange auf aktuellem Stand. Das ist mehr als lobenswert. Mac-Nutzer haben es besonders gut, immerhin versorgt Apple traditionell neben dem Vorgänger sogar die Vorvorgängerversion von macOS mit Sicherheitsupdates.

Sicherheitsforscher schlagen aber schon länger Alarm: In den älteren Versionen des Betriebssystems werden bekannte Lücken teils erst viel später gestopft oder einfach offengelassen. Dabei handelt es sich leider nicht um Einzelfälle. Nur das allerneueste macOS – aktuell Version 13 Ventura – bekommt sämtliche Patches, wie Apple jetzt erstmals schwarz auf weiß einräumte: In früheren Versionen werden „nicht alle bekannten Sicherheitsprobleme (…) behoben“ (Mac & i berichtete online). Das gilt offensichtlich auch für iOS.

„Abhängigkeiten der Architektur und Systemänderungen“ schiebt der Konzern als vage Begründung vor. Tatsächlich riecht es nach einer Sparmaßnahme, die letztlich auf Kosten der Kunden geht. Besonders ärgerlich finde ich das, weil Apple macOS Ventura für populäre Modelle wie die MacBook Pros von 2015 und 2016 nicht mehr bereitstellt und diese deshalb nicht alle Sicherheits-Patches erhalten. Wenn Nutzer ihren problemlos laufenden Mac durch einen neuen ersetzen müssen, profitiert allein Apple.

Das Unternehmen lässt damit wissentlich Schwachstellen offen und suggeriert durch die Updates zugleich eine Absicherung der älteren Betriebssystemversionen, die gar nicht der Realität entspricht. Anwender wiegt das in trügerischer Sicherheit. Viele, die auf ihren Mac als stabil laufendes Arbeitsgerät vertrauen, warten mit dem Systemupgrade mehrere Wochen, wenn nicht Monate – das geht nur noch mit einem mulmigen Gefühl. Zumal die neuen, schnellen Sicherheitsmaßnahmen nur macOS 13 und iOS 16 (siehe Seite 15) erhalten.

Deshalb ist es höchste Zeit für ein klares Update-Versprechen von Apple. Mindestens die vorausgehende Betriebssystemversion sollte komplett gepatcht werden. Das ist bei Apples saftigen Preisen wohl kaum zu viel verlangt.

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