Make Sonderheft 2018
S. 6
Know-how
Aufmacherbild
Bild: Thomas Saur, TSAMEDIEN

Energie! Ein Crash-Kurs

Es ist gleichermaßen eines der drängenden Themen des 21. Jahrhunderts als auch die Grundfrage für fast jedes Maker-Projekt: Wie versorge ich’s mit Energie - ob es jetzt ein Roboter auf Raspi-Basis, eine Raumstation oder eine Weltwirtschaft ist. Hier werden wir mal grundsätzlich: Wo kommt die Energie her, wo geht sie hin und wie wandelt man sie um, ohne dass zu viel verloren oder schief geht? Wir bringen Licht ins Dunkel.

In der Arzneimittelwerbung ist es ganz einfach: Ein Knopfdruck genügt – und zack! ist Energie bereitgestellt für Körper und Geist. Toll, wenn das in der Technikwelt von uns Makern auch so einfach wäre! Ist es aber nicht – aber warum eigentlich?

Vielleicht können SIe sich noch dunkel erinnern, dass in der Schule Energie definiert wurde als „Kraft oder Fähigkeit, Arbeit zu verrichten“. Das ist eine recht anschauliche Vorstellung, die uns in Verbindung mit der Zeit als Größe erlaubt, sehr viele physikalische, chemische und biologische Phänomene einfach zu beschreiben, zu berechnen und zu verstehen.

Der Begriff Energie ist recht facettenreich, finden wir ihn nicht nur in den Naturwissenschaften, sondern auch angewandt unter psychologischen, theologischen und esoterischen Aspekten, um beispielsweise inneren Antrieb, Aura, Chakra, körperliche Vitalität oder gar göttliches Tun zu beschreiben. Das mag jetzt erst mal in eine seltsame Richtung zu gehen, führt aber zurück auf die Ursprünge der Vorstellung von Energie: Das Wort Energie ist abgeleitet aus dem Altgriechischen und bedeutet „Wirken von innen“. Aristoteles verstand darunter die „Wirkkraft, durch die das Mögliche in Seiendes übergeht“.

In der naturwissenschaftlichen Literatur taucht der Begriff Energie als fundamentale physikalische Größe erstmals um 1800 auf, durch Thomas Young – das ist der Typ, der die Wellennatur des Lichts mittels Interferenzversuchen am Doppelspalt entdeckt hat. 1905 hat dann Superbrain Albert Einstein etwas für Normalos Unbegreifliches erkannt, nämlich dass Energie in Masse umgewandelt werden kann und umgekehrt. Das kann uns einfache Maker aber auch fast egal sein, denn eine Kernspaltung ist nichts für den Hobbykeller.

Energieerhaltung

Uns reicht in der Praxis meist schon jene wichtige Erkenntnis der Wissenschaft, dass die Gesamtenergie eines Systems weder vermehrt noch vermindert werden kann – der bekannte Energieerhaltungssatz, der auf Robert Mayer und James Prescott Joule zurückgeht.

Sicher wissen Sie bereits, dass verschiedene Energieformen eine Umwandlung in andere Energievarianten erfahren können – auch dann gilt jener Satz. Daher sind geläufige Ausdrücke wie „Energiegewinnung“ oder „Energieverlust“ eigentlich physikalisch betrachtet totaler Unsinn: nichts geht verloren, nichts wird gewonnen. Wenn jemand beispielsweise seinem Automotor so viel chemische Energie in Form von Benzin gibt, dass der 2,5 Tonnen schwere SUV mit einem selbst drinnen auf 180 Kilometer/Stunde beschleunigt wird und dann eine Gartenmauer im Wege steht, wird beim Aufprall die gesamte Bewegungsenergie restlos umgesetzt in andere Energien: Scheibenbremsen werden heiß und abradiert, Mauersteine zerbröselt und wegbeschleunigt, lautes Scheppern akustisch abgestrahlt, der Airbag gezündet, mechanische Verformungsenergie wird an Autoblech, Frontglasscheibe sowie am Fahrer sehr hässliche Spuren hinterlassen, Klimaanlagen- und Benzinleitungen werden brechen, elektrische Kurzschlüsse Funken erzeugen, die austretendes Benzin entzünden.

Willkommen beim Crash-Kurs: Natürlich stellt sich da die Frage: Mit welchem Energiebetrag krachte das Autogeschoss gegen die Mauer? Keine Panik, es ist ganz einfach, wenn man sich zuvor klarmacht, wie Energie eigentlich gemessen wird.

Alles ist Joule

Die Einheit der Energie wurde nach dem bereits eben erwähnten James Prescott Joule benannt. Die verschiedensten Energieformen (sieht man mal von der sprirituellen und auch der kriminellen Energie ab) lassen sich über diese physikalische Einheit auf einen Nenner bringen – ob es sich um den Energiegehalt eines Dinkelbrots oder die Bewegungsenergie eines Geschosses handelt, die entscheidet, ob eine Kartoffelkanone unter das Waffengesetz fällt oder nicht.

Die Einheit Joule ist aus den SI-Basiseinheiten (Système International d’Unités) abgeleitet. 1 Joule [J] = 1 Wattsekunde [Ws] = 1 VoltAmpèreSekunde [VAs] = 1 Newtonmeter [Nm] = 1 kg · m²/s².

Um in größeren Dimensionen leichter rechnen zu können, hat man Multiplikationsfaktoren für die Energiemengen (Kilo k, Mega M etc.) und für die Zeit eingeführt (Stunde h, Jahr a). So gilt unter anderem nach der Definition oben: 3,6 Megajoule (MJ) = 1 Kilowattstunde (kWh).

Die Energie ist dabei der gleichzusetzen physikalischen Arbeit. Wagen wir einen Vergleich:

Hätte Eva im gezeigten Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren 1 den (geschätzt) 102 Gramm schweren Apfel vom Boden auf 1,50 Meter hochgehoben, dann hätte sie eine Hubarbeit von 1,5 Joule verrichtet. Der Apfel in 1,50 Meter Höhe hat nun in Bezug auf den Erdboden eine potenzielle Energie von 1,5 Joule, denn die Formel zur Berechnung der potenziellen Energie lautet:

Epot = m · g · h [Nm]

mit h: Höhe in Meter (1,5 m), g: Erdbeschleunigung (9,81 m²/s²) sowie m: Masse des Apfels in Kilogramm (0,102 kg).

Lässt Eva den Apfel fallen, wird er beschleunigt und hat beim Auftreffen am Erdboden eine Bewegungsenergie von 1,5 Joule. Denn Epot ist in den gleichen Betrag Ekin umgewandelt worden (nach dem Energieerhaltungssatz). Die kinetische Energie berechnet sich so:

Ekin = 1/2 · m · v² [kg m²/s²]

mit m: Masse in Kilogramm und v: Geschwindigkeit in Meter pro Sekunde.

Mit dieser Formel kann man auch berechnen, mit welcher Energie das oben erwähnte Autogeschoss in die Mauer gedonnert ist:

m = 2500 kg, v = 180 km/h = 50 m/s, Ekin = 3.125.000 Joule – also 3,125 Megajoule. Natürlich lässt sich auch die Geschwindigkeit berechnen, mit der Apfel aufschlägt: v = 5,42 m/s.

Vielfach findet man besonders auf Lebensmittelverpackungen noch die Einheit Kalorie, dabei gilt: 1 cal = 4,186 Joule. Wenn Sie beispielsweise 100 ml Cherry Cola trinken, nehmen Sie eine Energiemenge von 42 Kilokalorien, also rund 175.000 Joule zu sich. Da müssen Sie schon ganz schön viele Äpfel aufheben, um diese Energiemenge wieder abzuarbeiten! Wer die genaue Zahl im Kopf ausrechnet, kann sich einige Äpfel sparen, denn Denken verbraucht auch eine Menge Energie. Dieser Gedanke gibt auch schon einen Hinweis darauf, wie die scheinbare Diskrepanz zustande kommt, rechnet man spaßeshalber die Aufprallenergie des SUV in Cherry Cola um – und kommt nur auf rund 1,8 Liter! man muss wissen, dass in chemischen Stoffen unglaubliche Energiemengen versteckt sein können und dass der menschliche Körper den hohen Energiebedarf von rund 12.000 kJ täglich hat (Grundumsatz plus Aktivitäten): Einfach nur dafür, seine Temperatur, die Muskelaktivitäten, den Kreislauf und den Stoffwechsel aufrecht zu erhalten – und zu denken! Für alles zusammen ist eine Leistung von rund 140 Watt nötig – so viel, wie Ihr Flachbildschirmfernseher aufnimmt. Apropros Leistung: Die ist nicht mit der Energie zu verwechseln, sondern Leistung ist die in einer bestimmten Zeit verrichtete Arbeit. Leistung ist Energie geteilt durch die Zeit und hat die nach James Watt benannte Einheit Watt. In Ihrer Stromrechnung bezahlen Sie nicht die Leistung Ihrer Geräte in Kilowatt, sondern die damit in einer bestimmten Zeit geleistete Arbeit, etwa in Kilowattstunden [kWh].

Im Folgenden wollen wir ein wenig Hintergrundwissen rund um die Energie vermitteln, aber vor allem auch praktische oder zumindest inspirierende Anregungen für Sie als Maker geben. Doch zuvor gehen wir der Frage auf den Grund, wo die Energie auf der Erde eigentlich herkommt.

Die Sonne als wichtigste Energiequelle

Ohne Sonnenenergie läuft bei uns gar nichts. Dieser simple Satz ist ebenso banal wie richtig. Keine Sonne, keine Energie, kein Leben. Wir sind uns im Alltag nur meist gar nicht bewusst, was wir alles der Sonne zu verdanken haben.

Ohne Sonne gibt es kein Wetter, keine Klimazonen. Im Prinzip ist alles ganz einfach: Das Land kann die Wärmestrahlung viel besser aufnehmen als die See und erwärmt die darüberliegende Luft. Diese hat eine geringere Dichte (Tiefdruckgebiet), steigt auf und kann Wasserdampf viel besser aufnehmen als kalte Luft.

In der Höhe kühlt sich das Ganze ab, der Wasserdampf kondensiert, bildet Wolken und es regnet. Die abgekühlte trockene Luft ist dichter und sinkt ab. Das geht aber nicht an gleicher Stelle, da neue warme Luft von unten nachdrängt. Also fließt sie irgendwo seitlich in die Tiefe, erwärmt sich dabei und wird noch trockener (Hochdruckgebiet mit viel Sonnenschein).

Der gesamte Vorgang kann in den Tropen sehr heftig ausfallen, sodass nicht nur tägliche starke Gewitter durch Ladungstrennung der aneinander vorbeirasenden Luftmoleküle entstehen können. Bei sehr großflächigen Ereignissen über warmen Pazifik- und Atlantik-Gewässern können unter dem Einfluss des Coriolis-Effekts Drehbewegungen einsetzen, die sich zu riesigen Wirbelstürmen ausweiten – sie drehen sich auf der Nordhalbkugel deshalb meist gegen und auf der Südhalbkugel im Uhrzeigersinn. Je nach Region heißen sie Taifun, Hurrikan, Zyklon oder Tornado 2.

Wie stabil und energiereich solche Luftwirbel sein können, können Sie selbst ausprobieren. Nehmen Sie einen 10-Liter-Plastikeimer und schmelzen Sie mit einem Lötkolben ein rundes Loch von circa 10 cm Durchmesser in den Boden. Dann spannen Sie eine kräftige Plastikfolie oder -tüte über die Eimeröffnung und kleben mit Panzertape die Folie wie ein Trommelfell fest. In 3 bis 4 Meter Entfernung stellen Sie eine brennende Kerze auf, richten das Eimerloch in Richtung Kerze aus und schlagen mit der flachen Hand kurz auf das Trommelfell. Siehe da – die Kerzenflamme wird ausgeschossen! Ein stabiler Ringwirbel ist entstanden, der genügend Energie hat, die Flamme auszublasen. Wie man solche Wirbel mit einer elektrischen Zahnbürste und einem Laser sichtbar macht, stand übrigens in Make 3/14 ab Seite 78 3.

Windkraft

Die Sonnenwärme ist die treibende Kraft hinter den weltweiten Winden, die sich grob gesehen in sechs großen Hoch/Tiefdruckbereichen (Zellen) bewegen, die von der polaren Zirkulation bis zur äquatorialenTiefdruckrinne reichen 4. Jahreszeitliche Verschiebungen, das Auftreten von Verwirbelungen inklusive des Einflusses des Coriolis-Effekts gestalten die Windsysteme sehr dynamisch.

Die Coriolis-Kraft ist eigentlich eine Scheinkraft. Der Effekt entsteht dadurch, dass sich die Erde unter den Luftmassen am Äquator viel schneller weiterdreht als in polaren Zonen. Wegen des rotierenden Bezugssystems scheinen die Luftmassen oberhalb und unterhalb des Äquators nicht gerade zum Äquator zurückzufließen, sondern schräg: So entsteht der Nordost- und Südostpassat. Diese Winde hat der Mensch zu nutzen verstanden, um auf primitivsten Segelbooten aus Schilfrohren oder Holz die Welt zu erobern. Aber auch die Kräfte von Winden an Land konnten findige Handwerker in den Griff bekommen, um beispielsweise Getreide zu mahlen oder Wasser aus der Tiefe hochzuschöpfen.

Wasserkraft

Die letztlich durch die Sonnenenergie verdunsteten und in der Luft transportierten Wassermassen sind gigantisch. Als Schnee, Regen oder Tau kommen sie wieder herunter und speisen die Quellen unserer Flüsse hoch oben in den Gebirgen in den Gletscherregionen. Das Energiepotenzial ergibt sich aus der Höhendifferenz auf dem Weg zum Meer. Die Erdanziehung sorgt dafür, dass die potenzielle Lageenergie des Wassers auf dem Weg nach unten umgesetzt wird in kinetische Energie des sich bewegenden Wassers. Allein in Köln fließt jeden Tag im Rhein bei 4 Meter Wasserstand die unvorstellbare Zahl von 230 Milliarden Liter Wasser vorbei.

Bilder: Wikipedia, Softeis, CC BY-SA 3.0
Bilder: Wikipedia, Voith Siemens Hydro Power, CC BY-SA 3.0

Um die darin enthaltenen Kräfte zu nutzen, sind in der Menschheitsgeschichte Wasserräder in verschiedensten Varianten entwickelt worden. In Griechenland im 4./3. Jahrhundert v. Chr. erfunden, dienten Wasserräder anfänglich wohl nur zum Schöpfen von Wasser; später dann, um über mechanische Kraftübertragung Öl- oder Getreidemühlen, Hammerschmieden oder Sägewerke anzutreiben. Zweck der heutigen Wasserkraftanlagen ist es einzig und allein, möglichst effizient Strom zu erzeugen. Die verschiedenen Turbinen-Typen sind entsprechend der örtlichen Verhältnisse eingesetzt – so findet man etwa im Walchensee-Kraftwerk mit seinen 200 Metern Fallhöhe 5 und der hohen Wassergeschwindigkeit vier Francis-Turbinen und zwei Pelton-Turbinen 6.

Die größten Flusskraftwerke (auch Laufwasserkraftwerke genannt) liegen in Deutschland an Rhein (etwa in Iffezheim) Mosel, Donau, Iller, Lech, Isar und Inn. Alle deutschen Laufwasserkraftwerke erbringen zusammen eine Leistung von etwa 2,6 GW (1 GW = 109 W). Dies entspricht knapp der Leistung von vier großen Kohlekraftwerken (je 0,7 GW).

Weltweit haben die Kämpfe um Wasser als das wichtigste Lebensmittel sowie als Wasserkraft und Machtdruckmittel längst begonnen. Den Euphrat beherrscht die Türkei mit 21 Staustufen, der Blaue Nil ist Konfliktstoff Nr. 1 zwischen Sudan und Äthiopien, des Jordans Quellgebiete, die Golanhöhen, sind von Israelis besetzt, China denkt über die Umleitung des Brahmaputra nach, Meerwasserentsalzungsanlagen über Umkehrosmose werden nicht nur im arabischen Raum im großen Stil vorangetrieben.

Erosion

Bilder: ikmerc/Shutterstock.com

Das Wasser, das die Sonne hochgeschafft hat, kann auf dem Weg nach unten besonders in den Gebirgsregionen enorme zerstörerische Kräfte entwickeln. Dies haben die Schlammlawinen und Murenabgänge der letzten Zeit gezeigt. Ganze Gebirge sind im Laufe der Jahrmillionen partiell abgetragen, eingesägt oder ausgehöhlt worden – und machen den landschaftlichen Reiz etwa der wunderschönen Alpenregionen der Dolomiten 7, des Elb-Tales und des Grand Canyon aus. Leider lässt die Verschiebung der Permafrostgrenze in allen Hochgebirgen vermuten, dass die Erosion mit katastrophalen Folgen für die dort lebenden Menschen stark zunehmen wird. Nutzen lässt sich die Erosionsenergie zudem auch praktisch gar nicht.

Meeresströmungen

Genauso wie die Sonnenaktivität für die Luftströmungen verantwortlich ist, ist sie es auch für die großen Meeresströmungen. An der Oberfläche erwärmtes Wasser fließt wie auf schleifenartigen Transportbändern, transportiert Wärme bis in polare Regionen, kühlt dabei ab, sinkt in die Tiefe und fließt am Meeresboden zurück. Nordeuropa profitiert so zum Beispiel vom warmen Strom aus dem Golf von Mexiko.

Fotosynthese

Bilder: Quick Shot/Shutterstock.com

Die Aktivität der Sonne hat auf der Erde etwas hinterlassen, das andere Lebewesen vor dem Homo sapiens nicht zu nutzen verstanden: Wertvolle energiereiche Bodenschätze hat der Mensch auf und im Inneren der Erde gefunden, die durch die Fotosynthese im Laufe von Hunderten Millionen Jahren Evolution gebildet wurden 8.

Chemisch gesehen ist der Fotosyntheseprozess genial einfach und dennoch bis heute nicht synthetisch im Labor nachzuvollziehen 9. Stark vereinfacht werden in den Chlorophyll-haltigen grünen Blättern aus Wasser und Kohlendioxid-Gas mit Hilfe des Sonnenlichts energiereicher Zucker und Sauerstoff-Gas gebildet. Dabei wird nicht CO2 in Sauerstoff umgewandelt, sondern der freigesetzte Sauerstoff stammt ausschließlich aus dem Wasser.

12 H2O + 6 CO2 + Lichtenergie

C6H12O6 + 6 O2 + 6 H2O

Energieaufwand:

2880 kJ für 180 g Zucker

Dieser Zucker ist die stoffliche und energetische Grundlage für alle weiteren Stoffwechselvorgänge wie dem Aufbau von Fetten und Eiweißen. Über die Nahrungskette liefert die Fotosynthese und damit letztlich auch wieder die Sonne somit die Energie nicht nur für die biologischen Alternativ-Energie-Umwandlungsverfahren, wie wir sie ab Seite 38 beschreiben, sondern auch für die menschliche Muskelkraft, die unser tragbarer Pedal-Generator ab Seite 24 anzapft.

Fossile Brennstoffe

In der Natur war diese Chemie im Meer und an Land so erfolgreich, dass riesige Vegetationen entstanden – so viel konnte gar nicht von Tieren gefressen werden. Im Laufe der massiven Umwälzungen der Erdgeschichte wurden daraus unter Sedimenten unsere fossilen Brennstoffe, wobei Erdgas und Erdöl aus Mikroalgen (Phytoplankton) entstanden, die Kohle aus tropischen Wäldern riesiger Farne und Schachtelhalme. Denn vor 300 Millionen Jahren befand sich das heutige Ruhrgebiet am Äquator. Äquator? Richtig – es gab ja seitdem die Kontinentalverschiebung!

Das Wort fossil (von lat. fossilis „[aus]gegraben“) wurde übrigens schon von Agricola eingeführt. Der als Mineraloge bekannte Georgius Agricola (1494–1555) veröffentlichte 1546 sein Werk „De natura fossilium“. Dort werden Stoffe Fossilien genannt, die in geologischer Vorzeit aus Abbauprodukten toter Pflanzen und Tiere entstanden sind.

Die unterschiedlichen fossilen Energieträger sind verschieden alt:

 Erdgas und Erdöl: 100 Millionen bis eine Milliarde Jahre

 Methanhydrat: bis eine Milliarde Jahre

 Steinkohle: 100 Millionen bis 500 Millionen Jahre

 Braunkohle: 10 Millionen bis 100 Millionen Jahre

 Torf: einige tausend Jahre

Der Mensch hat es tatsächlich innerhalb der letzten 200 Jahre geschafft, diese Schätze an nicht erneuerbaren Energiequellen so brutal auszubeuten, dass bei den meisten fossilen Rohstoffen das Ende der Vorräte abzusehen ist – abgesehen von Methanhydrat.

Für die chemische und pharmazeutische Industrie ist Erdöl nach wie vor ein unwiederbringlicher Rohstoff für Kunststoffe und Arzneimittel. Verblüffend: Der Anteil dieses Einsatzzwecks am Gesamtverbrauch beträgt aktuell lediglich 7,5 Prozent! Der Rest wird durch den Schornstein oder Auspuff gejagt. Traurig, aber wahr.

Energiequellen jenseits der Sonne

Einen sehr kleinen Teil der auf der Erde nachhaltig nutzbaren Wasserkraft stellt die Gravitation bereit. Sie bestimmt die Drehung des Mondes um die Erde und damit die Gezeiten der Weltmeere, sorgt somit für Ebbe und Flut je nach Stellung des Mondes – und ja, auch die Sonne spielt da wieder mit, aber diesmal ausnahmsweise nicht durch ihre Strahlungsenergie, sondern schlicht durch ihre Masse.

Die dabei bewegten Wassermassen kann man für Wasserkraftwerke nutzen – besonders dort, wo der Tidenhub sehr groß ist, etwa im französischen Saint Malo. Dort wurde bereits 1960 das Kraftwerk La Rance mit einer Leistung von 240 Megawatt errichtet.

Bilder: Wikipedia, Fundy, CC BY-SA 3.0

Man muss das Wasser nicht erst bei Flut aufstauen, um dann bei Ebbe die potenzielle Energie dieser Wassersäule zu nutzen. Man kann die Meeresströmungen an geeigneten Orten auch direkt mit Unterwasserrotoren nutzen – so wie das Kraftwerk SeaGen bei Strangford in Nordirland (das Bild 0 zeigt einen Prototypen, hier ist der Rotor zur Wartung aus dem Wasser gezogen). Es wurde aber nach mehreren Defekten 2016 abgebaut. Insgesamt leisten Gezeitenkraftwerke bisher nur einen sehr kleinen Beitrag zu unserer Energieversorgung.

Tiefe Geothermie

Die theoretisch nutzbaren Energievorräte der Erde selbst beruhen zum großen Teil auf Kernenergie – ja, das ist kein Druckfehler! Denn diese Energie schlummert in der Erdwärme und man kann sich das Erdinnere als riesigen zähflüssigen Kernspaltungsreaktor vorstellen, der permanent eine Temperatur von 6000–7000 Kelvin aufrecht erhält. Das sorgt auch in den äußeren festen Erdschichten für Wärme – schön für geothermische Nutzung.

Vulkanismus lässt uns ab und zu erahnen, welch gewaltigen Kräfte im Feuerball unter der dünnen zerbrechlichen Haut der Kontinente wirken und jederzeit unsere Zivilisation massiv bedrohen können: Ausbrüche mit Katastrophen wie in Pompeji oder am Krakatau können jederzeit wieder stattfinden. In den angenehmen warmen Thermen Islands oder Ischias mag man sich kaum daran erinnern, dass es tief unter uns gefährlich brodelt und kocht – besonders in den Hotspot-Bruchzonen.

Schon die alten Römer, Osmanen und Chinesen verstanden es, thermale Quellen badetechnisch zu nutzen. Heute haben besonders Island, Schweden, China und einige afrikanische Staaten am ostafrikanischen Grabenbruch die direkte Nutzung der Erdwärme aus der Tiefe für Fernwärme und indirekt zur Stromerzeugung ! konsequent ausgebaut, wobei Vorreiter Island inzwischen 53 Prozent seines Gesamtverbrauchs an Energie geothermisch gewinnt. 2005 waren zur direkten Nutzung von Geothermie weltweit Anlagen mit einer Leistung von 27.842 MW installiert. Zur Stromerzeugung wurde die Geothermie zum ersten Mal in Larderello in der Toskana eingesetzt. 1913 wurde dort ein Kraftwerk erbaut mit wasserdampfbetriebenen Turbinen von 220 kW elektrischer Leistung – bis heute ist die Ausbeute dort auf 750 MW elektrische Leistung angewachsen. Unter der Toskana befindet sich das heiße Magma relativ dicht an der Oberfläche. Damit ist hydrothermaler Heißdampf mit Temperaturen über 150 °C zugänglich, der direkt zum Antrieb einer Turbine genutzt werden kann. In Deutschland kommen solch heiße Wärmereservoire jedoch nicht vor.

Kernspaltung

Während die Wärme im Inneren der Erde nahezu nachhaltig nutzbar wäre, sind die Kernspaltungsbrennstoffe in Erdoberflächennnähe, die sich in Atomkraftwerken nutzen lassen, eine nicht erneuerbare Quelle – und eine umstrittene dazu. In Deutschland wurden 2011 acht Reaktoren vom Netz genommen und heruntergefahren. Aktuell sind noch sieben AKWs zur Stromerzeugung mit einer Leistung von rund 10 Gigawatt in Betrieb. Es sind die fünf Druckwasserreaktoren Philippsburg, Neckarwestheim, Grohnde, Isar-Ohu und Emsland sowie die zwei Siedewasserreaktoren Gundremmingen und Brokdorf. Das letzte AKW soll im Jahr 2022 abgeschaltet werden. Der Rückbau wird noch Jahrzehnte dauern – und die Endlagerung des radioaktiven Materials ist nach wie vor ungeklärt.

Deutschlands Weg mit dem stufenweisen Komplettausstieg aus der Kernspaltung nach der Katastrophe von Fukoshima im Jahr 2011 hat in der Welt keine Nachahmer gefunden. Im Gegenteil – im Jahr 2016 kamen 9 Gigawatt an neu installierter AKW-Leistung hinzu, der stärkste Ausbau seit 25 Jahren. Allein in China gingen sechs neue AKWs ans Netz. In Asien sind derzeit 128 Reaktoren in Betrieb und 39 weitere im Bau.

Bilder: Wikipedia, MikeRun, CC BY-SA 4.0

Die radiochemischen Reaktionen in den Kernbrennstäben der beiden Reaktortypen sind gleich, die Druckwasserreaktoren haben einen Wärmeaustauschkreislauf mehr – vielleicht ein relevanter Sicherheitsaspekt. Die eigentlichen Kernkettenreaktionen starten durch Beschuss eines Uran235-Kerns mit langsamen Neutronen. Dies führt zur Spaltung in zwei ungleiche Bruchstücke (etwa Barium142 und Krypton91) unter Freisetzung von zwei oder drei schnellen Neutronen, von Gammastrahlung und rund 200 MeV Energie in Form von Wärme ".

Die schnellen Neutronen können aber keine weitere Reaktion beim Crash mit einem Uran235-Kern auslösen, sie müssen erst abgebremst werden. Dieser Umstand ermöglicht es, den Ablauf zu steuern, denn sonst würden unkontrollierte Kettenreaktionen einsetzen wie bei einer Atombombe oder wie in Tschernobyl. Bedauerlicherweise entstehen neue langlebige oder intensiv strahlende Isotope wie Polonium210, dem Supergift der Geheimdienste. Ein Teil des Uran238 wird umgewandelt in Plutonium239, hochgiftig, radioaktiv und für Atombomben geeignet, wie es die Bombe auf Nagasaki grauenvoll bewies.

Die aktuell weltweit vorhandene Uranmenge ist mit 11,6 Megatonnen zwar recht umfangreich, aber endlich. Hingegen sollen die Thoriumvorräte ungefähr drei Mal so groß sein. Physikalisch sind Thorium-AKWs machbar – in Deutschland gab es mehrere Versuchsreaktoren, um Thorium als Brutmaterial einzusetzen, damit aus Th232 neues spaltbares Material U233 wird. Am bekanntesten ist der mit dem Edelgas Helium gekühlte Hochtemperaturreaktor THTR-300 in Hamm-Uentrop. Das war ein sogenannter Kugelhaufenreaktor, der ein Konzept zur Sicherheit des Brennmaterials in Grafitkugeln verfolgte.

In China, Japan und USA wird in der letzten Zeit an sogenannten Flüssigsalzreaktoren (MSR = Molten Salt Reactor) gearbeitet, um Thorium nutzen zu können. Die geschmolzenen Salze wie Thoriumfluorid dienen dabei auch als Kühlmittel.

Chemische Energie

Die Kernbrennstoffe auf der Erde stammen letztendlich aus Kernfusionsprozessen auf längst ausgebrannten Sternen irgendwo im Universum – so wie alle (schwereren) chemischen Elemente in der Erdkruste. Im Gegensatz dazu ist in allen fotosynthetisch aufgebauten organischen Stoffen letztlich Sonnenenergie chemisch gespeichert, die aber auch wieder gezielt freigesetzt werden kann. Das macht man sich in kontrollierter Form zu Nutze, etwa in Verbrennungsmotoren, oder auch in Raketentriebwerken, aus denen große Mengen heißer Gase ausgestoßen werden, die sich nach dem Rückstoßprinzip in kinetische Energie für die Rakete umwandeln. Dieses Thema wird in einer der kommenden Make-Ausgaben noch ausführlicher behandelt.

Bilder: Kondratuk Aleksei/Shutterstock.com

Chemische Energie macht sich erst bemerkbar, wenn sie umgewandelt wird – etwa bei der Biolumineszenz, die besonders unter Meeresbewohnern wie Anglerfischen, Quallen %, Kalmaren und Plankton verbreitet ist, vor allem in der dunklen Tiefsee. Aber auch viele Insekten wie die Glühwürmchen können Licht erzeugen – in ihren Werbewochen mit klarem Ziel. Dann reagiert der Stoff Luciferin unter Anwesenheit des Katalysator-Enzyms Luciferase mit Adenosintriphosphat (ATP) und Sauerstoff. Die dabei freigesetzte Energie wird in Form von Licht und als Wärme abgegeben.

Energie umwandeln

Ohne nutzbare Energie läuft nichts – kein PC-Freak, Holzwurm oder Blechkosmetiker kriegt etwas gebacken ohne passende Energieversorgung, die oft erst über Umwege (sprich: Umwandlungen) erreicht und gezielt gespeichert werden muss, wenn beispielsweise im Auto der Strom der Lichtmaschine nicht für einen satten Bass ausreicht. Aber auch die Dosierung muss passen, ansonsten funktioniert etwa ein elektronisches Bauteil wie eine weiße LED noch nicht mangels geeigneter Spannung – oder ist schon längst im elektronischen Nirvana wegen zu hoher Ströme. Selbst Leute mit dem „Grünen Daumen“ müssen sorgfältig dafür sorgen, dass ihre grünen Lieblinge nicht dank übermäßiger Sonnenenergie und damit verbundener zu hoher Verdunstung braun abschlaffen und den Geist aufgeben – kein Einzelfall im Sommer 2018.

Aus den zuvor beschriebenen Primärenergieträgern lässt sich die Energie in andere, sekundäre Formen umwandeln, etwa in elektrische Energie. Die ist zwar eigentlich für die meisten Maker-Projekte die bevorzugte Form, tritt aber nirgends auf der Welt primär auf. Nein, auch nicht in Form von Blitzen, denn die entstehen wie alle Wetterphänomene durch Sonnenenergie als primäre Form, die Verdunstung, Aufwinde, mechanische Ladungstrennung und schließlich die elektrische Entladung nach sich zieht.

Wirkungsgrad

Keine Energieumwandlung gelingt vollständig, meist treten Nebenwirkungen in Form oft störender Energieformen wie Wärme auf. Oder anders gesagt: Es gibt keinen hundertprozentigen Wirkungsgrad. Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis zwischen reingesteckter und herausgekommener nutzbarer Energie und wird mit dem griechischen Buchstaben Eta (h) bezeichnet.

Den exakten Wirkungsgrad anzugeben ist oft problematisch, wie beispielsweise bei Lichtquellen, da hier die Definition der abgegebenen Strahlungsleistung wellenlängenbezogen ist. So hat eine warmweiße LED einen geringeren Lichtstrom in Lumen als eine kaltweiße LED bei gleicher elektrischer Leistung.

Am Beispiel der Peltier-Leselampe in Make 5/17 wird das alles gut erkennbar. Fakt ist, dass die Lampe mit der weißen LED ein viel helleres Licht liefert als das Teelicht als Energiequelle. Warum? Beim Teelicht werden nur circa 1–2 Prozent der gesamten im Wachs chemisch gespeicherten Energie in gelb/rotes Licht umgesetzt, der Rest in Wärme. Diese 98 Prozent nutzt das Peltier-Element, um mit dem Seebeck-Effekt elektrischen Strom zu generieren – bei ebenfalls einem bescheidenen Wirkungsgrad von etwa 20–30 Prozent. Eine sehr effiziente weiße LED hat eine Lichtausbeute von höchstens 40–50 Prozent, der Rest wird wiederum als Wärme vom LED-Kristall abgeführt.

Dennoch kommt man mit dem Peltier-Element und der LED insgesamt zu einem besseren Wirkungsgrad – sprich Lichtausbeute – als beim Teelicht. Hinzu kommt, dass die weiße LED viel mehr blaues Licht abstrahlt als das Teelicht, was uns Menschen einen viel helleren Eindruck vermittelt, da das menschliche Auge im blau/grünen Bereich viel empfindlicher ist als im gelb/roten.

Emissionsfrei bergan

Bilder: Andreas Sutter/eMining AG

Ein Musterbeispiel für Umwandlung verschiedener Energieformen liefert ein Muldenkipper der Superlative in der Schweiz. In einem Steinbruch in Péry im Berner Jura ist das größte, schwerste und stärkste akkumulatorbetriebene Elektroauto der Welt im Einsatz &. Sein Lithium-Ionen-Akku wiegt ganze 4,5 Tonnen. Hammer!

Der riesige Muldenkipper namens Lynx transportiert aus einer hochgelegenen Abbaustelle Kalk- und Mergelgestein ins Tal. Wenn er mit 65 Tonnen Gestein voll beladen ist, wiegt er satte 123 Tonnen. Fährt er ins Tal, so treibt ihn die potenzielle Energie beschleunigend den Berg hinab und wird in kinetische Energie der riesigen Masse umgewandelt. Zum Bremsen des Monstrums laufen keine Scheibenbremsen heiß, sondern der kräftige Synchronmotor wird als Generator eingesetzt. Dabei wird so viel elektrische Energie erzeugt, dass Lynx unten angelangt einen voll geladenen Akku hat. Damit kann der leere und leichtere eDumper wieder hinauf zur Grube fahren und auf der Bergfahrt die gespeicherte elektrische Energie wieder umsetzen in kinetische und potenzielle Energie hoch droben auf dem Berg. Alles ist völlig emissionsfrei!

Der schwere Akku-Block besitzt eine Arbeitskapazität von 600 Kilowattstunden. Der Elektromotor hat die gewaltige Leistung von 980 Kilowatt, das Drehmoment liegt bei 9500 Newtonmeter – zum Vergleich: Große LKWs kommen auf 2700 Newtonmeter. Lynx wird jährlich mindestens 300 000 Tonnen Steine befördern. Dabei wird er über einen Zeitraum von zehn Jahren 500 000 Liter Diesel und 1300 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen einsparen im Vergleich zu dem baugleichen dieselbetriebenen Muldenkipper HD 605-7 der Firma Komatsu. Und wer hat’s erfunden? Natürlich die Schweizer!

Der Stromgenerator

Spulen wir mal etliche Jahrzehnte zurück. Die Erfindung der Dampfmaschine als Kraftwerk brachte in Werkstätten zwei große Vorteile: die Unabhängigkeit von der damals vorherrschenden, aber schwankenden Wind- oder Wasserkraft, sowie die freiere Standortwahl. Bei der Weiterverteilung der mechanischen Energie vom Schwungrad der Dampfmaschine war man aber weiterhin auf ziemlich starre Systeme wie Transmissionen mit Treibriemen und Wellen angewiesen, wie es mein altes Dampfmaschinen-Modell zeigt /. Das änderte sich mit der Erfindung des stromerzeugenden Generators (Dynamo) und des Elektromotors, denn Stromenergie lässt sich viel einfacher an Verbraucher verteilen als Energie mit Mechanik.

Elektromagnetische Induktion

1831 formulierte Michael Faraday das elektromagnetische Induktionsgesetz und baute dabei auf wichtigen Erkenntnissen und Versuchen von Hans-Christian Oersted und André Ampère auf:

 Auf einen stromdurchflossenen elektrischen Leiter wird in einem Magnetfeld eine Kraft ausgeübt, die ihn in eine bestimmte Richtung bewegt.

 Bewegt man einen elektrischen Leiter in einem Magnetfeld, so wird in dem Leiter eine elektrische Spannung induziert.

Dies war die Grundlage der klassischen Elektrotechnik für Generatoren, Transformatoren und Motoren.

Prinzip des Elektromotors (

Das Anlegen einer äußeren Spannung bewirkt, dass sich die frei beweglichen negativ geladenen Elektronen vom Minuspol zum Pluspol bewegen (schwarze Pfeile und Punkte). Sie bewegen sich durch das Leiterstück im Magnetfeld (gelb). Dort entsteht die Lorentzkraft an jedem einzelnen Elektron – für deren Erklärung braucht man allerdings die Spezielle Relativitätstheorie, die hier deutlich zu weit führen würde. Wichtig ist hier: Die Summe der Teilkräfte aller Elektronen im betreffenden Leiterabschnitt ist als große Krafteinwirkung auf den Leiter messbar, denn die Elektronen können dem Metallgitter des Leiterstabes nicht entweichen und bewegen statt dessen den gesamten Leiter aus dem Hufeisenmagneten heraus. Wie aus diesem Prinzip ein solarbetriebener Motor wird, lesen Sie ab Seite 52.

Prinzip des Dynamos (Generator) )

Was aber passiert, wenn statt dessen mit Hilfe einer äußeren Krafteinwirkung ein stromloser Leiter aus dem Hufeisen-Magnetfeld herausgezogen wird? Die Elektronen erfahren eine Lorentzkraft, die sie im Beispiel im Bild in die Papierebene hineintreibt. Da die Elektronen negativ geladen sind, entsteht an diesem Ende der Minuspol. Auf der anderen Seite des Leiters fehlen diese Elektronen. Dort herrscht also Elektronenmangel, also bildet sich dort der Pluspol. Durch die Bewegung des Leiters durch das Magnetfeld werden also Ladungen getrennt, sodass an den Enden des Leiters eine elektrische Feldspannung induziert wird. Ruht der Leiter, erfolgt keine Änderung des Magnetfelds, dann entsteht auch keine Induktionsspannung.

Je stärker das Magnetfeld, je mehr Windungen der Leiter hat, je schneller die Bewegung des Leiters erfolgt, desto höher ist die induzierte Spannung. Ein vorhandenes konstantes magnetisches Feld alleine erzeugt noch keine Spannung. Grundsätzlich entsteht die Induktionsspannung nur durch eine zeitliche Änderung des magnetischen Flusses, wobei es egal ist, ob der Magnet oder der Leiter (Spule) bewegt wird.

Dabei ist die Polarität der Induktionsspannung stets so gerichtet, dass der hervorgerufene Induktionsstrom der Ursache des Induktionsvorgangs entgegenwirken kann. Dies hat Heinrich Lenz 1834 als wichtige Regel formuliert, denn durch Induktion entstandene Ströme, Felder und Kräfte müssen der Ursache ihrer Entstehung entgegenwirken und sich nicht gegenseitig aufschaukeln, sonst gäbe es vielleicht doch ein Perpetuum mobile – und das kann wegen des Energieerhaltungssatzes gar nicht sein (siehe auch Seite 112).

In meinem Fundus gibt es ein uraltes Siemens-Telefon mit Kurbel zur Energieversorgung über einen Generator =. Nimmt man es auseinander, sieht man eine drehbare Spule mit zwei Wicklungen um einen Doppel-T-Anker, der in einem permanenten Magnetfeld steckt. Dreht man die Spule, ändert also den Magnetfluss, so stellt man fest, dass an den beiden Kollektorringen für die beiden Wicklungen eine Wechselspannung zu messen ist, denn beim Rotieren der Wicklungen ändert sich die Lorentzkraft ständig.

Aus diesem Wechselspannungsgenerator könnte man einen Motor machen, indem man einfach von außen eine Wechselspannung anlegt. Doch was passiert, wenn nur eine Gleichspannung zur Verfügung steht? Legt man die an, blockieren sich die Induktionseffekte gegenseitig.

Die Lösung für dieses Problem war die Erfindung des Polwendemotors durch Moritz von Jakobi im Jahr 1834. Der sogenannte Kommutator aus Kupferplatten (gelbe Ringe im Bild) sorgt dafür, dass sich die Polung der Wicklungsanschlüsse ändert, wenn sich die Richtung der Induktionsspannung ändert q. Bürsten aus Grafit (auch als „Kohlen“ bezeichnet im Bild blau und rot)) nehmen den Strom ab. Eine solche Maschine ist sowohl als Gleichspannungs-Motor wie auch als Gleichspannungs-Generator verwendbar.

Induktion

Neben der Lenzschen Regel findet auch das Faradaysche Induktionsgesetz bei sehr vielen elektrischen Geräten Anwendung, wenn elektrische Energie umgesetzt wird in andere Energieformen wie mechanische Bewegung, Magnetfelder oder Hochfrequenz. Angefangen von ganz normalen Elektromotoren und Transformatoren, den Wirbelstrombremsen der ICEs, den Induktionsschleifen bei Ampelsteuerungen, der RFID-Tags beim Ski-Pass oder zur Sicherung von Waren in Kaufhäusern sowie in PC-Festplatten – wir könnten eine lange Liste aufstellen. Stattdessen im Folgenden ein paar herausgepickte Beispiele für den kreativen Umgang mit Induktion.

Drahtlos laden

Nikola Tesla träumte seinerzeit von einer kabellosen Energieversorgung aller Menschen mittels Übertragung durch Hochfrequenzfelder (siehe Make 2/14). Aber sein Großprojekt Wardenclyffe-Tower funktionierte nicht so richtig w. Denn die Intensität von rundum ausgesandter hochfrequenter Strahlung nimmt mit der Entfernung nicht linear, sondern quadratisch ab. Daher sollten Sender- und Empfängerspule einander so nahe wie möglich sein. Und genau das wird beim sogenannten kabellosen Laden von SmartPhones, elektrischen Zahnbürsten und vielen anderen Geräten heute gemacht. Nun, ohne Kabel in den Spulen geht es wohl kaum. Und wer hat’s erfunden? Nein, nicht die Schweizer – Nikola Tesla!

Induktionskochfeld

Wie der Name schon vermuten lässt, funktionieren Induktionskochfelder ebenfalls über Induktion, aber es soll ja Wärme erzeugt werden. Eine große Spule in der Herdplatte ist Teil eines Resonanzkreises, der ein hochfrequentes Magnetfeld erzeugt unterhalb der Frequenz von 77,5 kHz der Zeitzeichensender für Funkuhren. Dieses Magnetfeld induziert im Boden des Kochtopfes massive Wirbelströme und Ummagnetisierungen, was rasch zu Wärme führt, wobei die Glasplatte des Herdes nicht erhitzt wird. Der Topfboden muss für einen guten Wirkungsgrad ferromagnetisch sein.

In Make 1/18 wurde ein solches Induktionskochfeld zum Disk Launcher umfunktioniert – ein für Bastler interessantes Elektrokatapult, ähnlich dem vielleicht aus der Schule bekannten Thomsonschen Ringversuch. Die schlagartige Entladung einer Kondensatorbank über eine Spule führt zu einer kräftigen Magnetflussänderung, die wiederum in einer darauf gelegten Festplattenscheibe starke Ringströme induziert und ein Magnetfeld aufbaut, das dem verursachenden Feld in der Spule entgegengerichtet ist. Die abstoßenden Kräfte schießen die Scheibe meterhoch in die Luft.

Gefährliche Selbstinduktion

Auch in einzelnen Spulen etwa in Relais kommt es zu Induktionseffekten. Denn ändert sich der durch eine Spule fließende Strom beim Ein- und Ausschalten, so bewirkt dies eine Änderung des magnetischen Flusses durch die „eigene“ Spule. Der Strom steigt beim Einschalten langsam an, da das entstehende Magnetfeld nach Lenz seiner Ursache entgegenwirkt (Drosselwirkung).

Bei abrupter Abschaltung des Stromes geht gespeicherte Energie des Magnetfeldes in ein elektrisches Feld über und es entstehen hohe Induktionsspitzen von bis zu 100 Volt, deren Polung der verursachenden Spannung entgegengesetzt sind.

Diesen Effekt macht man sich zu Nutze, um in der Sekundärwicklung der Zündspule von Verbrennungsmotoren die hohe Spannung für den nötigen Zündfunken zu erzeugen. Aber unbeabsichtigte Induktionsspitzen stellen für viele in der Umgebung befindlichen Elektronik-Bauteile gefährliche Störimpulse dar, die meist nicht tolerierbar sind, empfindliche Halbleiter können durchbrechen. Relaisspulen beschaltet man daher sicherheitshalber mit einer Schutzdiode.

Transformator

Beim Thema Induktion darf man die Transformatoren nicht vergessen, die in der Verteilung der elektrischen Energie über das Land eine wichtige Rolle spielen – bis hin zum Anschluss der Endverbrauchergeräte.

Eine Wechselspannung auf der Primärseite des Transformators bewirkt entsprechend des Induktionsgesetzes einen wechselnden magnetischen Fluss im Eisenkern. Der wechselnde magnetische Fluss wiederum induziert auf der Sekundärseite des Transformators eine Spannung. Umgekehrt bewirkt ein Wechselstrom in der Sekundärwicklung einen Wechselstrom in der Primärwicklung.

Quelle: Wikipedia, BillC, Omegatron, Herbertweidner, CC BY-SA 3.0

William Stanley konstruierte 1886 ein gut funktionierendes Modell und sorgte damit dafür, dass sich sein Chef George Westinghouse mit seinem Wechselstromnetz durchsetzen konnte gegen Edison, der ein Gleichspannungsnetz aufbauen wollte. Durch geeignete Wahl der Windungszahlen N1 und N2 e können mit einem Transformator Wechselspannungen sowohl hochtransformiert werden, indem N2 größer als N1 gewählt wird, oder heruntertransformiert, wenn N2 kleiner als N1 ist.

Schaltnetzteile

Ohne Induktion gibt es auch keine Schaltnetzteile. Diese sind viel kleiner und leichter als konventionelle Transformatoren gleicher Leistung. Wie geht das? Hier macht man sich folgende Tatsachen zu Nutze:

 Der Einsatz von keramischen Ferriten statt Blechen aus Weicheisen bringt viel geringere Verluste durch Wirbelströme und Ummagnetisierungen mit sich.

 Skin-Effekt: Mehrere dünnere isolierte Drähte (Litze) in Trafos statt einem dicken sparen Material bei gleicher Leistung wegen des Skin-Effektes, also der Tatsache, dass die Elektronen im elektrischen Feld von Drähten weniger im Inneren fließen, sondern eher auf der Oberfläche wegen der gegenseitigen Abstoßung.

 Höhere Frequenzen benötigen geringere Trafomassen.

 Rechteckimpulse haben schärfere Induktionseffekte als Sinus-Wechselstrom. Die Frequenz der Rechteckimpulse wird so hoch gewählt, dass sie keine akustischen Störungen verursachen. Dennoch ist die EMV (elektromagnetische Verträglichkeit) nicht unumstritten, ein Beitrag zum Elektro-Smog ist gegeben.

Mehr zur Spannungsumwandlung in der Praxis beschreibt der Artikel ab Seite 64.

Windenergie nutzen

So unterschiedlich etwa alte Windmühlen und moderne Windräder auch aussehen mögen, physikalisch steckt immer mindestens eines von zwei Prinzipien dahinter:

Widerstandsläufer: Der Luftwiderstand drückt die Segel oder Rotorblätter zur Seite. Beispiele sind die bekannten Weihnachtspyramiden aus dem Erzgebirge, die mit vertikal anströmender warmer Luft arbeiten, das Schalenanemometer, ein Messgerät für die Windgeschwindigkeit (Make 2/15, S. 126 r), sowie der Savonius-Rotor (Bauanleitung siehe Seite 30) – einfach zu bauen, aber mit relativ geringem Wirkungsgrad und hohem Luftwiderstand bei Starkwind. Es gibt daher kein großes Windkraftwerk mit Savonius-Rotor. Kleine Anwendungen finden wir aber bei Lüftern auf Lieferwagen oder zum Antrieb von Stromgeneratoren für Segelboote zum Laden der Bordbatterie.

Bilder: Pack-Shot/Shutterstock.com

Auftriebsläufer: Der aerodynamische Auftrieb, den Vögeln abgeschaut und auch für die Flügel und Propeller von Flugzeugen verwendet, ist hier verantwortlich für das Drehmoment. Nach diesem Prinzip arbeiten die üblichen großen Windenergie-Anlagen mit drei Flügeln, aber auch der von Georges Darrieus in den 30er Jahren gebaute und nach ihm benannte Rotor mit vertikaler Achse und bogenförmigen Rotorblättern, die unten und oben an der Welle befestigt sind t. Dieser Rotor läuft sehr schnell, hat aber den Nachteil, dass er bei paralleler Stellung zum Wind nicht von selbst anläuft, denn die Kräfte kompensieren sich. Eine Kombination mit einem Savonius-Rotor kann da helfen. Wenn der Rotor erst einmal rotiert, ergeben sich komplizierte Anströmungen, die ein stotterndes Rotieren bewirken, da das resultierende Drehmoment schwankt.

Am effizientesten erwiesen sich zur Stromerzeugung horizontal rotierende Propeller-Windräder meist mit drei Flügeln, die gezielt in den Wind gestellt werden können. Die Konstruktionen der hoch entwickelten Windanlagen-Industrie setzen voll auf das Auftriebsprinzip in allen Teilen der drehbaren Flügel. Diese können bei Extremwind so in die Strömung gestellt werden, dass mögliche Schäden infolge zu hoher Drehzahlen vermieden werden. Der Stromgenerator sitzt in einer Gondel direkt am Windrad und wird meist über ein Planetengetriebe zum Laufen gebracht. Alles hat einmal bescheiden angefangen mit circa 55 Kilowatt Leistung in den 80er Jahren. Die Leistungen der heutigen Windkraftanlagen bewegen sich zwischen 2 und 8 Megawatt und steigen sicher weiter, genauso wie die Höhe der Türme zunehmen wird, denn der Windertrag ist oben einfach gleichmäßiger und stärker. Inzwischen gibt es Off-Shore-Türme mit 160 Meter Rotorachsenhöhe (Nabe) und einem Rotorblattdurchmesser von 140 Metern.

Wasser und Wärme

Lange bevor James Watt seine Dampfmaschine aus mehreren Vorläufern anderer Erfinder entwickelte, beschrieb Heron von Alexandria um 120 v. Chr. ein dampfgetriebenes Gerätchen, Heronsball, Dampfkreisel oder Aeolipile genannt (siehe auch Seite 104). Es belegt, dass die Erbauer durchaus Kenntnisse über die Expansionskraft von Wasserdampf sowie über das Rückstoßprinzip besaßen.

Wasser hat sehr spezielle Eigenschaften, wenn Wärme zugeführt wird. Man mag es kaum glauben, aber das Volumen von flüssigem Wasser vertausendfacht sich, wenn es in den gasförmigen Dampfzustand übergeführt wird. Dieser Übergang des Aggregatzustands erfordert den satten Energiebetrag von 2260 KJ pro Kilogramm (oder Liter) Wasser! z Diese Power steckt dann im Dampf. Während flüssiges Wasser fast nicht komprimierbar ist, kann man mit heißem Wasserdampf enorme Gasdrücke und hohe Temperaturen erreichen.

Bevor das Thema jetzt zu trocken wird, machen Sie dazu doch beim nächsten Grillen mit Ihren Freunden mal folgenden kleinen Versuch:

 Füllen Sie in eine geleerte Bierdose ein wenig Wasser, nicht mehr als ein Schnapsglas voll.

 Stellen Sie eine große Schale mit kaltem Wasser bereit.

 Schieben Sie nun die Dose auf den Grill und warten, bis es gut kocht.

 Nehmen Sie eine Grillzange, fassen die Dose am Rand und tauchen sie rasch mit der Öffnung nach unten ins kalte Wasser.

Das Ergebnis sehen Sie im Bild u. Frage in die Runde: Hat einer Ihrer Grillfreunde eine Erklärung dafür? Keine Angst, es gibt keine Explosion – nur eine Implosion!

Dampfturbine

Dampfturbinen sind Schlüsselaggregate bei der Energieumwandlung im großen Maßstab – sie wandeln Wärmeenergie auf dem Umweg über Dampfdruck in Bewegungsenergie um, die schließlich einen Generator zur Stromerzeugung antreibt. Solche Turbinen sind gleichermaßen in Kohle- wie Atomkraftwerken im Einsatz.

Auf einer gemeinsamen Achse sitzen der Generator und die eigentlichen Turbinenlaufräder. Diese rotierenden Räder mit kleinen Laufschaufeln befinden sich zwischen fest mit dem Gehäuse verbundenen Rädern mit großen Leitschaufeln. Die festen Leit-Schaufeln lenken den Dampfstrom gezielt auf die Laufräder und sind nach dem Bernoullischen Auftriebsprinzip geformt, sodass der Dampf daran an Geschwindigkeit gewinnt.

Bild arogant/Shutterstock.com

Beim Durchströmen der Turbine verliert der Dampf an Druck und Temperatur. Man sagt, der Dampf entspannt sich, das Volumen nimmt dabei zu. Daher werden die Turbinenräder zum Ausgang hin größer, um eine optimale Energieumwandlung in Rotationsenergie und letztlich in Strom zu erreichen i.

Je druckreicher und heißer der Dampf am Eingang und je druckärmer und kühler er am Ausgang der Turbine ist, desto effizienter läuft die Maschine. Ein großer gekühlter Kondensator sorgt am Ausgang dafür, dass das Wassergas zu flüssigen Tröpfchen kondensiert. Der Druck sinkt dabei stark ab, denn das entstehende flüssige Wasser hat ja ein vielfach kleineres Volumen als der Dampf aus der Turbine. Das Gefälle zwischen dem Überdruck vor der Turbine und dem Unterdruck im Kondensator jagt den Dampf durch die Turbine.

Es gibt auch Maschinen, die haben drei Turbinensätze auf einer Achse, ausgelegt für Hoch-, Mittel- und Niederdruckdampf. Das Wasser aus dem Kondensator wird wieder in das Kesselhaus gepumpt (geschlossener Kreislauf mit Reinstwasser), wo es mit unterschiedlichen Wärmequellen erneut aufgeheizt und verdampft wird.

GuD-Technik

Bilder: Stadtwerke Düsseldorf AG

Eine besonders effiziente Kraftwerksvariante sind die Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerke (GuD o). Bei dieser Kombination treibt eine Gasturbine direkt einen Generator zur Stromerzeugung an, der auf einer gemeinsamen Welle mit einer Dampfturbine sitzt. Den Wasserdampf bekommt diese Turbine aus einem Abhitze-Dampfkessel (Wärmetauscher), der mit den heißen Abgasen der Gasturbine betrieben wird. Es entfallen etwa 2/3 der elektrischen Leistung auf die Gasturbine und 1/3 auf den Dampfprozess. Bei einigen Anlagen wird aus dem Kondensator zusätzlich noch Fernwärme über Wärmetauscher ausgekoppelt.

Drehmassenspeicher

Dieses Prinzip ist wenig präsent, auch wenn es schon von der antiken Töpferscheibe bekannt ist: Weil man von Hand nicht gleichzeitig den Ton formen und die Scheibe drehen konnte, musste erst mit viel Kraft und Geschick die schwere Steinscheibe in schnelle Rotation versetzt werden, danach reichte der Schwung für weniger als eine Minute Töpfern, bis die Rotationsenergie in mechanische Verformungsenergie des Tones übergegangen war.

Ein heutiger Schwungradspeicher nutzt ebenso wie das antike Vorbild die Tatsache, dass ein schnell rotierender massereicher Körper erhebliche Mengen an Energie in der Rotation speichern kann. Er wird üblicherweise durch einen Elektromotor angetrieben. Man kann ihm aber auch wieder extrem schnell Energie entnehmen, wenn der Motor als Generator arbeitet, Strom erzeugt und das Schwungrad dabei bremst.

Benutzt wird das Prinzip etwa zur unterbrechungsfreien Stromversorgung in Krankenhäusern – damit wird bei Netzausfall so lange Strom geliefert, bis das Notstromdieselaggregat angesprungen ist. In Windparks dienen solche Speicher zur Stabilisierung, um die fast permanenten Schwankungen der Spannung und der Frequenz auszugleichen. Sogar in der Formel 1 fanden Versuche statt, solche Speicher einzusetzen. Beim Bremsen werden sie geladen, also in Rotation versetzt, beim Beschleunigen wird die Energie zusätzlich auf den Antriebsstrang gebracht. Das System hat sich dort aber nicht durchgesetzt.

Bilder: loraks/Shutterstock.com

Ein anderes Schwungradsystem ist aber in nahezu allen modernen Motoren zu finden: das Zweimassenschwungrad (ZMS). Es besteht aus zwei scheibenförmigen Schwungmassen, die über Federn miteinander verbunden sind p. Sie trennen Motor und Kupplung samt Getriebe voneinander. Aufgabe des ZMS ist es, über die wechselseitige Aufnahme und Abgabe von Rotationsenergie durch die beiden Massescheiben die Drehschwingungen der Motorachse zu dämpfen – der Lauf des Motors wird viel ruhiger. Damit hat das ZMS letztlich eine ganz ähnliche Funktion wie die große Masse der Schwungräder der alten Dampf- und Verbrennungsmaschinen, den plötzlich auftretenden Druck im Kolben zu dämpfen, um einen gleichmäßigen stoßfreien Lauf zu erreichen und um über die Totpunkte hinwegzukommen.

Wandlungsfähig

Die Liste der möglichen und nützlichen Energieumwandlungen ließe sich noch beliebig fortsetzen und ergänzen. Einige (gängige) Arten von Energieumwandlungen beschreiben wir an anderer Stelle in diesem Heft ausführlicher – so lesen Sie etwa ab Seite 38 Wissenswertes und praktisch Umsetzbares zu Solar- und Bioenergie und zur Funktion von Wärmepumpen und Wärmetauschern und bekommen ab Seite 24 eine Anleitung zum Bau eines muskelkraftbetriebenen Stromgenerators. Sogar die mechanische Speicherung von potenzieller Energie in einem selbstgebauten Hubspeicherkraftwerk wird berücksichtigt (Seite 92) Anderes heben wir uns für spätere Make-Ausgaben auf – freuen Sie sich jetzt schon auf ein Feuerwerk unterhaltsamer Experimente mit Mikrowellen.

Die ganze Welt der Energie(umwandlungen) passt weder in einen Artikel noch in ein komplettes Heft. Lösen wir uns also von der Idee der Vollständigkeit und wagen wir lieber noch einen Ausblick auf die Energie von morgen.

Energieversorgung von morgen

Technologische Erfindungen und Entwicklungen brauchen Zeit, Investoren und gutes Marketing, um sich weltweit gegen konkurrierende Ideen durchsetzen zu können. Da kann es auch vorkommen, dass sich die marktwirtschaftlichen Kaffeesatzprognostiker sich irren. So geschehen vor 30 Jahren bei der Einschätzung der Photovoltaik als nicht zukunftsträchtige Technologie. Damals kosteten Solar-Panels pro 1 Watt Leistung mehr als 7 Euro – und heute nicht mehr als 50 Cent pro Watt. Niemand sah den inzwischen eingetretenen Boom kommen. Der Trend wird vermutlich anhalten, nachdem am 3.9.2018 die EU die Strafzölle gegen chinesische Panels fallen ließ. Wie sich die konkurrierenden Wasserstoff-Technologien und Brennstoffzellen dann schlagen werden, bleibt abzuwarten. Denn das Bessere ist stets der Feind des Guten – doch auch dann, wenn es teurer ist?

Brennstoffzellen

Schon Jules Verne schrieb 1875 in seinem Buch Die geheimnisvolle Insel geradezu visionär über die Brennstoffzelle: „Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“ Hintergrund war die in den Jahren 1838/39 von Christian Schönbein und darauf aufbauend Sir Grove entwickelte galvanische Gasbatterie, die aus Wasserstoff und Sauerstoff Strom erzeugte. Messbare Spannung und Stromfluss waren allerdings so gering, dass diese erste Brennstoffzelle sich nicht gegen Erfindungen wie Siemens’ Dynamomaschine oder den Verbrennungsmotor durchsetzen konnte.

Heute werden sechs verschiedenen Typen von Brennstoffzellen ein Zukunftspotenzial zugeschrieben – ihre Wirkungsweise und Unterschiede zu erläutern würde diesen Artikel endgültig sprengen. Nur zwei Aspekte seien herausgepickt: Der Wirkungsgrad von Brennstoffzellen ist deutlich höher als etwa bei Blockheizkraftwerken, erreicht aber den von batteriegespeisten Elektrofahrzeugen nicht. Und: Mit der Methanol-Zelle gibt es auch eine Variante, die mit flüssigem und gut handhabbarem Brennstoff läuft.

Bilder: Everett Historical/Shutterstock.com

Viele Brennstoffzellen arbeiten hingegen mit Wasserstoff – und spätestens seit der Zeppelin-Katastrophe von Lakehurst 1937 Q halten viele den für brandgefährlich. Dabei kann reiner Wasserstoff nicht explodieren, schon gar nicht in einem heutigen Fahrzeugtank, der 800 Bar aushalten muss, was Benzintanks nicht sicherstellen. Lakehurst zeigt gerade die relative Ungefährlichkeit von Wasserstoff, denn der Feuerball flammt nach oben weg; flüssiges Kerosin hingegen hätte am Boden ein Flammenmeer verursacht, ohne Fluchtchance. Das Hindenburg-Zeppelin-Unglück überlebten immerhin 62 von 97 Menschen an Bord.

Power-to-Gas

Die stark schwankenden Energielieferungen aus Solar- und Windparks erfordern hohe Puffer- und Speicherkapazitäten. Dabei erprobt man neben Lithium-Ionen-Akku-Batterien auch Wege wie die Elektrolyse von Wasser und Rückverstromung des erhaltenen Wasserstoffs – oder man speist den gleich ins Erdgasnetz ein.

Eine weitere Methode ist die Wasserelektrolyse und Weiterverarbeitung mit Kohlenstoffdioxid aus Biogas-Anlagen, Kraftwerken oder der Atmosphäre zu künstlichem Methan – eine Variante des seit mehr als hundert Jahren bekannten Fischer-Tropsch-Verfahrens. Im ersten Schritt reagiert Wasserstoff unter Energieaufwand mit Kohlenstoffdioxid zu Kohlenstoffmonoxid und Wasser:

H2 + CO2 CO + H2O

Dann kommt der eigentliche Syntheseschritt zu künstlichem Methan, der interessanterweise sehr viel Wärmeenergie liefert:

3 H2+ CO CH4 + H2O

Dieses sogenannte Power-to-Gas-Verfahren könnte helfen, den Verbrauch von fossilem Erdgas durch aus überschüssigem Ökostrom erzeugtem Gas zu ersetzen. Power-to-Gas ist zwar noch ein teures Verfahren mit mäßigen Wirkungsgraden, aber wenn es auch den Klimaschutzzielen dienlich ist? Man muss es nur politisch wollen! Auch der Nachwuchs begeistert sich offenbar für das Prinzip – so gewann bei der Maker Faire Bodensee 2017 eine Schülergruppe mit ihrer Power-to-Gas-Pilotanlage den „Young Maker Award W.

Kernfusion

Der große Traum bleibt die kontrollierte Kernfusion wie auf der Sonne, aber die ist auf absehbare Zeit nicht mit Maker-Mitteln zu beherrschen. Der internationale Versuchsreaktor ITER erzeugt immerhin bei hohem Energieaufwand ein heißes Wasserstoff-Plasma und zündet kurz eine Fusion – Ziel ist es, bis 2035 ein dauernd brennendes Plasma mit positiver Energiebilanz hinzubekommen, also ohne ständiger Energiezufuhr von außen. ITER ist aber nicht dafür geeignet, als Fusionskraftwerk Energie zu liefern und auszukoppeln, um dann in einem konventionellen Dampfkraftwerk elektrischen Strom zu erzeugen.

Vertreiben Sie sich also die Zeit bis dahin mit eigenen Energie-Experimenten. Die unglaubliche Vielfalt von Energieformen und -umwandlungen konnte hier nur aspektweise angerissen werden. Es gibt noch so viel zu entdecken – bleiben Sie neugierig und blicken gespannt dort hin, wo Ihre geistigen Energiequellen Sie entführen wollen. Viel Spaß dabei! pek