Make Magazin 6/2019
S. 38
Was uns inspiriert
Aufmacherbild

Wasserwelten

Stadtlandschaften unter Wasser, die langsam zu Trümmern am Meeresboden zerbröckeln, sind ein beliebtes Motiv in Endzeitfilmen. Irgendwie fasziniert uns das Zusammenspiel aus Wasser, bekannten Orten und städtischem Verfall. Wie viele andere fühlt sich auch der japanische Künstler Masaki Seki zu diesen Bildern hingezogen. Seine Umsetzung ist aber alles andere als gewöhnlich.

Bilder: Masaki Seki

Seine Unterwasser-Modellbaulandschaften zeigen überschwemmte Städte, zerfallende Freizeitparks und gespenstisch beleuchtete Wolkenkratzer mit mustergültig umgesetzten Details. Diese Detailverliebtheit scheint kein Ende zu nehmen: Wer genau hinschaut, erkennt mit jedem Blick neue Elemente.

Ein weiterer Aspekt der Anziehungskraft ist die Art, wie die Modelllandschaften der Physik zu trotzen scheinen, wenn etwa die aufpeitschenden Ozeanwellen einfach in der Luft hängen bleiben, wie eingefroren. Das Geheimnis dahinter ist zugleich der schwierigste Teil der Arbeit, so Seki. Nach dem akribischen Formen, Zurechtschnitzen und Anmalen der Landschaften gießt er das Harz, das schließlich das Wasser darstellen soll. Dabei dürfen keine Blasen entstehen. Mit ein wenig Feinschliff erwachen die Kunststücke schließlich zum Leben. —Caleb Kraft/hch

Auf der Suche nach dem Feuer

Skateboarding ist immer ein leicht gefährliches Hobby. Man stürzt sich aus dem Lauf heraus auf eine Unterlage, die vom Design her beweglich ist. Hinzu kommt, dass die meisten Skateboard-Tricks Variationen von Sprüngen und Drehungen des Boards beinhalten, die es beinahe unmöglich machen, darauf wieder zu landen. Die Unsicherheit hat Autodesk-Designer Mike Warren aufgegriffen und auf die Spitze getrieben, indem er eine Apparatur unter sein Board geklemmt hat, die als rudimentärer Flammenwerfer funktioniert. Nun kann er beim Skaten mit seinem Fuß einen Button drücken, um den flüssigen Brennstoff unter dem Board freizusetzen, der schließlich von einem Grillfeuerzeug entzündet wird.

Bilder: Mike Warren

„Ich habe das Projekt umgesetzt, weil ich gerne Ideen zusammenwerfe, um auf wilde Dinge zu kommen“, erklärt Warren. „Dieses Projekt entwickelte sich von ‚Ob ich das wohl zum Laufen bekomme?‘ zu ‚Wann ist es zu viel Feuer?‘, und die Antwort ist: ‚Es ist niemals zu viel Feuer‘.“ Überraschenderweise hat Warren keine Ahnung von der Sportart und kann nicht einmal richtig Skateboard fahren. „Ich hatte die Vision von etwas, das noch nie gemacht wurde, und habe damit angefangen. Auch wenn ich das fertige Projekt liebe, kommt meine Erfüllung vom Lösen der Probleme während des Bastelprozesses. Es ist die Reise, nicht das Ziel.“

Das Resultat ist jedenfalls umwerfend. Wie in einer Szene aus Zurück in die Zukunft hinterlässt Warrens Board einen Sog aus brennenden Spuren und eroberte so, unpraktisch und gefährlich wie es ist, die Bewunderung zahlreicher Draufgänger – bis Instructables die Nachbauanleitung entfernte. Caleb Kraft/hch

Beinahe unsichtbär

Beim Blick auf unbelebte Ojekte zeigen sich manchmal unerwartete Gesichter, wenn etwa ein Wasserhahn wie eine Nase erscheint oder britische Steckdosen erschrocken in den Raum schauen. Dieses Phänomen hat einen Namen: Pareidolie. Darauf setzt auch die Londoner Künstlerin Debbie Lawson beim Erschaffen ihrer faszinierenden Skulpturen, geht dabei aber in eine etwas andere Richtung.

„Aus Mustern und Texturen scheinen mich immer Bilder anzuspringen und wenn ich sie einmal gesehen habe, kann ich sie nicht mehr Nicht-sehen“, so Lawson. „Das Gleiche passiert mir bei Möbeln. Sie scheinen mir oft wie ein bestimmtes Tier oder ein menschliches Merkmal. Wenn so eine Idee erst mal in meinem Kopf ist, arbeite ich damit, um das Tier oder Merkmal hervorzuarbeiten.“ In einer Serie an Kunstwerken erweckt sie Bären aus Orientteppichen heraus zum Leben, inspiriert von ihren Reisen durch die Welt.

„Ich war entzückt von der Geschichte und Verbreitung der Orientteppiche, die ich in Staaten der ehemaligen Sowjetunion gesehen habe, wo sie seit Jahrhunderten von Hand hergestellt werden, ebenso wie in Teilen von Europa", berichtet sie.

Für den Bärenbau benötigte sie ein Set aus zwei identischen Teppichen. Mit Kaninchendraht, Klebeband und sehr viel Kraftaufwand brachte sie den Bär in Form, bevor schließlich einer der Teppiche als „Haut“ zum Einsatz kommt. Der zweite bleibt als Hintergrund intakt. Das fertige Kunstwerk lässt einen auf den ersten Blick wundern, ob man gerade richtig gesehen hat. Oder sich das Bild vielleicht nur eingebildet hat? Genau so, wie es sich zuvor vor Lawsons geistigem Auge abgespielt haben mag. Caleb Kraft/hch