Make Magazin 1/2020
S. 86
Community-Projekte
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Interface-System FABI

Das Assistenz-Modul FABI ermöglicht behinderten Menschen die Rechnernutzung. Mit dem 3D-Drucker lassen sich die Teile einfach selbst bauen.

Computerspiele zocken, E-Mails schreiben und im Internet surfen – das geht dank alternativer Eingabegeräte auch ohne Standardmaus und -tastatur. Ein günstiges Eingabesystem zum Selberbauen ist FABI (Flexible Assistive Button Interface), das mit Windows-, Mac- und Linux-Rechnern funktioniert. Seit kurzem ist es dank neuer 3D-Druckvorlagen noch einfacher zu bauen.

Das System besteht aus einer Kombination von Hard- und Software. Die Hardware umfasst einen Hub zur Steuerung und Buttons als Eingabegeräte. Im Hub-Modul werkelt der Mikrocontroller Arduino Micro, der mit seinem USB-Port eine Tastatur oder Maus vorgaukeln kann. Während als Gehäuse bisher ein umgebautes Plastik-Kästchen diente, gibt es nun eine Vorlage zum Selberdrucken. Über die acht Klinkensteckplätze können die FABI-Buttons eingesteckt werden, aber auch andere selbstgebaute Taster. Für das Buttongehäuse gibt es ebenfalls eine neue Druckvorlage – bisher konnte es nur mit dem Lasercutter aus Acrylglas geschnitten werden. Professionelle Assistenzsysteme wie Microsofts Xbox Adaptive Controller funktionieren übrigens ähnlich und setzen ebenfalls auf Eingaben über 3,5-mm-Klinkenstecker.

Im Inneren des Steuermoduls sind der Arduino und die Klinkenanschlüsse eingebaut.
Auch die Buttongehäuse gibt es nun aus dem 3D-Drucker.
Im Konfigurationsprogramm werden die Aktionen der verschiedenen Buttons festgelegt.

Auf der Softwareseite gibt es eine Firmware für den Arduino und ein Programm zur Konfiguration der Buttons. Über dessen grafische Benutzeroberfläche kann das Verhalten der Buttons festgelegt werden – möglich sind etwa hoch- oder runterscrollen oder das Aufrufen hinterlegter Tastenkombinationen. Diese Software ist derzeit nur für Windows verfügbar. Fertig konfigurierte FABI-Module können aber an jedem beliebigen Rechner genutzt werden.

FABI ist ein Open-Source-Projekt, das zunächst im Rahmen der Asterics Academy an der FH Technikum Wien entwickelt wurde. Inzwischen unterstützt die eigens gegründete Asterics Foundation die Weiterentwicklung. Das Ziel der Foundation sind günstigere und individuell einstellbare Lösungen im Bereich der technischen Hilfsmittel. Die Projekte sind Open Source, damit sie nachgebaut, angepasst und weiterentwickelt werden können. Die Dateien für FABI sind auf Github zum Herunterladen zu finden. Die aktuelle Bauanleitung gibt es sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch.

Ein anderes Projekt der Asterics Foundation ist die FLipMouse: ein Bausatz für einen Null-Wege-Joystick, um Rechner mit dem Mund oder Fingern zu steuern. Außerdem bietet die Foundation Workshops zum Bau und dem Einsatz der Hilfsgeräte an. hch

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Das Schwabenboard

Mit einem Wii-Controller und einem Zeigestock wird jede Wand für 50 Euro zum interaktiven Screen. Ein Lehrer erklärt, wie das funktioniert.

Schulen sind knapp bei Kasse, Spielekonsolen dagegen in fast jedem Haushalt zu finden. Lehrer Wolfgang Autenrieth macht aus der Not eine Tugend und nutzt die Fernbedienung der Nintendo-Spielekonsole Wii für sein Schwabenboard. Zusammen mit einem umgebauten Zeigestock mit einer Infrarot-LED in der Spitze wird aus einer Wand ein interaktives Board, das mit einem Rechner und Beamer genutzt werden kann. Der Infrarot-Stock ersetzt die Maus und ermöglicht es, über die Beamerprojektion den Rechner zu bedienen. Verschiedene Varianten zum Selberbauen zeigt der Schwabe Autenrieth auf seiner Webseite und hat dem Projekt gleich den Namen Schwabenboard verpasst.

Für den Bau muss der Wii-Controller unter dem Beamer befestigt werden und mit seiner Infrarotkamera die Projektionsfläche im Blick haben. Über Bluetooth wird er am Rechner als Maus angemeldet. Auf dem Rechner muss eine Kalibrierungs- und Whiteboardsoftware laufen, dann kann der Zeigestock genutzt werden, um etwa in einem Zeichenprogramm zu malen oder andere Programme zu bedienen. Der Wii-Controller erkennt, wo sich die LED befindet, und gibt dies per Bluetooth an den Rechner.

So geht DIY-Digitalisierung im Klassenzimmer: Zeigestock mit Batteriefach
Die Bauteile für eine etwas komfortablere Version, Plastiksektkorken als Verschluss
Die Halterung für die Wii-Fernbedienung stammt aus einem alten Rechner.

Die Idee an sich ist alt: Sie wurde 2007 von Johnny Chung Lee an der Carnegie Mellon University entwickelt, der die damals neue Wii-Fernbedienung zweckentfremdete. Eigentlich erkennt sie die Infrarotsignale der Sensorleiste, die über oder unter dem Fernseher befestigt wird, und gibt dann ihre eigene Position an die Konsole weiter. Autenrieth bastelte dies mit einer Infrarot-Diode aus einer Fernseher-Fernbedienung nach. Um einen handelsüblichen Schulzeigestock umzubauen, werden nur noch eine Batteriehalterung, ein Widerstand, ein Taster und Kabel benötigt.

Komfortabler wird es mit einem Kunststoffrohr aus dem Baumarkt, in der die Batterien für die LED verschwinden können. Für das Befestigen der Wiimote gibt es ebenfalls verschiedene Ideen. Selbst Tipps, um eine Wand mit weißer Farbe und Glasmehl zu einer reflektierenden Projektionsfläche zu optimieren, hält er bereit.

Die Anleitungen sowie zahlreiche Links zu weiteren Projekten und YouTube-Tutorials hat Autenrieth auf seiner Webseite zusammengetragen. Mit dem Einplatinenrechner Raspberry Pi und dem Mikrocontroller Arduino seien inzwischen noch weitere günstige Eigenbaulösungen möglich. Dafür sucht der Lehrer nun Maker, die Interesse haben, das Schwabenboard weiterzuentwickeln. hch

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Ein Okularauszug für das Baumarkt-Teleskop

Mit einem „Baumarkt-Teleskop“ gelingt der Einstieg in die Astronomie. Um es komfortabel nutzen zu können, sollte man den Okularauszug durch unsere Maker-Variante ersetzen.

Einfache HT-Abflussrohre sind die Ausgangsbasis für das günstige „Baumarkt-Teleskop“. Zusammen mit dem Bausatz eines Versandhändlers kann man sich daraus in kurzer Zeit ein hochwertiges Teleskop zum Preis einer CD selber bauen. Die optische Qualität der Linsen ist beeindruckend, nur das präzise Einstellen des Instruments für wirklich scharfe Bilder ist schwierig.

Denn beim Teleskop hängt die Bildschärfe von Abstandsänderungen zwischen Objektiv und Okular ab, wobei es auf jeden Millimeter ankommt. Diese Genauigkeit gibt das Baumarkt-Teleskop nicht her, weil das Okularzugrohr aus einer HT-Muffe mit Gummidichtung besteht, die sich nur sehr schwer am Haupttubus entlang verschieben lässt. Daher haben wir eine Alternative entwickelt und ersetzen den Muffenauszug mit einem selbstgebauten Zahnstangenauszug, der dem Standard von Amateurteleskopen entspricht.

Dafür bekommt der neue Okularauszug eine Zahnstange und Zahnräder aus einem Lego-Technic-Bausatz. Weitere Teile des Originalbausatzes ersetzen wir mit 3D-gedruckten Elementen und einem modifizierten Elektro-Stangenrohr. Die Bausatz-Linsen bekommen ein neues Zuhause in einem 3D-gedruckten Okular. Dieses wiederum wird in dem gekürzten Elektro-Stangenrohr untergebracht, das als Zugrohr dient. Dank einer angeklebten Zahnstange lässt es sich gut mit dem Getriebesystem aus Lego-Technic-Teilen kombinieren.

Der neue Okularführungskern aus dem 3D-Drucker im Haupttubus
Der Zahnstangenauszug wird mit Lego-Technic-Bauteilen umgesetzt.
Ein verkürztes Elektro-Stangenrohr wird das neue Okularzugrohr

Ebenfalls aus dem 3D-Drucker ist der neue Führungskern, an dem wir das Getriebe anschrauben. Er wird in den Tubus eingesetzt – das HT-Rohr aus dem Baumarkt, von dem der Name des Teleskopes herrührt. Dank des leichtgängigen Getriebes lässt sich nun das Okkularzugrohr mit dem Okular bequem und sehr präzise einstellen.

Diese Konstruktion ist eine spielerische und spannende Möglichkeit, sich den Bereichen Optik, Mechanik und Astronomie gleichzeitig zu nähern. Unabhängig von unseren technischen Verbesserungsvorschlägen ermöglicht das Baumarkt-Teleskop dank 30-facher Vergrößerung und hervorragender Bildschärfe dem Benutzer die Beobachtung der Mondkrater sowie die Entdeckung der Saturnringe und der Satelliten des Jupiters. Beeindruckende Bilder, die helfen, ein Bewusstsein für unsere Beziehung zu Welt, Raum und Zeit zu entwickeln. hch