Make Magazin 4/2020
S. 3
Make
Editorial

Ende der Sklaverei

Politisch korrekte Kräfte sorgen sich im Rahmen der BLM-Debatte an ungewohnten Stellen für eine Sensibilisierung im Umgang mit der Sprache: Die Open Source Hardware Association hält die bis–herige Benennung der SPI-Signale (eine serielle Schnittstelle an vielen Mikrocontrollern und Peripheriebausteinen) für nicht mehr zeitgemäß und schlägt eine Umbenennung vor. Statt MOSI (Master out, Slave in) und MISO (Master in, Slave out) sollen die Signale nun SDI und SDO (Serial Data in/out) heißen, auch das (mir schon aus anderen Gründen zuwidere) SS-Signal nennt sich nun CS (für Chip Select statt Slave Select). Alternativ sollen CIPO und COPI Controller und Peripherie designieren.

Die Streitfrage, ob bestimmte Begriffe der IT-Welt diskriminierend sind, entzündete sich bereits Anfang Juli an den Hackerbezeichnungen White Hat und Black Hat, manche halten gar den Begriff Server (von lat. servus = Diener, Sklave) für ablösenswert. Finde ich diese Diskussion übertrieben? Nein, sie zeigt, wie unüberlegt wir manchmal mit unserer Sprache umgehen. Ich unterstelle einmal, dass Jack Kilby in seinem JK-Flipflop keineswegs aus rassistischen Motiven einen Master- und Slave-Teil vorgesehen hat und auch Motorola bei der SPI-Spezifikation einfach nur gedankenlos bestehende Termini weiterverwendete.

Doch genau diese Gedankenlosigkeit ist der Stein des Anstoßes: Warum auch sollten harmlose Schaltungen und Datenstrukturen an das finstere Kapitel der Sklaverei erinnern? Nicht umsonst haben Sprachwissenschaftler des texanischen Global Language Monitor die Master/Slave-Terminologie bereits 2004 zum Unwort des Jahres erkoren, was sich zuallererst einige Open-Source-Projekte zu Herzen nahmen.

Das bedeutet nicht, dass ich nun hunderte meiner Schaltbilder und zehntausende Zeilen Quellcode nach historisch vorbelasteten Signal-, Variablen- und Funktionsnamen durchforste – das wird keinen rassistischen Cop und keinen identitär Bewegten sinneswandeln. Es bedeutet auch nicht, überstürzt neue Nomenklaturen vorzuschreiben, die dann allzu leicht in eine Euphemismus-Tretmühle geraten: Hat nicht auch das Substitut Parent/Child einen autoritären Beigeschmack?

Es hilft, behutsam und ohne viel Aufhebens neutrale Begrifflichkeiten einzuführen – „Controller“ und „Peripherie“ sind schon mal ein brauchbarer Ansatz, weil sie keinen Bezug auf Menschen und unrühmliche Ereignisse nehmen. Allzu lautes Säbelrasseln jedoch wird nur wieder jene Kleingeister auf den Plan rufen, die bei Facebook „Teile diesen Negerkuss, um linksgrünversiffte Gutmenschen zu ärgern!“ posten.

Carsten Meyer