MIT Technology Review 7/2022
S. 80
Report
Transplantation

Neue Lebern aus der Spritze

Wenn die Leber zerstört ist, hilft nur noch ein neues Organ. Transplantierbare Lebern sind jedoch Mangelware. Jetzt versuchen Mediziner, schwerkranken Patienten neue Minilebern wachsen zu lassen, die mit der Zeit die Aufgaben der kranken Leber übernehmen sollen.

Jessica Hamzelou (Übersetzung: Jo Schilling)

Es klingt fast wie ein Wunder: Im Massachusetts General Hospital soll ein Patient mit einer Lebererkrankung im Endstadium behandelt werden, dem durch diese Behandlung eine neue, zweite Leber im Körper wachsen soll. Er ist der erste von zwölf Patienten, die in der nächsten Zeit in eine klinische Phase-2-Studie aufgenommen werden, die eine vollkommen neue Form der Lebertransplantation erprobt: Aus gespritzten Spenderleberzellen sollen späteren Probanden bis zu fünf winzige Lebern in ihrem Körper wachsen.

Das Unternehmen Lygenesis hat diese Behandlung entwickelt. Es hofft, damit Menschen retten zu können, die an besonders schweren Lebererkrankungen leiden, für eine Transplantation aber nicht infrage kommen. Ihre Therapie besteht darin, Leberzellen eines Spenders in die Lymphknoten der kranken Empfänger zu injizieren. Dadurch bilden sich die Lymphknoten um und es entstehen neue Miniaturlebern, wo vorher die Lymphknoten waren. Diese Minilebern sollen die vorhandene kranke Leber unterstützen oder sogar ersetzen. Die Methode scheint bei Mäusen, Schweinen und Hunden zu wirken. Jetzt soll die Studie zeigen, ob sie auch bei Menschen funktioniert.