MIT Technology Review 3/2023
S. 3
Editorial
, Foto: Ricardo Wiesinger
Foto: Ricardo Wiesinger

Liebe Leserinnen und Leser,

ohne Wasser kein Leben – aber zu viel kann ebenso tödlich sein: ausfallende Ernten, zerstörte Siedlungen, Seuchen, die um sich greifen. Es sind die Bilder vom ausgetrockneten Po in Italien, vom Ahrtal 2021, von Pakistan im vergangenen Sommer, die zeigen: Der globale Wasserhaushalt ist durcheinandergeraten. Wie konnte das passieren?

Zunächst hat sich der Wasserverbrauch global von 1910 bis 2010 versiebenfacht. Mit einer Weltbevölkerung von über acht Milliarden Menschen kratzt der Verbrauch laut Experten heute bereits an den „planetaren Grenzen“.

Dann die Klimakrise, die durch Extremereignisse die Lage verschärft: Mehr Starkregen führt zu Überflutungen – vor allem dann, wenn der Boden aufgrund einer Dürre gar nicht so viel Wasser aufnehmen kann. Oder: Milde Winter verlängern die Phase, in denen Pflanzen Wasser brauchen.

Und nicht zuletzt spielen große Infrastrukturprojekte des 20. Jahrhunderts eine Rolle in der Misere: große Staudämme, tiefe Brunnen oder große Entsalzungsanlagen. Sie versorgen zwar viele Menschen mit Trinkwasser, allerdings wurde dabei wenig auf so wichtige Dinge wie den Grundwasserspiegel geachtet – was sich jetzt rächt.

Wie aber umgehen mit den Herausforderungen, die sich daraus ergeben?

In der Landwirtschaft arbeiten Start-ups daran, mit Sensoren auf den Feldern ein intelligentes Wassermanagement zu entwickeln (Seite 48). Forscherteams nutzen Algorithmen des maschinellen Lernens, um Überschwemmung etwa in Ballungsgebieten vorherzusagen (Seite 58). Und wenn Flüsse wie der Rhein weniger Wasser führen, dann müssen Schiffe anders gebaut werden (Seite 42).

Aber was tun, wenn speziell eine Region von Wassermangel betroffen ist? Hier gilt die Devise: weniger verbrauchen und schlicht nichts verschwenden. Was das bereits heute für Konsequenzen hat, beschreiben wir ausführlich in einer Reportage über Berlin und Brandenburg (Seite 26).

Wie viele Dimensionen die Wasserfrage hat, zeigt sich an Wasserkraftwerken (Seite 54): Wasser kann als Energielieferant den CO2-Ausstoß reduzieren. Gleichzeitig ist es wichtiger Lebensraum und Biodiversitätsfaktor – aber nur, solange genügend sauberes Wasser fließt.

Beim Wasser laufen sämtliche drängende Probleme unserer Gesellschaften zusammen: Energie, Klimaauswirkungen, Biodiversität. Zeit, sich damit zu beschäftigen.

Ihr

Luca Caracciolo

@papierjunge