MIT Technology Review 3/2024
S. 78
Report
Physiologie

Hunger im Hirn

Wissenschaftler versuchen seit Jahrzehnten, die Geheimnisse des menschlichen Appetits zu entschlüsseln. Die Lösung würde neue Optionen für ein immer größer werdendes Problem eröffnen.

Adam Piore (Übersetzung: Jo Schilling)

Sie haben keine Ahnung, was Hunger ist, solange Sie nicht Brad Lowells Mäuse beobachtet haben. Vor ein paar Jahren haben der Neurowissenschaftler Lowell und sein Doktorand Mike Krashes herausgefunden, wie man den Drang nach Nahrung auf die Spitze treiben kann. Dazu stimulierten die Forscher von der Harvard University ein Neuronenbündel im Hypothalamus der Mäuse – dem Bereich des Gehirns, der sehr wahrscheinlich eine Schlüsselrolle bei der Regulierung unserer Grundbedürfnisse spielt.

Ein Video zeigt, was dann geschah: Zunächst ist die Szene ruhig. Die Kamera schwenkt langsam an einer Reihe von Plastikkäfigen entlang, in denen jeweils eine wohlgenährte Maus friedlich auf einem Bett aus Holzspänen ruht. Keine der acht Mäuse interessiert sich für die Futterpellets, die reichlich, aber unerreichbar in einem Gitter liegen, das unter der Käfigdecke hängt. Ihr Desinteresse ist nicht verwunderlich, denn jede Maus hat soeben das Äquivalent eines Festessens verzehrt.