"Diablo Immortal" angespielt: Teures Monstergeschnetzel

Blizzard will mit dem Free2Play-Titel "Diablo Immortal" neue Spielerinnen und Spieler erreichen. Das kontroverse Pay2Win-Konzept vermiest aber den Spielspaß.

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(Bild: heise online)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Ein Rumoren ging durch die Fan-Szene, als Blizzard 2018 "Diablo Immortal" ankündigte. War es doch kein echtes "Diablo", sondern nur ein Mobile-Titel für Android und iOS. Vermutlich um die Wogen zu glätten, erschien jetzt auch eine Beta-Version des Free2Play-Titels für den PC. Die hat weniger mit Optimierungsproblemen zu kämpfen als mit exzessiven Pay2Win-Mechaniken und einem ideenlosen Spielprinzip.

Inhaltlich ist "Diablo" gleichgeblieben: Wir wählen vom Zauberer über die Barbarin bis zur Kreuzritterin aus sechs Helden, die mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten das Böse aufhalten sollen. Es dringen nämlich wieder Dämonen in unsere Welt ein. Wir treffen alte Bekannte wie Deckard Cain und schnetzeln uns durch Horden von Spinnen, Kultisten und ekligen Monstern, um an wertvolle Ausrüstung zu kommen.

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Neue Ideen, die dieses in die Jahre gekommene Spielprinzip in irgendeiner Form aufpeppen, gibt es nicht. Szenarien wie dunkle Kellergewölbe, Sümpfe oder Wüsten kennen die Fans schon aus den Vorgängern zur Genüge. Visuell bleibt "Immortal" zwischen den letzten beiden "Diablo"-Teilen hängen, ohne besonders spektakulär sein – kein Wunder bei einem primär fürs Handy entwickelten Spiel. Lediglich in den Fähigkeiten der einzelnen Helden gibt es dezente Unterschiede zu den Vorgängern. Der Team-Aspekt wurde dagegen ausgebaut: Das Spiel geht jetzt stärker in Richtung MMO. Spieler und Spielerinnen können Truppen oder Clans bilden, um miteinander auf Monsterjagd zu gehen.

"Diablo Immortal" angespielt (5 Bilder)

Originell geht anders: ”Diablo Immortal“ ist nur ein mittelmäßiger Aufguss eines altbekannten Spielprinzips. (Bild: heise online)

Alles ist in "Immortal" simpel gestrickt. Der Weg zur nächsten Quest wird uns per Autonavigation aus der Hand genommen. Komplexe Fähigkeitenbäume gibt es nicht, da sich die Fähigkeiten alleine hochleveln. Der Lebenstrank füllt sich regelmäßig auf und am Gamepad sterben die Monster durch automatisches Zielen besonders schnell. Die Areale sind klein und übersichtlich, ein Dungeon ist in wenigen Minuten geräumt. In einer Gruppe mit anderen Mitspielern sind die Kämpfe auf dem normalen Schwierigkeitsgrad kinderleicht. Das beliebte Spielprinzip aus Looten und Leveln wird schnell zu einem simplen Maus- und Knöpfchengedrücke, das die Fans in "Path of Exile", "Grim Dawn" oder "Diablo 3" besser gesehen haben.

In "Immortal" können Spieler und Spielerinnen in Ältesten- und Herausforderungsportalen bei wachsendem Schwierigkeitsgrad auf die Jagd nach besonders wertvoller Ausrüstung gehen oder sich später auf "Schlachtfeldern" mit anderen duellieren. Wer sich darauf aber einlässt, muss sich auch mit den komplexen und teuren Pay2Win-Spielmechaniken auseinandersetzen.

Im Kern dreht sich alles um Edelsteine. Mit diesen können Spieler und Spielerinnen ihre Ausrüstung verbessern. Diese Juwelen kommen durch kostenlose Tagesbelohnungen, die Story oder eben durch die erwähnten Herausforderungsportale ins Spiel und können beim Juwelier aufgewertet werden. Ein weiterer Itemtyp sind Embleme. Die können verbraucht werden, um Portale aufzuwerten, damit darin wiederum bessere Juwelen freigeschaltet werden können.

Theoretisch können einfache Versionen der Edelsteine und Embleme erspielt werden, ohne dafür zu zahlen. Es dauert aber außergewöhnlich lange, besonders gute Steine zu bekommen. Bei wertvollen Edelsteinen ist die Droprate, also die Chance sie zufällig zu bekommen, sehr niedrig. Deshalb gibt es im Shop gegen Echtgeld sogenannte "Ewige Kugeln", die so etwas wie die Basiswährung sind. Damit können legendäre Truhen (Lootboxen) gekauft werden, in denen besagte Embleme stecken. Nur mit ihnen hat man eine echte Chance, bessere Edelsteine zu bekommen. Eine Garantie für die beste Beute gibt es trotzdem nicht. Egal, ob die Fans jetzt 1 € oder 100 € in das Spiel stecken – am Ende können sie auch mit leeren Händen dastehen. Weil Lootboxen in Belgien und den Niederlanden als Glücksspiel eingestuft werden können, bietet Activision-Blizzard "Diablo Immortal" dort gar nicht erst an.

Jede Waffe, jede Rüstung und jedes Schild ist im Spiel zwar grundsätzlich frei erspielbar. Das führt allerdings in die Irre: Ohne entsprechende Edelsteine ist die schönste Waffe nichts wert. Deshalb müssen besonders Spieler und Spielerinnen in den sauren Apfel beißen, die abseits von der Story ihre Helden in typischer "Diablo"-Manier optimieren wollen. Ohne echte Euro dürfte es kaum möglich sein, einen auf hohen Levels konkurrenzfähigen Helden zu basteln.

Fairerweise muss gesagt werden, dass die Story komplett ohne Hilfsmittel aus dem Ingame-Store durchgespielt werden kann. Gleiches gilt für die Edelsteine und die zweite Ingame-Währung Platinum. Die Suche danach dauert nur sehr lange. Insgesamt ist das ganze System verwirrend: Welche Währung wir nun für welchen Edelstein oder Rohstoff brauchen, ist hinter einigen Menus versteckt. Solche verwirrenden Mechaniken werden oft eingesetzt, um tatsächliche Kosten zu verschleiern. Neben den für Fortschritt wichtigsten Items können auch kosmetische Gegenstände erworben werden.

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"Diablo Immortal" ist der kleinste gemeinsame Nenner eines abgestandenen Spielprinzips, das sich durch ausufernde und teure Pay2Win-Mechaniken selbst ins Abseits bugsiert. Nichts in diesem Spiel fühlt sich frisch und spannend an. Alles wurde so oder ähnlich in tausendfacher Form von den Vorgängern und der Konkurrenz gezeigt. Die Pay2Win-Mechaniken treffen das Herz des Spiels und sorgen für ein Ungleichgewicht zwischen zahlungskräftigen Fans und denen, die einfach nur zocken wollen. Bis zur fertigen PC-Version muss Blizzard zumindest den Ingame-Store überarbeiten. "Diablo Immortal" ist im Moment bestenfalls eine Empfehlung für anspruchslose Monsterjäger wert, die von ihrem Lieblingsspiel nicht genug kriegen können.

"Diablo Immortal" ist als Beta-Version für PC und als Vollversion für iOS und Android erschienen. Es ist kostenlos. USK nicht geprüft. Für unser Angespielt haben wir die PC-Version gespielt.

(dahe)