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Fahrbericht: Audi A3 35 TFSI

Wolfgang Gomoll
Audi A3 2020

Der neue Audi A3 ist ein gut gemachtes Auto. Die Serienausstattung wirkt angesichts der Preise aber ziemlich dürftig.

(Bild: Audi)

Der neue Audi A3 hält grundsätzlich an dem fest, was den Vorgänger erfolgreich gemacht hat. An einer Stelle zeigt sich die Marke ziemlich mutig.

„Dynamisch wie nie“ preist Audi den neuen A3 an. Ob das optisch der Fall, mag jeder allein beurteilen, dem im Konfigurator ersichtlichen Basismodell blieb eine zugespitzte „Verdynamisierung“ jedenfalls erspart. Mutig erweist sich die Volkswagenmarke dagegen an anderer Stelle. Eine erste Ausfahrt zeigt indes, dass Audi nicht eine Neuausrichtung, sondern eine Verfeinerung des bekannten Konzepts im Sinn hatte.

Audi geht im Innenraum einen anderen Weg als Skoda Octavia, Seat Leon und VW Golf. Während dort ein Teil der Bedienung über längliche Touch-Mulden erfolgt, setzt Audi auf einen Mix aus Berührungsbildschirm und Tasten. Die Gestaltung setzt bewusst auf Brüche, manches wirkt etwas arg kantig reingezimmert. Die Zeit eines harmonischen Ineinanderübergehens ist am A3-Armaturenbrett vorbei. Funktional ist das nicht zwangsläufig ein Nachteil. Die Idee, beispielsweise die Klimaautomatik weiterhin abseits des Bildschirms bedienen zu können, gefällt mir.

Allerdings kann in der Reihe, in der beispielsweise auch die Fahrmodi und der Parkassistent bedient wird, der jeweilige Knopf nur nach unten gedrückt werden. Das bedeutet: Um von „Individual“ zu „Dynamic“ zu gelangen, muss man sich durch die anderen Einstellungen klicken „Wenn wir das anders gelöst hätten, hätte einen ganzen Rattenschwanz an Veränderungen nach sich gezogen und das Bauteil wäre auch größer geworden“, gibt Techniker Maximilian Mitwalsky zu. Alternativ kann man den Fahrmodus auch über Touchscreen auswählen.

Fahrbericht Audi A3 2020 (0 Bilder) [1]

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Der Testwagen war gut verarbeitet und fein ausgekleidet. In den Sitzbezügen und dem Kofferraum seien 45 beziehungsweise 62 PET Flaschen verarbeitet, verkündet Audi stolz zum Thema Nachhaltigkeit. Grundsätzlich eine gute Idee ist, dass man im A3 das Head-up-Display nachrüsten kann. Allerdings muss dafür die Einbauvorrichtung vorhanden sein, die man bei der Erst-Konfiguration für 190 Euro mit bestellen muss. Die Frage bleibt, wer das macht und nicht gleich das gesamte System für 800 Euro ordert.

Ohnehin lohnt es sich, bei der Konfiguration genau hinzusehen. So ist etwa ein Display als Kombiinstrument Serie. Allerdings bleiben dann zwei grob auflösende Anzeigen für Kühlmitteltemperatur und Tankinhalt übrig. Ein allumfassendes Display kostet nur 240 Euro, lässt sich aber nur zusammen mit mehr Tasten auf dem Lenkrad ordern. An anderer Stelle heißt es gut aufpassen. So schreibt Audi zu den serienmäßigen Scheinwerfern: „Abblendlicht, Fernlicht, Tagfahrlicht und Positionslicht in LED-Technologie“. Das ist schon trickreich formuliert, denn LEDs stecken hier nur im Positionslicht. [Korrektur 1. April]: Hier haben wir dem Audi unrecht getan. Richtig ist, dass Audi für die Funktionserweiterung der serienmäßigen LED-Scheinwerfer um Dinge wie Abbiege-, Autobahn-, Kreuzungs- und Schlechtwetterlicht 890 Euro Aufpreis verlangt [/Update] Wer Matrix-Licht haben möchte, zahlt 1590 Euro.

Ähnlich wie bei Tempomat und Klimaautomatik hat der Kunde eigentlich keine Wahl, sofern er sich nicht einen „Freund fürs Leben“ ans Bein binden will. Der kurze Seitenblick nach Wolfsburg sei gestattet: Selbst im Basis-Golf, einer üppigen Serienausstattung grundsätzlich unverdächtig, sind Klimaautomatik und LED-Scheinwerfer ohne Zuzahlung dabei.

Ohne diese ist auch ein Spurhalteassistent installiert, der uns allerdings nicht vollständig überzeugt hat. Denn er torkelt leicht zwischen den Fahrbahnmarkierungen hin und her, korrigiert immer wieder per Lenkeingriff, bis irgendwann einmal die Begrenzungslinie überfahren wird. Deutlich geschmeidiger agiert das System im Zusammenspiel mit dem aufpreispflichtigen, adaptiven Tempomaten: Da bleibt der A3 mittig auf der Fahrspur.

Das 1130 Euro teure, adaptive Fahrwerk ist harmonisch abgestimmt, bügelt Bodenunebenheiten unaufgeregt aus und kann mit den variablen Dämpfern angepasst werden. Die Spreizung ist spürbar, wir würden das Geld trotzdem anderweitig investieren – die lange Preisliste eröffnet diesbezüglich ja überreichliche Möglichkeiten. Grundsätzlich ist der A3 gutmütig und leicht zu beherrschen. Nur in engen, ambitioniert durcheilten Kurven neigt er zum Untersteuern, was aber nie problematisch wird, da die Regelsysteme sofort zur Stelle sind.

Die erste Preisliste vom 30. März 2020 umfasst genau genommen vier Motoren. Zwei Diesel mit 116 und 150 PS sowie einen 1,5-Liter-Benziner mit 150 PS, den es mit Mildhybrid (nur mit Doppelkupplungsgetriebe) und ohne Mildhybrid (nur mit Schaltgetriebe) gibt. Inklusive Normfahrer wiegt der A3 35 TFSI mit Schaltgetriebe 1355 Kilogramm. 150 PS und 250 Nm Drehmoment bei 1500/min reichen mehr als nur aus, diese Masse schwungvoll voranzutreiben. Audi verspricht 8,4 Sekunden im Standardsprint und 224 km/h Höchstgeschwindigkeit. Der Benziner ohne Mildhybrid-Aufsatz ist keine Neuentwicklung, wir hatten ihn hier in der Redaktion schon im VW Golf (Test) [3]. Wie dort fällt eine minimale Anfahrschwäche auch im A3 auf.

Audi nennt im WLTP 5,8 bis 6,4 Liter. In unserem damaligen Test kamen wir im Golf auf minimal 4,9 Liter, im Schnitt waren es 6,2 Liter. Mit ähnlichen Werten ist auch im A3 zu rechnen. Eine Zylinderabschaltung haben beide. Spannend wird zu beobachten sein, wie groß der Vorteil der Mildhybridisierung in der Praxis ist. Audi nennt bis zu 0,4 Liter als Einsparung, was sich zumindest im Zyklus nicht nachvollziehen lässt. Dort liegen die Versionen mit und ohne Mildhybrid nahezu gleichauf.

Die ersten neuen A3 sollen ab Anfang Mai ausgeliefert werden, sofern die Corona-Pandemie [4] diese Pläne nicht durchkreuzt. Wir würden jedoch allen Interessenten ohnehin empfehlen, mit einer Bestellung noch etwas zu warten. Denn die ersten Modelle werden noch mit der Abgasnorm Euro 6d-Temp ausgeliefert, was in dieser Form nur bis zu den Werksferien im Sommer 2020 Bestand haben dürfte. Dann wird auch Audi auf die Euro 6d-ISC-FCM [5] umstellen, die ab Januar 2021 für alle erstmals zugelassenen Autos in der EU Pflicht wird. Warum Audi so verfährt, bleibt einigermaßen rätselhaft, Kunden sollten einem Hersteller für so eine Politik aber die rote Karte zeigen.

Bis zum Verkaufsstart im Mai will Audi noch einen Einliter-Dreizylinder-Benziner mit 110 PS nachreichen, der 26.800 Euro kosten soll. Bis dahin beginnt die Preisliste bei 28.900 Euro, inklusive einer ziemlich dürftigen Serienausstattung. Die beiden Linien „advanced“ und „S line“ verändern vor allem die Optik. Schon mit geringen Ansprüchen an Ausstattung und Antrieb steht am Ende ein Listenpreis von mehr als 34.000 Euro, was schon mutig kalkuliert erscheint. Wer zusätzlich Wert auf Dinge wie Automatik, Matrix-Licht, Navigationssystem oder Lederbezüge haben will, kann locker mehr als 40.000 Euro einplanen. Audi sieht sich hier in einer Gesellschaft mit BMW [6] und Mercedes [7], die es in vergleichbar großen Autos auch nicht anders handhaben.

Fahrbericht Audi A3 2020 (0 Bilder) [8]

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Zweifelsohne viel Geld für ein kompaktes Auto. Doch das andere Mütter für diese Summe reizvolle Töchter im Sortiment haben, hat die angestrebte Kundschaft bisher mehrheitlich nicht vom A3-Kauf abbringen können. Angesichts der insgesamt konstanten Ausrichtung besteht aus Sicht von Audi vermutlich die Hoffnung, dass dies so bleibt. Vielleicht ringen sich die Strategen ja noch zu einem Paket durch, das zumindest gängige Extras wie Sitzheizung, Tempomat und Klimaautomatik inkludiert.

(mfz [10])


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[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-VW-Golf-1-5-TSI-ACT-3751530.html
[4] https://www.heise.de/thema/Coronavirus#liste
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Abgasnorm-Euro-6-Was-wichtig-wird-4600305.html
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-BMW-118d-4617927.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Mercedes-A200-4248631.html
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