Red Hat Enterprise Linux 5

Virtualisierung zählt zu den Hauptmerkmalen der neuen Red-Hat-Distribution für Unternehmenskunden, die mit verbesserte Hardware-Unterstützung sowie aktualisierter und erweiterter Software-Ausstattung aber noch zahlreiche weiter Neuerungen bietet.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Nach langer Entwicklungsphase stellt Red Hat zur CeBIT die nächste Version seiner kommerziellen, auf Unternehmenskunden zielenden Linux-Distribution vor. Virtualisierung mit Xen ist einer der Schwerpunkte in Red Hat Enterprise Linux 5; Optimierungen an SELinux, verbesserte Hardware-Unterstützung, neue Entwickler-Tools und eine im Vergleich zum über zwei Jahre alten Vorgänger deutlich aktualisierte Software-Ausstattung sind einige der weiteren Aushängeschilder von RHEL5. Ferner passte Red Hat das Angebotsmodell an und bietet nun nur noch zwei Installationsmedien für Server und Desktops/Clients an, deren genaue Fähigkeiten eine Installationsnummer während der Installation festlegt.

Installationsprogramm von RHEL5

Für die Virtualisierung zeichnet Xen verantwortlich, das in RHEL5 auf x86- und x64-Systemen sowohl Paravirtualisierung als auch "volle" Virtualisierung mit Hardware-Unterstützung beherrscht. Bei der Paravirtualisierung muss das Gastsystem selbst an Xen angepasst sein. Die "volle" Virtualisierung erfordert Virtualisierungs-Funktionen im Prozessor – Vanderpool/VT (Intel) oder AMD-V. Mit dieser Hilfestellung gelingt auch der Start von unmodifizierten Gastsystemen unter dem Xen-Hypervisor, den das als Dom0 laufende Red-Hat-Linux steuert. Einen VMware-ähnlichen Bedienungskomfort beim Aufsetzen und Verwalten von Gastsystemen soll das Programm virt-manager ermöglichen.

RHEL5 soll die Sicherheitskriterien EAL4+ und Labeled Security Protection Profile (LSPP) nach dem Common Criteria Standard erfüllen. Die mit RHEL4 hinzugestoßene SELinux-Unterstützung wurde mit der neuen Distribution stark überarbeitet; so beherrscht das Sicherheitsframework nun unter anderem Multi-Level Security (MLS). Auch der viel kritisierten Wartbarkeit von SELinux nahmen sich die Entwickler an und entwickelten das SELinux Trouble Shooting Tool (setroubleshoot). Das grafische Programm hilft dem Anwender beim Analysieren von durch SELinux ausgelösten Einschränkungen sowie gegebenenfalls beim Definieren von Ausnahmeregelungen.

Direkt enthalten in der neuen Red-Hat-Distribution ist nun aus dem dem Kauf von Netscape Enterprise Solutions hervorgegangene Software zur Unterstützung von SmartCards zum Login und Kerberos-Authentifikation. Auch das aus der Übernahme von Sistina eingekaufte Cluster-Know-How ist etwa in Form des Cluster-Dateisystems GFS und von Tools für die Cluster-Administration in RHEL5 eingeflossen.

Neu ist auch die Unterstützung von iSCSI-RAID-Arrays oder InfiniBand mit Remote Direct Memory Access (RDMA). Ebenfalls erstmals enthalten ist Kexec und die darauf aufsetzende Kernel-Crash-Analyse-Technik Kdump. Zur Systemverwaltung kommt weiterhin das Red Hat Network (RHN) zum Einsatz – zum Einspielen von Software-Updates setzt es unter der Haube auf das von Fedora her bekannte Paket-Verwaltungstool Yum. Mittels Samba 3.0.23 gelingt die Integration in ein Active Directory.

Als Kernel kommt eine angepasste und um allerlei Funktionen erweiterte Version 2.6.18 zum Einsatz. Sie kann mit deutlich mehr Hardware als der Kernel von RHEL4 umgehen, enthält I/O-AT Unterstützung sowie IPv6- und IPSEC-Verbesserungen. Zudem wurde die ACPI- und Standby/Suspend-Unterstützung verbessert, sodass sich die Stromsparmodi moderner Systeme auch nutzen lassen sollten. Für die grafische Oberfläche ist X.org 7.1 zuständig; GCC 4.1 agiert als Compiler, als Standard-C-Bibliothek fungiert eine glibc 2.5. Wie gehabt nutzt Red Hat GNOME als Standard-Desktop-Oberfläche – nun in Version 2.16; KDE 3.5.4 liegt ebenfalls bei.

RHEL5 setzt auf Gnome 2.16 als Desktop-Oberfläche

Neben den erwähnten Techniken bietet RHEL5 aber noch zahlreiche weitere Detail-Verbesserungen im Vergleich zum zwei Jahre alten Vorgänger. Sie sind zum Teil schlicht der deutlich moderneren Software-Ausstattung zu verdanken, die zahlreiche in der Zwischenzeit von den Open-Source-Entwicklern programmierte Neuerungen mitbringt. Vom Software-Stand und der Paket-Ausstattung ähnelt RHEL5 grob der von Red Hat unterstützten Community-Distribution Fedora Core 6, die als Basis für RHEL5 diente.

Zahlreiche Neuerungen sind in RHEL5 zudem als Technology Preview zwar enthalten, aber nicht durch den Red-Hat-Support abgedeckt und noch "nicht für den Produktiv-Einsatz geeignet". Dazu zählen Xen-Unterstützung auf Itanium (IA64), Stateless Linux, das Cluster-Dateisystem GFS2, Verbesserungen an ext3 für Dateisysteme bis zu 16 Terabyte, dm-multipath-Unterstützung im Installationsprogramm, FS-Cache, die Debugging- und Performance-Analyse-Tools SystemTap und Frysk oder die 3D-Effekte auf dem Desktop mit AIGLX und Compiz. Erst mit zukünftigen Updates von RHEL5 sollen diese Techniken den Status von durch den Red Hat-Support abgedeckten Funktionen erreichen.

Während es bei RHEL4 auf einigen Hardware-Architekturen bis zu fünf verschiedene Installationsmedien mit unterschiedlicher Software-Ausstattung gab, soll sich RHEL5 fortan auf zwei verschieden Installationsmedien für Desktop/Client und Server beschränken. Ihren genauen Funktionsumfang legt man über die bei der Installation angegebene Seriennummer fest. Beim Client/Desktop bietet Red Hat die Varianten "Desktop", "Desktop und Workstation", "Desktop, Workstation und Multi OS (Virtualisierung)" und "Desktop und Multi OS (Virtualisierung)" an; die Ausgaben mit Unterstützung von Virtualisierung ermöglichen maximal vier Gastsysteme.

Eine Installationsnummer legt nun den genauen Funkitonsumfang fest

Mit dem Server-Installationsmedium lässt sich eine schlicht "Server" genannte Variante installieren, die auch Virtualisierung beherrscht, sowie die "Advanced Plattform", die die Red Hat Cluster Suite und das Global File System (GFS) enthält. Die Desktop-Varianten gibt es nur für die Architekturen i386 und x86_64 (x64); die Server-Varianten auch für Itanium (IA64), PPC/PPC64 und s390x.

Ganz im erwarteten Zeitrahmen ist Red Hat mit RHEl5 indes nicht; einen genauen Veröffentlichungstermin hatte Red Hat zwar vorab nie angekündigt, aber normalerweise peilt der Distributor grob alle 18 bis 24  Monate eine neue Version der Unternehmens-Distribution an. Dass es nun 25 wurden, dürfte zum großen Teil an der Virtualisierungstechnik Xen liegen. An ihr hatte Red Hat in den vergangenen Monaten fleißig geschraubt, nachdem der Distributor sie Mitte vergangenen Jahres als noch nicht reif für den Unternehmenseinsatz eingestuft hatte – passenderweise kurz nachdem der ärgste Konkurrent Novell sein Suse Linux Enterprise 10 (SLES10) mit Xen-Unterstützung eingeführt hatte. (thl/c't) (thl)