Bill Gates zwischen Schein und Sein

Die "Bill & Melinda Gates Foundation" unterstützt nicht die notleidenden Menschen in Afrika, sondern etliche Agrarkonzerne und deren Profitinteressen

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Bill Gates ist mit einem geschätzten Privatvermögen von 78,9 Milliarden US-Dollar nach wie vor der reichste Mensch der Welt. So viel Geld ist natürlich etwas anrüchig, weshalb Bill Gates und seine Frau Melinda 1999 die "Bill & Melinda Gates Foundation" (BMGF) gegründet haben. Mit einem Kapital von 43,5 Milliarden US-Dollar ist sie mit Abstand die weltweit größte Privatstiftung.

Warren Buffett, mit derzeit 59.5 Milliarden US-Dollar Privatvermögen der drittreichste Mensch der Welt, gehört zu den größten Investoren der BMGF und sitzt im Aufsichtsrat der Stiftung. Fakt ist: Die BMGF investiert mehr Geld in globale Gesundheits-, Bildungs- und Ernährungsprojekte als jede demokratisch gewählte Regierung der Welt.

Bill und Melinda Gates geben ihrer Stiftung einen betont philanthropischen Anstrich: "Wir sind der Meinung, dass jeder Mensch die Chance haben sollte, ein gesundes und produktives Leben zu führen", heißt es auf der Internetseite der Stiftung. In der Öffentlichkeitsarbeit setzt die BMGF alles daran, als wohltätige, ja fast schon weltrettende Organisation in Erscheinung zu treten. Im Januar 2016 erklärten Bill und Melinda Gates, dass sie sich der "Zero Hunger Challenge" der Vereinten Nationen verpflichtet sehen, die den weltweiten Hunger bis 2030 besiegen will.

Ist Bill Gates ein altruistischer Heilsbringer, der seine Milliarden zum Wohl der Menschheit spendet? Nein, unter dem Deckmantel der BMGF laufen knallharte Geschäfte, wie die aktuelle Studie "Gated Development. Is the Gates Foundation always a force for good?" der britischen NGO Global Justice Now zeigt. Mark Curtis, der Leiter der Studie, kritisiert in der Einleitung die Verflechtung der Stiftung mit internationalen Großkonzernen:

Der Weltöffentlichkeit wird der Mythos verkauft, dass private Philanthropie viele Lösungen für die Probleme der Welt bereithält, während sie die Welt vielmehr in viele falsche Richtungen drängt. […] Die Untersuchung der BMGF-Programme zeigt, dass die Stiftung, deren Führungskräfte größtenteils bei US-amerikanischen Großkonzernen tätig sind, multinationale Konzern-Interessen unterstützt - zulasten der sozialen und ökonomischen Gerechtigkeit.

Die Strategie der Stiftung sieht vor, die Rolle multinationaler Unternehmen im Bereich der globalen Gesundheit und insbesondere in der Landwirtschaft zu stärken, obwohl genau diese Unternehmen maßgeblich für die Armut und Ungerechtigkeit verantwortlich sind, die ohnehin schon den Globalen Süden drangsalieren. […] Zudem ist die Stiftung der weltweit größte Investor bei der Erforschung genmanipulierter Nutzpflanzen.

Mark Curtis, "Global Justice Now", Leiter der Studie

Stärkung multinationaler Konzerne

Zunächst übt die Studie starke Kritik am Geldfluss von Bill Gates' Microsoft und der BMGF: Microsoft schleust laut einem Bericht des US-Senats jährlich rund 4,5 Milliarden US-Dollar am Fiskus vorbei, indem man die Gelder in karibischen Steueroasen verschwinden lässt. Die Summe der vorbeigeschleusten Steuergelder übersteigt somit deutlich die Einnahmen der Stiftung, die bei jährlich rund 3,6 Milliarden US-Dollar liegen.

Doch was geschieht mit den Einnahmen? Beträchtliche Summen legt die Stiftung in Aktien an, darunter Aktien von BP, ExxonMobil, Coca-Cola, Procter & Gamble, Wal Mart, McDonald’s und etlichen anderen Großkonzernen mit zweifelhaftem Ruf. Allein die Anteile an Coca-Cola belaufen sich auf über eine halbe Milliarde US-Dollar. Die BMGF ermöglichte es Coca-Cola, 50.000 kenianische Kleinbäuerinnen und -bauern mit Knebelverträgen zu verpflichten, damit sie für Coca-Cola Passionsfrüchte anbauen, die in den Export gehen.

Druck zu "marktbasierten Lösungen"

Darüber hinaus hat die BMGF großen Einfluss auf die Politik der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Über 11 Prozent des Budgets der WHO speist sich aus Spenden der BMGF. Keine Regierung der Welt zahlt so viel Geld an die WHO wie die Stiftung von Bill Gates. Im Gegenzug "empfiehlt" die BMGF der WHO, ihre Aufträge an Pharmakonzerne wie Merck, GlaxoSmithKline, Novartis und Pfizer zu vergeben, die ebenfalls Millionenspenden von der BMGF erhalten.

Das Ziel der Pharmakonzerne - und der mit Aktien beteiligten BMGF - ist es, einen exklusiven Marktzugang in Afrika und Asien zu erhalten, "marktbasierte Lösungen" zu entwickeln und gleichzeitig die öffentlichen Gesundheitssysteme auszuhebeln. Zwar steigt inzwischen die Impfrate, doch gleichzeitig steigen die Gewinne der beteiligten Konzerne: Eine vollständige Impfung eines Kindes kostete 2015 bis zu 68 mal mehr als noch im Jahr 2005 - mit denselben Medikamenten.

Lungenentzündungen sind noch immer die häufigste Todesursache für Kinder unter fünf Jahren im Globalen Süden. GlaxoSmithKline und Pfizer, die einzigen Hersteller von Impfpräparaten, haben zwischen 2009 und 2015 über 19 Milliarden US-Dollar allein mit ihren Impfungen verdient. Die NGO "Ärzte ohne Grenzen" fordert deshalb, dass die Kosten pro Impfung von 60 auf 5 US-Dollar gesenkt werden, woraufhin die BMGF erwiderte, dass man dadurch die Pharma-Konzerne abschrecken würde, im Globalen Süden tätig zu werden.