Petition gegen GEMA-Vermutung nimmt erste Hürde

Erforderliche Mindestanzahl von 50.000 Mitzeichnern erreicht

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Petition 35441, welche die Abschaffung der sogenannten "GEMA-Vermutung" fordert, hat einen Tag vor Fristende die erforderliche Mindestanzahl an Mitzeichnern erreicht. Die etwas holprig formulierte Petition richtet sich gegen die in § 13c UrhWahrnG festgeschriebene Umkehr der Beweislast für die Inhaberschaft von Wahrnehmungsrechten. Fordert etwa die GEMA von einem Veranstalter Vergütung für Musiknutzung, muss sie derzeit nicht beweisen, dass sie überhaupt zur Wahrnehmung der Rechte der betroffenen Künstler berechtigt ist. Tatsächlich jedoch hat die GEMA - ein privater Verein - nur das Mandat von Künstlern, die bei ihr Mitglied sind oder die Wahrnehmung ausländischen Partnergesellschaften übertragen haben.

Die "GEMA-Vermutung" wurde als sachgerecht angesehen, weil es praktisch nur eine Musikverwertungsgesellschaft gab und nahezu alle professionell schöpferischen Musiker der GEMA ihr Repertoire zur Wahrnehmung übertrugen. Da mangels konkurrierender Musikverwertungsgesellschaften ein Abgleich der erfassten Werke entfiel, hielt man es gleichermaßen für pragmatisch, der GEMA jegliche Wahrnehmungsrechte von Musik bis zum Beweis des Gegenteils zuzubilligen. Dies hat jedoch zur Folge, dass jegliche Nutzung von Musik und damit auch die von Werken GEMA-freier Künstler unter Generalverdacht steht. Den Veranstaltern, die sich gegen unberechtigte Forderungen wehren, werden bürokratische und kostenauslösende Pflichten auferlegt, obwohl normalerweise ein Kläger darlegen und beweisen müsste, dass er tatsächlich aktivlegitimiert ist. In ähnlicher Weise sind die Wahrnehmungsgesellschaften etwa für den Bereich Film oder Text organisiert.

Der geforderte Nachweis der GEMA-Freiheit ist insbesondere dann problematisch, wenn ein Künstler unter Pseudonym auftritt, eine Mitgliedschaft in der GEMA also nicht ausgeschlossen werden kann. Die Wahrnehmung erfolgt bei der GEMA personenbezogen, Künstler können also nicht über die Wahrnehmung einzelner Stücke verfügen, etwa bestimmte Werke der Allgemeinheit freigeben. Obwohl die GEMA den Nachweis ihrer Inhaberschaft als unpraktikable Zumutung empfindet, scheint es ihr jedoch im Internet etwa auf YouTube zu gelingen, das von ihr erfasste Material automatisiert zu identifizieren. Auch etwa im Rundfunk- und Diskothekenbereich wäre eine elektronische Erfassung der tatsächlich gespielten Werke möglich. Aufgrund der für die GEMA bequemen Gesetzeslage hat sie an derartigem Monitoring kein Interesse.

Durch die aktuelle Petition kann erreicht werden, dass der Bundestag sich mit der GEMA-Vermutung auseinandersetzt und die Parteien hierzu Position beziehen. Von einer Gesetzesänderung könnte insbesondere die neu gegründete cultural commons collecting society (C3S) profitieren, die der gelegentlich deftig kritisierten GEMA das angestammte Monopol streitig machen will. Bei diesem neuen Modell sollen allein die Künstler über die Wahrnehmung ihrer Werke entscheiden. Insbesondere will C3S ihr Verteilungsverfahren transparent machen, während der Verteilungsschlüssel der GEMA als undurchschaubar und ungerecht empfunden wird.