Konfiszierung russischer Vermögen: Warnungen vor De-Dollarisierung und Finanzkrieg

US-Dollar- und Yuan-Geldscheine. Bild: Eric Prouzet / Unsplash Licence

USA drängen auf Beschlagnahmung. Europa zaudert, will nur Zinsen auf russische Vermögen konfiszieren. Warum selbst westliche Banken davor warnen.

Es ist die Logik der Eskalation, nach der Akteure auf die Schädigung des Gegners fokussieren, dabei aber die negativen Auswirkungen der Schädigungen auf sie selbst ausblenden. Zugleich wird die Legalität und Legitimität der zu ergreifenden Maßnahmen hintan gestellt.

Druck auf Konfiszierung wächst

Seit einiger Zeit wird in den USA und Europa darüber debattiert und politisch verhandelt, ob die in den G7-Staaten gelagerten russischen Zentralbank-Vermögen in Höhe von rund 300 Milliarden Dollar, die im Zuge des Ukraine-Kriegs eingefroren wurden, konfisziert und der Ukraine bereitgestellt werden sollen.

Der Druck, die russischen Gelder "aufzulösen" und für die Ukraine zu verwenden (insbesondere für Waffenlieferungen), ist in den letzten Wochen und Monaten gewachsen, da die Bereitschaft im Westen, die kontinuierlichen Mittel zur Finanzierung des ukrainischen Militärs und Staats zur Verteidigung gegen die russischen Streitkräfte abnimmt, oder, wie in den USA, die Gelder im Parlament geblockt sind.

Die Vereinigten Staaten gehen dabei voran. Ein überparteilicher Beschluss hat den US-Präsidenten bereits ermächtigt, russische Staatsvermögen zu konfiszieren und sie für einen Ukraine-Fonds zu verwenden.

Das wäre aber nach internationalem Recht äußerst problematisch. Es würde die Norm der Staatenimmunität untergraben und das Vertrauen in westliche Währungen erschüttern, so wird befürchtet.

Europäer würden vor allem unter Gegenmaßnahmen leiden

Dabei wird das Völkerrecht von jenen, die für eine Konfiszierung sind, uminterpretiert bzw. aufgeweicht. Denn obwohl die Staatenimmunität Zentralbanken einschließt, wird nun argumentiert, dass bei Verfehlungen eines Staats "Gegenmaßnahmen" ergriffen werden können.

Aber diese Regel gilt nur für den betroffenen Staat, also in diesem Fall die Ukraine selbst. Die Rechtsexpertin Ingrid (Wuerth) Brunk von der Vanderbilt Law School weist daher darauf hin:

Es gibt kaum staatliche Vorgehensweisen, bei denen Drittstaaten Gegenmaßnahmen ergreifen, wenig oder keine Praxis von Gegenmaßnahmen, bei denen Immunität verweigert wird, und keine Beispiele, die die Aushebelung von Zentralbank-Immunität als Gegenmaßnahme unterstützen.

Zudem würde die rechtliche Ausweitung auf "kollektive Gegenmaßnahmen" einen Erosionsprozess in Gang setzen, bei dem jeder Staat andere Staaten, denen man Fehlverhalten unterstellt, mit Vergeltungsmaßnahmen überziehen könnte.

Natürlich würden mögliche Gegenmaßnahmen auf eine westliche Konfiszierung von russischen Vermögenswerten vor allem von Europa getragen werden müssen. Denn viele der russischen Mittel liegen dort.