"So lange es Atomwaffen gibt, wird die Nato ein nukleares Bündnis sein"

Am 21. September begegneten sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und UN-Generalsekretär António Guterres anlässlich der UN-Generalversammlung in New York. Bild: Nato

50 Staaten haben bislang den Vertrag zum Verbot von Atomwaffen unterzeichnet, die Nato kritisiert ihn scharf und warnt vor einer Gefährdung der internationalen Sicherheit

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Seit dem 20. September können Regierungen dem von 122 Staaten am 7. Juli beschlossenen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen unterzeichnen. Die Bundesrepublik hatte wie die anderen Nato-Staaten und fast alle EU-Staaten die Verhandlungen bei den Vereinten Nationen boykottiert. Sobald den Vertrag 50 Staaten ratifiziert haben, tritt er in Kraft.

Ziel ist es, die Verpflichtung der Atomwaffenstaaten zur Abrüstung, die sie mit dem Atomwaffensperrvertrag eingegangen sind, aber nicht umgesetzt haben, sondern wieder in einen atomaren Rüstungswettlauf eingetreten sind, auf diesem Weg durchzusetzen. Der Vertrag verbietet die Entwicklung, das Testen, die Herstellung, die Beschaffung, den Besitz und Lagerung von Atomwaffen aller Art, verboten ist neben den Einsatz auch schon die Drohung mit ihnen. Für Deutschland würde dies bedeuten, dass auch die nukleare Teilhabe verboten wäre, also die Lagerung von amerikanischen Atomwaffen und deren Einsatz im Kriegsfall (70 Prozent der Deutschen für das Abkommen zum Verbot von Atomwaffen)

Vorerst wird der Vertrag auch keine Wirkung haben, da alle Atommächte mitsamt ihren Verbündeten ihm nicht beitreten. Allerdings könnte der Vertrag, wenn ihn viele Staaten ratifizieren, einen moralischen Druck ausüben. Gegenwärtig allerdings ist er angesichts der vorhandenen Konflikte zwischen den USA, Russland und China sowie der Demonstration von Nordkorea, sich durch Atomwaffen abzusichern, nicht viel mehr als ein symbolischer Akt.

Am 20. September hat UN-Generalsekretär António Guterres den Vertrag zur Unterzeichnung freigegeben. Er bezeichnete den Vertrag als Meilenstein auf dem Weg zu dem Abbau aller Atomwaffen. Heute gebe es weltweit 15000 Atomwaffen: "Wir können nicht zulassen, dass diese Weltuntergangswaffen unsere Welt und die Zukunft unserer Kinder gefährden."

50 Staaten haben den Vertrag bereits unterzeichnet, allerdings wurde er erst von 3 Staaten, Thailand, dem Vatikan und Guyana, ratifiziert. Der Vertrag müsste von 50 Ländern ratifiziert werden, um dann 90 Tage später in Kraft zu treten.

Unterzeichnet wurde er auch von Österreich, Lichtenstein und Irland, noch nicht aber von Schweden, das für den Vertrag gestimmt hatte, aber unter den Druck seitens der USA - und wahrscheinlich anderer Nato-Staaten - geraten war. Die USA hatten angekündigt, dass mit einer Ratifizierung des Vertrags Schweden nicht mehr militärisch unterstützt werden könnte. Noch findet gerade die große Militärübung Aurora-17 mit der Teilnahme auch von amerikanischen Streitkräften statt. Verwiesen wird auf die verschlechternde Sicherheitslage an den Grenzen und die russische Bedrohung. Neben afrikanischen Staaten, Südafrika eingeschlossen, haben vor allem lateinamerikanische Staaten wie Brasilien, Chile, Costa Rica, Ecuador oder Mexico den Vertrag unterzeichnet. Auch Malaysia, die Philippinen, Indonesien und Neuseeland sind dabei.

Nach der Nato gefährdet der Vertrag die Abrüstung

Die Nato machte noch einmal ihren Standpunkt klar. Der Vertrag würde, so das Statement des Nato-Rats, die Abrüstung gefährden und den Atomwaffensperrvertrag aushöhlen. Solange nicht alle Staaten, die im Besitz von Atomwaffen sind, ein Verbot befürworten, könne ein Atomwaffenverbot nicht wirksam werden und auch nicht die "internationale Sicherheit und Stabilität" stärken. Riskiert würde damit eher das Gegenteil, da so "Spaltungen und Divergenzen in einer Zeit geschaffen werden, in der ein vereintes Vorgehen gegen die Verbreitung und Sicherheitsbedrohungen mehr denn je erforderlich ist".

Die Nato-Staaten sind auch keineswegs dazu bereit, Vorreiter spielen zu wollen. Hatte Barack Obama immerhin noch angekündigt, eine atomwaffenfreie Welt anzustreben, auch wenn während seiner Präsidentschaft weitere Schritte zur "Modernisierung" der Atomwaffen erfolgten, will Donald Trump zwar andere Länder wie Nordkorea daran hindern, Atomwaffen zu besitzen, aber mit ihm wird sich die Rüstungsspirale weiter hochschrauben. Er drohte Nordkorea auch implizit mit deren Einsatz.

Der Nato-Rat, dominiert von den USA, stellt klar: "So lange es Atomwaffen gibt, wird die Nato ein nukleares Bündnis sein. … Daher werden wir kein Argument akzeptieren, dass dieser Vertrag die Entwicklung des internationalen Rechts reflektiert oder zu dessen Entwicklung beiträgt."

Die Partner der Nato und alle Länder, die den Vertrag unterstützen wollen, werden aufgerufen, "ernsthaft die Implikationen für den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit" zu bedenken. Verweisen wird auf allgemein wachsende Bedrohungen und vor allem auf die schwere Bedrohung durch Nordkoreas Atomprogramm. Der Atomverbotsvertrag würde "diese drängenden Sicherheitsprobleme nicht berücksichtigen". Muss man daraus schließen, dass dieses Sicherheitsproblem mit Atomwaffen gelöst werden könnte? Nordkorea macht allerdings ebenso wie Pakistan, Indien und Israel klar, dass der Atomwaffensperrvertrag längst unterlaufen wurde, an dem die Nato aber festhalten will.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres drängte am 20 September darauf, dass zumindest der Kernwaffenteststopp-Vertrag (CTBT) endlich in Kraft treten müsse. Er wurde 1996 beschlossen, 183 Staaten haben ihn unterzeichnet, 166 ratifiziert. Um in Kraft zu treten müssten aber alle 44 Staaten, die an der Abrüstungskonferenz 1996 teilgenommen haben und über Atomtechnologie verfügen, ihn ebenfalls ratifizieren. Nordkorea, Pakistan und Indien haben den Vertrag nicht unterzeichnet, Ägypten, Israel, Frankreich, China und die USA nicht ratifiziert. Guterres fordert die 8 Staaten auf, den Vertrag zu unterzeichnen, um ihn endlich in Kraft treten zu lassen. Auch die verbliebenen anderen 30 Staaten, die ihn noch nicht ratifiziert haben, werden dazu aufgefordert.