Zucker aus dem All

Auf Meteoriten wurden außerirdische Zuckermoleküle entdeckt

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Augenzeugen berichteten von einem hellen Feuerball und einem darauf folgenden, lauten Knall. Etwa 30 Sekunden später regnete es 15 Kilometer östlich von Murray, Kentucky, Steine. Insgesamt fünf Gebäude wurden damals, am 20. September 1950, getroffen. Jetzt sorgt der Murray-Meteorit erneut für einen Knalleffekt: Wissenschaftler konnten auf ihm erstmals Zuckermoleküle außerirdischen Ursprungs nachweisen.

Neben dem Murray-Meteoriten untersuchte das Forscherteam um George Cooper vom NASA Ames Research Center in Moffett Field, Kalifornien, auch den Murchison-Meteoriten, der am 28. September 1969 in Australien niedergegangen ist. Beide wurden als kohlige Chondriten klassifiziert, also kohlenstoffhaltige Gesteinsbrocken, die aus der Zeit der Entstehung unseres Planetensystems übrig geblieben sind.

Murchinson-Meteorit

Zuvor hatten sich schon viele andere Wissenschaftler eingehend mit ihnen beschäftigt. Dabei wurden insbesondere Aminosäuren, die Bausteine von Eiweißmolekülen, gefunden, deren Existenz nur zum Teil mit irdischen Verunreinigungen erklärt werden konnte. Auf dem Murray-Meteoriten konnten Forscher Anfang der sechziger Jahre zwar auch Zuckermoleküle nachweisen, jedoch war der außerirdische Ursprung weniger eindeutig.

Zucker sind biologisch wichtige Stoffe. Sie dienen als Energiespeicher oder als strukturelle Stütze für andere Moleküle. So bestehen etwa die Nukleinsäuren, die Träger der Erbinformation, aus den Zuckern Ribose beziehungsweise Desoxyribose, an die sich jeweils die verschiedenen organischen Basen binden. Durch Verkettung untereinander können Zucker Makromoleküle bilden, die etwa in Zellwänden für Stabilität sorgen.

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature berichten Cooper et. al. nun vom Nachweis mehrerer Zucker und Zuckerabkömmlinge mit drei bis sechs Kohlenstoffatomen auf den Murchison- und Murray-Meteoriten. Den außerirdischen Ursprung dieser Stoffe leiten sie zum einen aus dem "abiotischen" Verteilungsmuster ab: Je größer die Moleküle sind, desto seltener kommen sie vor. Auch die strukturelle Vielfalt (Isomere) spricht für eine nicht-biologische Entstehung. Zum anderen haben die Wissenschaftler das Verhältnis verschiedener Kohlenstoff- und Wasserstoff-Isotopen in den Zuckermolekülen untersucht, das ebenfalls für einen außerirdischen Ursprung spricht.

Nach der Entdeckung einfacher Zuckermoleküle in interstellaren Materiewolken bedeuten diese Untersuchungsergebnisse eine weitere Erhärtung der Theorie, dass wichtige komplexe Bausteine des Lebens aus dem All auf die Erde gelangt sind. Cooper et. al. halten es für möglich, dass sich Zuckermoleküle auf kohlenstoffhaltigen Meteoriten durch die sogenannte Formose-Reaktion aus Formaldehyd gebildet haben könnten. Die grundlegende Frage, ob Leben überall dort entsteht, wo geeignete Bedingungen herrschen, oder ob es einmal irgendwo im Universum entstanden ist und sich seitdem ausbreitet, bleibt aber vorerst weiterhin ungeklärt.