Der spanische Geheimdienst lauscht für die NSA

Die USA sind privilegierter Partner von Spanien, das auch schon Daten aus dem "Five-Eye"-Lauschsystem Echelon erhalten hatte

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Der Direktor des spanischen Geheimdienstes CNI wird in Kürze vom Kontrollausschuss des Parlaments befragt, hat Ministerpräsident Mariano Rajoy am Mittwoch bekanntgegeben. "Die Regierung nimmt die Informationen sehr ernst, die in verschiedenen Kommunikationsmedien zur Spionageaffäre aufgetaucht sind", erklärte Rajoy vor dem Parlament. Nun muss Félix Sanz Roldán die Aufgabe zukommen, über die US-Spionage Aufklärung zu verschaffen, der die Bürger in Europa und auch Staatschefs ausgesetzt waren (und sind?), wie zum Beispiel auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. ()

Pikant wurde die Angelegenheit nun für Rajoy und seine konservative Regierung durch einen Bericht des "Wall Street Journal". Denn die Zeitung hatte veröffentlicht, dass auch Spanien und Frankreichs Geheimdienste für den US-Nachrichtendienst NSA spioniert hätten. Telefonate seien in Konfliktgebieten abgehört und Daten abgefangen worden. Schwammig wird zudem davon gesprochen, dass die Spionage des spanischen CNI zum Beispiel auch "andere Zonen" betroffen haben soll. Die Darstellung wurde am Dienstag praktisch von NSA-Chef Keith Alexander bestätigt. Im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses sagte er, die abgefangenen Daten stammten nicht allein von der NSA, sondern auch von ausländischen Partnern.

Rajoy wollte nun einmal schnell handeln. Üblicherweise schweigt er zu Problemen in seiner Regierung und seiner Partei und versucht Affären auszusitzen, wie die Schmiergeldaffäre, die seinen Schatzmeister Luis Bárcenas in Untersuchungshaft gebracht hat. Da die ihn die nun aber seit zehn Monaten verfolgt, ändert er nun seine Strategie. Er tut nun, als sei es seine Idee gewesen, Roldán zu befragen und schaut sich schon einmal nach einem Bauernopfer um. Tatsächlich hatte aber längst die Vereinte Linke (IU) dessen Anhörung beantragt.

Das Wall Street Journal stützte sich auf anonyme Quellen innerhalb der US-Geheimdienste. Demnach hätten spanische und französische Geheimdienste Telefonate und Daten gesammelt und an den NSA weitergeleitet. Damit werden wiederum Berichte gestützt, welche die spanische Tageszeitung El Mundo und die französische Zeitung Le Monde veröffentlicht hatten, wonach Spanien insgesamt 60 Millionen Datensätze geliefert hätte und Frankreich sogar 70 Millionen. Das sei aus Dokumenten von Edward Snowden hervorgegangen. Die Dokumente seien aber falsch interpretiert worden, schreibt die US-Zeitung. Tatsächlich gehörten die Daten zu einem groß angelegten Programm zum Datenaustausch. Die Ausspähung von verschiedenen Regierungschefs habe damit nichts zu tun, wird ausdrücklich betont.

Ob das stimmt, sei dahingestellt. Klar ist, dass es zum Geschäft der Geheimdienste gehört, abzulenken und falsche Fährten zu legen. Bekannt ist aber, dass einst George Bush den Spaniern das NSA-Lauschnetz Echelon zur Verfügung gestellt hat, um gegen die baskische Untergrundorganisation ETA vorzugehen. So wurde ab 2001 die Zusammenarbeit der Geheimdienste beider Länder unter der schon damals konservativen Regierung stark ausgebaut. Zudem wurde der frühere Cesid in CNI umbenannt, da der Vorgänger in etliche Skandale verwickelt war, was damit übertüncht wurde.

Als Gegenleistung für die Nutzung des Echelon-Lauschsystems wurde US-Diensten sogar offiziell die Tätigkeit in Spanien erlaubt und die Nutzungsverträge für die US-Stützpunkte in Rota (Cádiz) und Morón (Sevilla) verlängert. Von dort aus dürfen seither die Geheimdienste der USA als "privilegierter Partner" Spaniens spionieren. Weil das bislang illegal war, wurde es im Artikel 12 des Kooperationsvertrags 2002 legalisiert. Daraus geht hervor, dass die US-Militärgeheimdienste "in Spanien Personal unterhalten" und "Ermittlungen durchführen" dürfen. Nicht zuletzt zog Spanien auch an der Seite der USA in den Krieg gegen den Irak. Lügen und Falschinformationen über angebliche Massenvernichtungswaffen und Verstrickungen in den internationalen Terrorismus dienten als Rechtfertigung.

Da die enge Zusammenarbeit der Dienste aus Spanien und den USA bekannt ist, war es auch nicht verwunderlich, wenn der sozialdemokratische Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba nun im Parlament durchblicken ließ, dass er darüber informiert ist. Denn Rubalcaba war bis 2011 Innenminister und Vizeministerpräsident der Vorgängerregierung. Er bestätigte die intensive Kooperation und den Informationsaustausch, der "entscheidend im Kampf gegen den Terrorismus" sei. Dafür sei großes "Vertrauen" notwendig, bekräftigte er. Den USA müsse klargemacht werden, dass Aktivitäten in anderen Ländern, die diesen nicht bekannt seien, das Vertrauen zerstörten. "Wenn Dinge gemacht wurden, die unsere Regierung und unsere Institutionen betreffen, dann sprechen wir von Unredlichkeit", sagte er und forderte vor allem von den USA eine Aufklärung der Vorgänge.