Erst sprechen, dann denken, dann manipulieren?

Hans-Peter Uhls auf Video dokumentierte Aussage, dass Sicherheitsbeamte Deutschland regieren, klingt im Protokoll ganz anders

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Dass Hans-Peter Uhl jemand sein könnte, der Unüberlegtes von sich gibt, das legten bereits seine Forderungen zur Anonymität nahe, die auf eine Abschaffung geheimer Wahlen hinauslaufen würden, wenn man sie ernst nähme. Am Mittwoch meinte er während einer Bundestagsdebatte zur Staatstrojaner-Affäre wörtlich:

Das Land wird von Sicherheitsbehörden geleitet, die sehr behutsam mit dem sensiblen Instrument der Quellen-TKÜ umgeht, und so soll es auch sein. Es wäre schlimm, wenn unser Land am Schluss regiert werden würde von Piraten und Chaoten aus dem Computerclub. Es wird regiert von Sicherheitsbeamten, die dem Recht und dem Gesetz verpflichtet sind.

Im gestern veröffentlichten Transkript seiner Rede ist diese Passage allerdings geändert. Dort heißt es auf Seite 15611:

[…] vielmehr verfügt das Land über Sicherheitsbehörden, die sehr kontrolliert, sehr sorgfältig, sehr behutsam mit dem sensiblen Instrument der Quellen-TKÜ umgehen. So soll es auch sein. Es wäre schlimm, wenn unser Land von Piraten und Chaoten aus dem Chaos Computer Club regiert würde. Wir haben Sicherheitsbeamte, die Recht und Gesetz verpflichtet sind.

Aufgefallen ist diese Diskrepanz dem Chaos-Computer-Club-Mitglied Felix von Leitner. Sie erklärt sich aus dem schon länger bekannte Problem, dass Protokolle teilweise so erheblich nachbearbeitet werden, dass sie für Historiker nur bedingt aussagekräftig sind. Nicht so stark korrigiert wurde eine Aussage Uhls zum angeblich ausschließlich rechtmäßigen Einsatz des Staatstrojaners in Bayern, die so grob von der Wahrheit abweicht, dass selbst der Spiegel deutliche Worte fand.

Insgesamt erregte der erklärte Bewunderer chinesischer Sicherheitspolitik mit seiner Rede so viel Aufsehen, dass #Uhl gestern bei den deutschen Twitter-Trends zusammen mit #Gaddafi ganz vorne lag. Auch bei Anonymous fand man die Rede offenbar so bemerkenswert, dass die Gruppe einen Videomitschnitt davon ohne Wissen und Zustimmung Uhls auf die zeitweise übernommene Website des Abgeordneten stellte.

Damit stieg der ehemalige Münchener Kreisverwaltungsreferent, dessen Sprachhabitus ein wenig an den des Polizeipräsidenten Pilch aus der Fernsehserie Kottan erinnert, noch vor Siegfried Kauder und Joachim Herrmann zum bekanntesten Vertreter des Anti-Internet-Flügels in CDU und CSU auf. Ob ihm das hilft, hängt davon ab, welchen Kurs die Union zukünftig einschlagen wird.