"Redfall" angespielt: Blutleerer Koop-Ausflug der Prey-Entwickler


"Redfall" verspricht rasante Koop-Action. Doch das Ergebnis auf der Vampir-Insel versinkt nicht nur in technischen Problemen.

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(Bild: Bethesda)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Eine isolierte Insel, okkulte Phänomene und blitzschnelle Vampire: Mit dieser Mischung wollen die Arkane Studios ("Deathloop") mehr Abonnenten für den Xbox Game Pass begeistern. Bis zu vier Vampirjäger ziehen mit allerlei Schusswaffen, Pflockwerfern und übernatürlichen Fähigkeiten durch die relativ kleine offene Welt. In Haupt- und Nebenmissionen warten nicht nur Blutsauger, sondern auch ihre verbündeten Kultisten auf eine Abreibung. Statt Fahrzeugen gibt es schon früh eine Schnellreise, um unnötig lange Fußwege zu vermeiden. Auf den ersten Blick bieten die Areale schöne Möglichkeiten zum Schleichen und Flankieren. Nach dem Ausbruch eines Vampirvirus sind sogar das Meer und andere Gewässer ausgetrocknet, so dass sich zerfurchte Flussbetten gut als Deckung nutzen lassen.

Story verkommt zur Nebensache

Dumm nur, dass die Technik nicht immer mitspielt und die schwache KI erratisch reagiert. Mal renne ich fast unbehelligt an einem Camp vorbei, anderswo bietet mir beim Schleichen nicht einmal das dichte Buschwerk genügend Sichtschutz vor einer Patrouille. Manche der Kultisten nimmt die Überraschung offenbar derart mit, dass sie sich in wilden Glitches verrenken. Im Keller der Klinik hängen sogar einige Vampire völlig regungslos in der Luft, um von mir in aller Ruhe gepfählt zu werden. Vielleicht leiden sie immer noch an den Folgen der Menschenversuche, die hier ganz offensichtlich stattgefunden haben. Die scheußlichen Geheimnisse des Aevum-Konzerns und der von ihm beauftragten "Bellwether Security" stehen zu Beginn im Mittelpunkt der Geschichte. Auch der omnipräsente "Hollow Man" scheint damit in Verbindung zu stehen.

Obwohl mit den Roundhouse Studios ("Prey", 2006) und Arkane Austin ("Dishonored"-Serie) erzählerisch versierte Studios hinter dem Spiel stehen, verkommt die Story hier zur Nebensache. Sie wird hauptsächlich in gezeichneten Standbildern oder gefundenen Dokumenten erzählt. Im Fokus stehen die actionreichen Ausflüge, die die in einer Feuerwache verschanzten Überlebenden unternehmen. Die Wahl zwischen vier individualisierbaren Charakteren fiel mir nicht schwer. Ich habe mich sofort für die Studentin Layla Ellison entschieden, allein schon wegen ihrer Story-Verbindung zu den biomedizinischen Studien. Und natürlich aufgrund ihrer coolen Fähigkeiten wie einem Geister-Aufzug. Er lässt sich schon früh im überschaubaren Talentbaum aufmotzen und schleudert sogar Mitspieler hoch in die Luft.

Nützlich ist auch ihr glühender Regenschirm, der vor Angriffen schützt und bedrohliche Gegnerpulks effektiv zurückschleudert. Alternativ gibt es etwa den Scharfschützen Jacob oder den Paratechnologen "Dev" mit seinen knisternden Blitz- und Teleport-Tricks. Schade nur, dass ich noch keine Gelegenheit hatte, diese für das Team nützlichen Extras im Koop auszuprobieren. Ein öffentliches Matchmaking fehlt, und ein Freund war aufgrund von Arbeit und Familienverpflichtungen immer genau dann zu sehr eingespannt, wenn ich gerade Zeit hatte. Für ein auf Koop ausgelegtes Feierabendgemetzel ist die Umsetzung wirklich schwach. Dank der Bethesda-Accounts ist zwar Cross-Play zwischen PC und Konsole möglich, allerdings behält nur der Host den Story-Fortschritt. Die Gäste nehmen lediglich Dinge wie Ausrüstung und Heldenstufen mit nach Hause.

Gerade Pflockwerfer werden im Kampf gegen die schnell nachrückenden Bluttrinker nützlich. Nach der Schwächung durch Schrotflinte, Sturmgewehr und Co. ist immer ein spitzer Gegenstand für den Finisher notwendig. An sich eine schöne Idee, die für dynamische Kämpfe sorgen könnte. Doch in der Praxis schwankt der einstellbare Schwierigkeitsgrad. Im freien Gelände leisten einzelne Nachtwesen kaum Widerstand, in engen Gassen oder auf Bergpfaden überrennen sie den Spieler manchmal regelrecht. In solch einem Gedränge gehen die zeitaufwendigen Energiespritzen schnell zur Neige.

Nachschub gibt es zum Beispiel in der Basis. Ein Crafting-System fehlt aber. Stattdessen investiert man geplünderte Beute direkt in neue Waffen, die sich immerhin ein wenig mit kosmetischen Pflockvarianten individualisieren lassen. Ihre Handhabung geht in Ordnung, auch wenn beim Spiel mit dem Controller die Zielhilfe etwas zu stark nachhilft. Die getestete PC-Version leidet übrigens unter einigen Grafikfehlern. So flimmern Baumwipfel munter durcheinander und manche Texturen brauchen sehr lange zum Nachladen.

"Redfall" (5 Bilder)

Einige Vampire mit KI-Macken lassen sich ohne Gegenwehr rösten.

(Bild: Bethesda)

Hier und da gibt es schön ausgeleuchtete Panoramen zwischen havarierten Schiffen und dem übernatürlich aufgetürmten Meer. Ansonsten erinnern die oft groben Hänge, Gebäude und Texturen aber nicht gerade an ein aktuelles Spiel. Seltsam also, dass eine GeForce RTX 2080 Ti auf höchsten Einstellungen gelegentlich mit der Performance kämpft. Das gilt vor allem in offenen, nebligen Szenen mit vielen Gegnern. In Auflösungen zwischen 1080p und 4K bleibt es zwar meist flüssig – allerdings nur, wenn Nvidias Tensor-Cores per DLSS ein wenig per Hochskalierung nachhelfen. Die RTX-Karten der 40-er-Serie unterstützen hier übrigens auch DLSS 3.

Nach all dem Getöse auf Microsofts Showcases wirkt "Redfall" im tatsächlichen Spiel eher zahnlos. Das ist nun also Arkanes Vision von zeitgemäßer Koop-Vampiraction? Ganz ohne öffentliches Matchmaking und mit dieser schwachen grafischen Performance? Nach einigen Stunden motivieren mich weder die dünne Story noch das durchwachsene Missionsdesign zum Weiterspielen. Vereinzelt gibt es zwar spannende Gefechte mit der ungewöhnlich schnellen Brut, dennoch wirkte selbst das mittelmäßige "Dead Island 2" durchdachter und unterhaltsamer – und das steckte bekanntlich rund zehn Jahre in der Entwicklungshölle fest.

"Redfall" ist für Windows, Xbox Series X/S und im Xbox Game Pass erhältlich. Der Preis für die Standard-Edition liegt bei rund 70 Euro.

(bme)