Münchner Wissenschaftler überwachen und reinigen Umwelt mit Robotern und Drohne
Seite 2: Für die Zukunft: Halbautonomie der Guardians
Die Roboter sollen zukünftig auch zunehmend autonom agieren können – wobei es aber, so die Forschenden, eine komplette Autonomie letztlich gar nicht geben könne, "da die Aktionen der Roboter ursprünglich immer durch Anweisungen von Menschen ausgelöst werden", sagt Moortgat-Pick.
Die Optionen, die ein Experte für den Einsatz der Roboter hat, liegen quasi auf einer Entscheidungs-Skala: "Wo ist was los und was wird dort benötigt", so die Robotiker. "Interessant für unsere Entwicklungsarbeit ist die fließende Grenze von 'ich gebe alles vor' bis 'ich gebe fast nichts vor'", so Moortgat-Pick.
Darunter liegt, verkürzt gesagt, ein Schichtsystem von auf den Nutzer anpassbaren, flexiblen Regeln, das den Drohnen und Robotern Befugnisse und Beschränkungen vorgibt. Die entstehende flexible Telepräsenz wird in den stapelbaren Schichten jeweils durch KI ermöglicht, die die Autonomie der Roboter antreibt. Dabei bleibt der Guardian jederzeit kontrollierbar, auch in einem autonomen Einsatzmodus. Sobald ein Mensch es für nötig empfindet, kann er die Steuerung übernehmen.
Das mittelfristig Erwartbarste ist, dass das Umweltrobotik-System in einer Art Halbautonomie betrieben werden wird, so Moortgat-Pick. Flexible Reaktionen, je nach (Umwelt-)Lage der Dinge – "Robot Guardians, ein künstliches Immunsystem für unseren Planeten", lautet deshalb auch die Devise des MIRMI.
Sami Haddadin, TUM Professor und Direktor des MIRMI findet: "Unser Planet ist zu groß, dass der Mensch diese Aufgabe allein bewältigen kann. Wir brauchen maschinelle Unterstützung, um mit vielen der Herausforderungen fertig zu werden."
Das MIRMI arbeitet daher auch daran, dass der Einsatz eines SVan zwar vom Menschen initiiert, aber dann weitgehend autonom laufen kann, etwa beim turnusmäßigen Monitoring einer Landschaft oder eines Gewässers. Dabei nutzen die Quadrokopter die KI-Anwendungen des SVans, um etwa via Bilderkennungsalgorithmen Verschmutzungen in der Natur zu entdecken. Die Guardian-Kollegen werden dann automatisch informiert und sie können dann die Beseitigung vornehmen. Beim Auffinden von dubiosem Müll oder größeren, spezielleren Verunreinigungen setzt sich der SVan selbstständig mit entsprechenden Expertinnen und Experten in Verbindung. Bei Bedarf können diese weltweit per Internet kooperieren und die Roboter vor Ort nutzen. "Co-Rifting" nennen dies die Münchner Umweltrobotiker, wobei mit "riften" die Erzeugung eines gemeinsamen virtuellen Raums verteilter Individuen gemeint ist, die per Robotik an einer Aufgabe arbeiten.
Eine komplette Autonomie der Umweltrobotik wird zwar immer mal wieder von den MIRMI-Forschenden diskutiert, aber ob es jemals dazu kommt, bleibt offen. Zumindest wird bis dahin wohl noch einiges Wasser die Isar hinunterfließen.
Vision: Drohnen und Roboter halten Umwelt in Schuss
Die Vision der Umweltrobotik-Forscher des MIRMI ist es, dass sich "kleine, aber unzählig viele autonome Drohnenflotten" ständig in der Luft befinden, so die Forscher. Die Drohnen überwachen permanent den Zustand der Umwelt und beordern bei einem Umweltvorfall automatisch passende Guardian-Roboter zum Einsatz. Falls sich auch ein menschlicher Experte mit dem Vorfall befassen muss, schlägt das System entsprechend Alarm. Operationszentralen wie der SVan fungieren dabei als technisches Drehkreuz und könnten autonom samt ihrer Robotikladung an den Einsatzort fahren.
Die massiven politischen Implikationen und gesellschaftlichen und technischen Herausforderungen, sei es allein nur der Datenschutz, sind den Wissenschaftlern bewusst. "Natürlich überwachen die Menschen dabei die Roboter – und nicht umgekehrt", so MIRMI-Forscherin und Entwicklerin von SVan Anna Adamczyk. Zweifelsfrei würde so ein System nicht für die Beobachtung des Menschen konzipiert, sondern fürs Monitoring der durch ihn begangenen Umweltverschmutzungen.
Jedenfalls ist für die Forschenden des MIRMI "das alles erst der Anfang". "Das Konzept des SVan ist in unendlich vielen Konstellationen einsetzbar", zeigt sich Sami Haddadin überzeugt. "Er bildet die Grundlage zur Entwicklung konkreter Anwendungen und neuer Dienstleistungen."
Das Projekt wird von Hyundai und der Dobeneck Technologie Stiftung unterstützt und gefördert.
(olb)