BMW F 900 XR im Test: Hochbau, niederschwellig

Das komfortable Crossover erlaubt die großen Leistungsreserven spielerisch sicher einzusetzen. Auch dynamisch bewegt vermittelt es jederzeit viel Vertrauen.

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"Crossover" übersetzt sich bei der BMW F 900 XR in: famoses "Einfach-Nur-Fahren-Motorrad".

(Bild: Florian Pillau)

Lesezeit: 11 Min.
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BMW kann Kunden, denen die F 900 X zu nackt und wild erscheint, mit einem Ableger im unter gesetzteren Menschen beliebten SUV-Segment abholen. Das bedeutet mehr als das, wonach es auf den ersten Blick aussieht: Trotz ihres Hochbaus im Stil einer Reiseenduro bekommt die F 900 XR nicht nur einen anderen Lenker und niedrigere Rasten, sie bietet mit einem vergrößerten Gabeloffset mehr Nachlauf, eine geänderte Federbeinanlenkung und mehr Bodenfreiheit. Heraus kommt ein komfortabler Allround-Crossover mit großen Leistungsreserven und allem, was dazugehört, diese auch dynamisch und sicher umsetzen zu können. Ein famoses "Einfach-Nur-Fahren-Motorrad".

Die Kombination aus vorgerückter Sitzposition und einem vergleichsweise hohen, nahen Lenker (mit Handprotektoren aus dem Zubehörprogramm für Komfort im zünftigen SUV-Style) richtet den Oberkörper auf. Der Kniewinkel ist trotz der 45 mm nach unten und vorn gesetzten Rasten noch etwas spitzer als bei einigen ausgesprochenen Tourenmodellen. Gegen Aufpreis bietet eine dreistufige Fußrastenverstellung Abhilfe. Die Sitzposition entspannt den Rücken, doch fühlt sich so das Sitzfleisch bereits nach rund einer Stunde Schaumstoffblock-Kontakt gestresst. Eine etwas breitere Sitzmulde wäre möglicherweise ein Lösungsweg, aber dann wächst auch gleich die Schrittbogenlänge.

BMW F 900 XR I (6 Bilder)

Wiederaufsteiger werden mit diesem Konzept passgenau abgeholt.
(Bild: Florian Pillau)

BMW weiß das und bietet daher beim Kauf aufpreisfrei verschiedene Bank-Optionen mit Sitzhöhen zwischen 77,5 bis 87 Zentimetern, sogar auch eine Tieferlegung übers Fahrwerk an. Darunter bestimmt eine, auf der ich noch etwas besser säße. Wozu gesagt sei, dass ich den idealen Durchschnittskörper besitze (also jedenfalls, was die Maße angeht). Das offenbar unvermeidliche Minimal-Heck schützt den Fahrer kaum und den Beifahrer fast gar nicht vor hochgeschleuderter Nässe. Immerhin: bevor sie hinten durchdringt, ist man von vorn schon genug eingesaut.

Bereits ab 2500/min zieht der schön schmale Reihen-Twin, den man mit seinen 90 Grad Hubversatz und 270/450 Grad Zündabstand als Crossplane-Maschine (die Hubzapfen-Ebenen schneiden sich) bezeichnen kann, sauber durch. Ab 5500/min steigert er seinen Schub noch einmal spürbar. Ameisen steigen einem auch dank zweier Ausgleichswellen nicht in die Schuhe, auf Dauer ein bisschen in die Finger, wenn man länger die Drehzahl über 4000/min hält. Im Vergleich zu einer Triumph Triple oder Yamahas Dreier mit dem gleichen Hubraum fühlt er sich dank der größeren Einzelhubräume etwas unspektakulärer an: Früher mehr Kraft, nach oben raus dann etwas verhaltener.

Bei langsamer Fahrt dringt ein charakteristisch hohes, heiseres Geräusch – wohl vom Steuerkettenspanner – durch, das der Lenkkopf-Trichter im Tank-Verkleidungs-Spritzschutzplastik-Scheinwerfer-Verhau auf den Fahrerkopf fokussiert. Das ist aber nur bei offenem Visier im Stadtverkehr hörbar, davon abgesehen kannst Du Dir als phantasiebegabter Ex-Guzzist zur passenden Zündfolge sogar ein Ventilmechanik-Geräusch ähnlich einer V7 einbilden. Das ist schön für den, der es mag, weil es interessanter tönt als der Vorgängermotor, ein echter Paralleltwin. Am Endrohr jedoch sollte es für meinen Geschmack (den meiner Nachbarn und aller anderen Anwohner und ganz sicher der Erholungssuchenden im Gebirge) noch eine ganze Spur leiser zugehen. Technisch möglich wäre es.

Eine Hochschaltempfehlung erscheint oft erstaunlich früh als diskreter Pfeil an der Ganganzeige auf dem Display – was meist ganz gut passt. Keine Rückschaltempfehlung zu geben, finde ich trotz der fleischigen MitteTM des Motors dann aber selbstbewusst. Mir ist das aber äußerst egal, weil ich lieber nach Gefühl schalte. Das macht Spaß, denn die Schaltung ist auch an der 900er unverändert bemerkenswert exakt und leichtgängiger als die an mancher 125er, und angesichts der passend gleitend-gefühlvollen Kupplung fühlt sich der Schaltassistent bisweilen fast grob an, obwohl er die Motordrehzahl beim Runterschalten anpasst, was gern "Zwischengas" genannt wird.

BMW F 900 XR II (10 Bilder)

Die Reserven der Bremse halten - bei vernünftiger Nutzung - denen des Motors jederzeit stand. Sie ist ebenso problemlos dosierbar und erzeugt hohes Vertrauen.
(Bild: Florian Pillau)

Bei der aufrechten Sitzposition bin ich dankbar für das angesichts seiner Größe für den Oberkörper einigermaßen wirkungsvollen Windschild, der sich für schnellere Etappen ein Stück hochstellen lässt. Braun getönt verdeckt er seinen Halter, transparent kommt das Verstell-Parallelogramm zur verdienten Geltung. Dessen einhändige Bedienung funktioniert gut, doch neigte die Mechanik dazu, sich in meinen linken Handschuh zu verbeißen und ihn erst nach dem Zurückstellen wieder herzugeben. Wahrscheinlich soll man sie mit rechts bedienen, aber dann muss die Gashand ran. Eine Verkleidung ersetzt die zierliche Plastikscheibe natürlich nicht.