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Wie man optische Implantate und sogar Displays entkabelt Update

| Dusan Zivadinovic

Mit einem neuen Verfahren schalten Forschende ein für optogenetische Analysen erforderliches Leuchtmittel selbst in zentimetertiefen Gewebeschichten ohne Kabel.

Anders als Okularimplantate von Borgs und anderen Sci-Fi-Wesen, die ein bedrohliches Äußeres geben sollen, braucht man optische Implantate im realen Leben unter anderem für die Analyse von Zellen und Geweben: In gentechnisch vorbereiteten Zellen lassen sich damit bestimmte Funktionen zeit- und ortsabhängig mit Lichtimpulsen schalten. Darauf gründen unter anderem bahnbrechende Studien zur Neuronenaktivität [1]. Doch die bisher entwickelten Leuchtmittel auf Grundlage von anorganischen lichtemittierenden Dioden (Light Emitting Diode, LED) sind klobig und beziehen den erforderlichen Strom über Kabel, was Modellorganismen beeinträchtigt und manche Experimente verhindert.

Prinzipiell lässt sich die erforderliche Energie auf verschiedene Arten drahtlos übertragen. Doch auch die bisher entwickelten kabellosen Verfahren haben Nachteile: Beispielsweise erfordert ein Ultraschallwandler direkten Kontakt mit dem Gewebe, um Reflexionen zu vermeiden, und das Ultraschallsignal kann das Gewebe beträchtlich erwärmen. Apparaturen auf Grundlage anderer Methoden sind zu groß oder überbrücken nur wenige Millimeter.

Ein Forschungsteam der schottischen Uni St. Andrews und der Uni Köln hat nun sowohl bei der Miniaturisierung als auch bei der Reichweite Durchbrüche erzielt: Eine konventionelle Spule pumpt Energie in Form eines magnetischen Wechselfelds in den Raum, die eine Dünnschichtantenne aus dem magnetostriktiven Material Metglas aufnimmt. Metglas ist eine metallische, nichtkristalline, gummiartige Legierung, die sich entsprechend der wechselnden Richtung des Magnetfelds dehnt und staucht. Das Metglas gibt seine Bewegungen an eine mit Epoxidharz angeklebte piezoelektrische Schicht aus Blei-Zirkonat-Titanat weiter. Und diese zweite Schicht setzt die mechanischen Bewegungen in elektrische Spannung um – fertig ist die drahtlose Stromversorgung.

Der Clou ist aber, dass sich diese magnetoelektrische Doppelschicht (ME) als Träger für organische Leuchtdioden eignet (Organic Light Emitting Diode, OLED). Das nutzt das Team um Professor Malte Gather für einen sandwichartigen Aufbau: Sie bringen auf beiden Seiten der magnetoelektrischen Doppelschicht organisches Leuchtmaterial auf und bilden so eine magnetoelektrische organische Doppel-LED (ME-OLED). Da die Dioden antiparallel an die Stromquelle angeschlossen sind, verwerten sie beide Hälften des magnetischen Sinussignals. So fallen unterm Strich die bei anorganischen LEDs erforderlichen Leistungsempfänger, Wandler und Kabel komplett weg.

Für die Energieversorgung hat das Team niederfrequente magnetische Wechselfelder um 100 kHz gewählt. So lässt sich eine ME-OLED mehrere Zentimeter tief in wässrigem Milieu betreiben. Die Energieübertragung erfolgt über die Resonanzfrequenz der ME-Antenne, woraus sich weitere Vorteile ergeben. Die Resonanzfrequenz hängt wie bei anderen Antennen direkt von der Länge der ME-Antenne ab. Deshalb lassen sich ME-OLED bei ausreichendem Längenunterschied selbst in enger Nachbarschaft separat schalten – damit ist die Voraussetzung für ein Display aus mehreren Pixeln erfüllt.

Das Signal der ME-OLED hat eine Breite von rund 7 kHz, sodass man bei 3,5 kHz Abstand in einem 100 kHz breiten Band 28 Elemente adressieren kann. Das Konzept hat die Gruppe mit zunächst drei ME-OLED und Resonanzfrequenzen von 130,5, 139 und 149 kHz umgesetzt.

Wie bei üblichen Antennen gilt auch bei den ME-Antennen: je höher das Frequenzband, desto kürzer die Maße. Für den Bereich von 100 bis 200 kHz braucht man Längen von 14,9 bis 7,4 Millimetern. Im Band von 400 bis 500 kHz sind 3,7 bis 3 Millimeter erforderlich.

Die Forscher sind überzeugt, dass ihre Methode den Weg für eine Vielzahl von Anwendungen in den Bereichen drahtlose Displays, Tiefengewebebehandlung, Sensorik, Bildgebung und Medizin ebnen wird. Wohl auch deshalb haben der Erstautor Julian Butscher und Professor Gather die Technik im Namen der Uni Köln frühzeitig zum Patent angemeldet, das die Uni nun seit August 2023 hält. Die Studie erschien im Fachjournal Science Advances unter dem Titel „Wireless Magnetoelectrically Powered Organic Light-Emitting Diodes [2]“.

[Update]: 29.04.2024, 16:45, Einheit im Band von 400 bis 500 kHz korrigiert.

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(dz [4])


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[1] https://www.nature.com/articles/d41586-021-03054-9?utm_source=Nature+Briefing&utm_campaign=9c614facc2-briefing-dy-20211112&utm_medium=email&utm_term=0_c9dfd39373-9c614facc2-45143790
[2] https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adm7613
[3] https://www.heise.de/ct
[4] mailto:dz@ct.de