Batteriezellen für Elektroautos: Auf der Suche nach der Welt-Zelle

Seite 2: Natrium-Ionen-Zellen und All Solid State

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Natrium-Ionen-Zellen könnten die härteste Konkurrenz von LFP-Zellen werden. Sie haben eine ähnlich schlechte Energiedichte. Aber die Leistung – also die Lade- und Entladefähigkeit – ist besonders bei niedrigen Temperaturen besser, und sie sind genauso sicher und belastbar wie LFP-Zellen. Der entscheidende Vorteil könnte der im Vergleich zu LFP-Zellen nochmals bis zu 20 Prozent niedrigere Preis sein. Branchenkreise halten 30 Dollar pro Kilowattstunde für denkbar. Außerdem können beim Ersatz von Lithium durch Natrium die gleichen Produktionsverfahren verwendet werden, und Natrium lässt sich umweltgerechter abbauen als Lithium.

Eine harte Konkurrenz für LFP-Zellen könnten die nochmals preisgünstigeren Natrium-Ionen-Zellen werden. Die Förderung der notwendigen Rohstoffe ist außerdem umweltfreundlicher. CATL hat jüngst die Serienproduktion für 2023 angekündigt. Natrium-Ionen-Zellen haben auch bei Kälte gute Leistungsdaten. Es gab aber in der Vergangenheit Schwierigkeiten mit dem Anodenmaterial Hard Carbon. Diese Probleme könnte CATL mit modernen Werkstoffen behoben haben. Diese simple und preisgünstige Zellchemie hat das Potenzial für den Masseneinsatz.

(Bild: CATL)

CATL hatte jüngst einen Prototyp vorgestellt und die Serienproduktion für 2023 avisiert. Der chinesische Riese ist äußerst ernstzunehmen und kann sich keine falschen Wunderversprechen leisten. Natrium-Ionen-Zellen können nur erfolgreich sein, wenn es den Entwicklern bei CATL und anderswo gelungen ist, bei der Anode amorphen Kohlenstoff – das sogenannte Hard Carbon – so zu verbessern, dass beim allerersten Laden keine irreversiblen Kapazitätsverluste entstehen. Es wäre ein Sieg der Werkstoffforschung, wenn hier der verlautbarte Durchbruch tatsächlich erzielt worden wäre.

Die Aussicht: Wenn es stimmt, was CATL ankündigt, werden Natrium-Ionen-Zellen in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts einen Siegeszug antreten. Sie sind robust und verwenden preisgünstige Materialien, die außerdem weit weniger umweltschädlich als heute gefördert werden können. Quasi die bessere Version von LFP. Gut gemachte Low-Tech- könnten aufwendige High-Tech-Zellen verdrängen.

Festkörperzellen, auch Englisch All Solid State (ASS) abgekürzt, verwenden einen festen statt eines flüssigen Elektrolyten. Sie gelten als die ultimative Zellchemie. Der feste Elektrolyt ist die Voraussetzung für den Einsatz von reinem metallischen Lithium an der Anode. Darum geht es. Das Ergebnis: Die Energiedichte steigt im Vergleich zu konventionellen Lithium-Ionen-Zellen mit NCM-Kathode nochmals um 30 Prozent, und entsprechend wächst die Reichweite.

Toyota arbeitet traditionell mit Panasonic zusammen. Ab 2022 wird eine Batterie-elektrische Version des Topsellers RAV verkauft. Der bz4x (siehe Foto) muss vor allem auf dem US-Markt gegen Tesla Model Y und Volkswagen ID.4 antreten. Panasonic arbeitet intensiv an Festkörperbatterien. Ein fester Elektrolyt ermöglicht den Einsatz einer metallischen Lithium-Anode. Würde die Großserienproduktion gelingen, wäre ein Reichweitensprung von 30 Prozent möglich. All Solid State-Batterien gelten als die Königsdisziplin; Branchenkreise rechnen jedoch erst gegen Ende das Jahrzehnts mit einem solchen Elektroauto.

(Bild: Toyota)

Diverse große Hersteller wie Volkswagen und Toyota sowie die dazugehörigen Zulieferspezialisten – allen voran der langjährige Toyota- und Tesla-Partner Panasonic – arbeiten an Festkörperzellen. Mit der höheren Energiedichte geht automatisch eine Ersparnis beim Materialbedarf und damit bei den Kosten einher. So könnte ein relativ leichtes Elektroauto mit sehr hoher Reichweite entstehen. Die Fragezeichen aber bleiben. So gilt die Produktion wegen der schwierigen Handhabung des Lithiums in Reinform als aufwendig, und auch bei den Eigenschaften der Festkörperzellen sind längst nicht alle Ziele erreicht.

Die Aussicht: Vielleicht, wahrscheinlich, irgendwann. All Solid State-Zellen hätten zwar die beste Energiedichte von allen mit folglich hoher Reichweite. Ob es bis Ende des Jahrzehnts zu einem Einsatz in der Großserie kommt, ist aber ungewiss. Was dafür spricht, ist das Engagement der ganz großen Player.

Wie sieht die Welt-Zelle aus, die das Elektroauto von der Nische in die Masse führt? Nach heutiger Einschätzung spricht viel dafür, dass nicht aufwendige High-End-Zellen mit kostspieligem Beiwerk das Rennen machen, sondern gut gemachte Low-Tech, bei der Reichweiten-Abstriche hingenommen werden können.

Besonders attraktiv wirkt zurzeit die von BYD vorgestellte Kombination aus robuster und kostengünstiger LFP-Zelle im Cell-to-Pack-Verfahren sowie einem 800-Volt-Bordnetz. Geld spielt in der Autoindustrie eine große Rolle, eben weil die internationale Kundschaft nicht jeden Technik-Spaß bezahlen kann. Fahrzeuge, die einfach nur zuverlässig und lange funktionieren, haben schon immer eine herausragende Bedeutung gehabt. So könnte es auch bei den Elektroautos sein.

(mfz)