Bundesbankpräsident Nagel macht sich für digitalen Euro stark

Der digitale Euro sei wichtig, um öffentliches Geld mit Garantiefaktor als Eckpfeiler des Finanzsystems zu erhalten, betont Bundesbankpräsident Joachim Nagel.

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Eurosymbol

(Bild: peterschreiber.media/Shutterstock.com)

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Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat sich beim geldpolitischen Dialog des Finanzausschusses des Bundestags am Mittwoch vehement für die Einführung eines digitalen Euros ausgesprochen. Er wolle "im Fahrersitz" sein, wenn es um digitale Zahlungen gehe, erklärte der Notenbanker in der gemeinsamen Sitzung mit dem Haushalts- und Europaausschuss des Parlaments. Er unterstrich, dass Europa "resilienter und unabhängiger" werden müsse von außereuropäischen Zahlungsanbietern. Einschlägige Anwendungen seien systemrelevant. Es könne daher nur im Interesse aller Banken liegen, dass Europa seine Abhängigkeit von außereuropäischen Zahlungsinfrastrukturen verringere. Bisher gebe es aber etwa keine spezielle europäische Cloud-Architektur für die Zahlungssysteme in Europa.

Seinen Werbefeldzug für den Digitaleuro, dessen Mehrwert umstritten ist, hatte Nagel wenige Stunden vor seinen Ausführungen im Bundestag mit einer Rede zum Zentralbankgeld im 21. Jahrhundert auf der DZ Bank Capital Markets Conference 2024 in Berlin begonnen. "Der digitale Wandel hat die Zahlungsverkehrslandschaft radikal verändert", erläuterte der Volkswirt dort. Viele neue Akteure wie Startups aus dem FinTech-Bereich oder große Tech-Konzerne wie Apple und Google seien erfolgreich in den Zahlungsverkehrsmarkt eingetreten und hätten dort bereits "eine herausgehobene Stellung" eingenommen. Gleichzeitig werde Bargeld immer weniger genutzt: "Es kann nicht für digitale Zahlungen verwendet werden und kommt auch im Einzelhandel weniger zum Einsatz."

Bargeld sei derzeit die einzige Form von Zentralbankgeld, die der breiten Öffentlichkeit bereitstehe, begründete Nagel die Notwendigkeit eines digitalen Euros: "Bargeld ist öffentliches Geld." Alle anderen Zahlungsmittel, die den Bürgern im Euroraum zur Verfügung stehen, würden von kommerziellen Anbietern ausgegeben, die mehr oder weniger vertrauenswürdig seien. Öffentliches Geld sei "ein Eckpfeiler unseres Finanzsystems". Dabei handle es sich nicht nur um eine Recheneinheit: "In Verbindung mit der entsprechenden Regulierung gewährleistet öffentliches Geld auch, dass ein Euro buchstäblich einem Euro entspricht, ganz egal, wer das Zahlungsmittel ausgegeben hat." In einer digitalen Welt sei es daher nur logisch, dass Zentralbanken wie die EZB darüber nachdächten, "eine digitale Alternative für Bargeld bereitzustellen".

Zugleich beteuerte Nagel auf der Tagung und vor den Abgeordneten, dass der digitale Euro die Privatsphäre der Bürger schützen würde. Im Gegensatz zu vielen kommerziellen Zahlungsdienstleistern habe das Eurosystem keinerlei Interesse daran, das Zahlungsverhalten der Menschen zu überwachen. Es wäre nicht in der Lage, Nutzer anhand getätigter Zahlungen zu identifizieren. Der 57-Jährige versicherte: "Wir würden nur sehr wenige Daten einsehen, die notwendig sind, um die Aufgaben des Eurosystems, wie etwa die Abwicklung, zu erfüllen." Banken und andere Zahlungsdienstleister dürften beim Digitaleuro personen- und transaktionsbezogene Daten nicht für kommerzielle Zwecke verwenden, falls die Nutzer dem nicht ausdrücklich zustimmten. Sie hätten allerdings einen eingeschränkten Zugriff auf diese Informationen, "sofern dies gemäß den Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erforderlich ist". Offline-Zahlungen wären daher auf Kleinbetragszahlungen beschränkt.

Bürger könnten den digitalen Euro entweder über die App ihrer Hausbank oder über eine "mit Basisfunktionen ausgestattete" Anwendung des Eurosystems nutzen, führte Nagel aus. Eine weitere Option seien physische Karten. Diese wären geeignet für Menschen, die für Zahlungen nicht ihr Mobiltelefon nutzen wollen beziehungsweise kein Smartphone oder kein Bankkonto haben. Bargeld werde aber "weiterhin der Eckpfeiler der Bezahlmöglichkeit" bleiben. Es gehe nicht darum, dieses anonyme Zahlungsmittel abzuschaffen. Die Sorge von Geschäftsbanken, dass der digitale Euro zu einem attraktiven Ersatz für Bankeinlagen werden könnte, versuchte der Notenbanker mit dem Hinweis zu entkräften, dass es keine Zinsen, dafür aber ein "Haltelimit" gäbe. Der digitale Euro sei "nicht als Wertaufbewahrungsmittel gedacht".

(olb)