Verbraucherschützer: Über Risiken digitaler Gesundheitsanwendungen aufklären
Seit der Coronakrise nutzen mehr Menschen digitale Gesundheitsanwendungen, daher fordern Verbraucherschützer, den Datenschutz neuer Angebote nicht abzusenken.
Etwa 40 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher nehmen seit der Coronakrise mehr digitale Gesundheitsangebote in Anspruch, wie eine im Auftrag des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (Vzbv).erstellte Umfrage zeigt. Aus diesem Grund fordert der Vzbv, das Datenschutzniveau bei neuen digitalen Angeboten nicht abzuschwächen. Das sei eine wichtige Grundlage für die Akzeptanz digitaler Anwendungen. Fast die Hälfte (49 Prozent) gab in der vom Meinungsforschungsinstitut Eye Square durchgeführten Umfrage mit 1.100 Internetnutzern ab 16 Jahren an, dass die Digitalisierung des Gesundheitswesens seitdem für sie persönlich wichtiger geworden sei.
Für jeden Zweiten ist die Online-Terminbuchung ein wesentlicher Grund, um digitale Angebote zu nutzen – für etwa 35 Prozent die Kommunikation mit medizinischem Personal.
Patienten sehen sich wenig informiert
Allerdings fühlt sich derzeit nur die Hälfte der Verbraucherinnen und Verbraucher "sehr gut" oder "eher gut" über Digitalisierungsprojekte im Bereich Gesundheit und Pflege informiert. Über 56 Prozent der Befragten sehen vor allem Krankenversicherungen, die Kranken- und Pflegekassen und 36 Prozent das Bundesgesundheitsministerium in der Pflicht, über Digitalisierungsprojekte zu informieren. Dass Krankenkassen zum E-Rezept zu wenig informieren, hatte kürzlich auch ein Kassenärztlicher Verband kritisiert. Jeweils etwa 40 Prozent der Befragten sehen laut der Umfrage eine zentrale Online-Terminbuchung bei Ärzten, den elektronischen Zugriff auf medizinische Befunde und das elektronische Rezept als relevantes Digitalisierungsprojekte im Gesundheitsbereich.
Erst kürzlich hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ein Digitalgesetz und ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz angekündigt. Ein von Datenschützern gefordertes Forschungsdatengesetz ist derzeit ebenfalls in Arbeit. Die Verbraucherzentralen fordern jetzt, "die Pläne mit umfassender Verbraucherinformation zu verbinden". Zudem dürften Menschen, die digitale Angebote nicht nutzen, laut Vzbv nicht abgehängt oder ausgeschlossen werden – etwa bei der digitalen Vergabe von Arztterminen.
"Viele digitale Anwendungen machen den Patientenalltag einfacher, zum Beispiel Online-Terminbuchungen oder Videosprechstunden. Damit alle davon profitieren können, muss die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie im Gesundheits- und Pflegebereich am Bedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtet werden", sagt Thomas Moormann, Leiter Team Gesundheit und Pflege im vzbv. "Dazu gehört auch umfassende Kommunikation der Bundesregierung über die Möglichkeiten, Chancen und Risiken. Ziel muss sein, dass alle Verbraucherinnen und Verbraucher verstehen, worum es geht. Nur so können sie eine informierte Entscheidung für oder gegen die Nutzung digitaler Angebote, wie der elektronischen Patientenakte, treffen."
Kein Tracking bei Terminvermittlung
Diesbezüglich hatte der Vzbv auch gefordert, kommerzielle Arztterminvermittlung nicht zusätzlich zu vergüten, zumal es sich dabei um Geldmittel der Beitragszahler handele. Ebenso sei das generelle Verbot von Tracking, Werbung und der Registrierungspflicht bei derartigen Angeboten notwendig. Gleichzeitig sprach sich die Vzbv dafür aus, das "Online-Angebot der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen, also der '116117.de', mit direkter Anbindung an die Terminvermittlung in den Arztpraxen" weiterzuentwickeln. Daher sollten analoge Zugangswege der Patientenversorgung erhalten bleiben.
(mack)