USA: Zölle auf E-Autos steigen auf 100 Prozent

Die USA will sich gegen eine Flut von chinesischen Produkten auf dem heimischen Markt wehren. Dafür hebt sie Zölle auf bestimmte Waren massiv an.​

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Nio EL6

Auto wie dieser Nio EL6 hätten auf dem US-Markt vermutlich gute Chancen. Mit einem Zoll von 50 Prozent wird das allerdings unterbunden.

(Bild: Pillau)

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Schon der im August 2022 verkündete "Inflation Reduction Act" war mehr als nur ein zarter Hinweis darauf, dass die aktuelle US-Administration zwar verbal abgerüstet hat, ein Teil der "American first"-Politik ihrer Vorgänger aber weiterführt. Nun wird die Gangart gegenüber China verschärft. Elektroautos aus China werden auf dem US-Markt mit Sonderzöllen von bis zu 100 Prozent belegt. Zudem verhängt die US-Regierung neue oder stark erhöhte Zölle unter anderem für Solarzellen, Halbleiter, Hafenkräne und Medizinartikel wie Kanülen und Schutzmasken.

China flute die globalen Märkte mit künstlich verbilligten Exporten, hieß es bei der Ankündigung der US-Regierung. Die Maßnahmen seien zugleich auf einige strategisch wichtige Bereiche beschränkt. Biden strebe ein stabiles Verhältnis zu China an, versicherte die Direktorin des Nationalen Wirtschaftsrats des Weißen Hauses, Lael Brainard, vor Journalisten. Sie wollte nicht über mögliche Vergeltungsmaßnahmen aus Peking spekulieren. Der US-Regierung zufolge sind Einfuhren aus China im Volumen von 18 Milliarden Dollar von den neuen Maßnahmen betroffen.

Für chinesische Elektroautos galten in den USA bereits Zölle von 25 Prozent, die sie, anders als in Europa, von dem Markt weitgehend fernhielten. Chinesische Hersteller bekämen unfaire Subventionen und könnten dadurch mit billigen Fahrzeugen den Wettbewerb verzerren, sagte Bidens Wirtschaftsberaterin Brainard. Die chinesischen Elektroauto-Exporte seien 2023 um 70 Prozent gestiegen. Das gefährde die Investitionen in anderen Ländern, argumentiert die US-Regierung. "Der Präsident wird das hier nicht zulassen", sagte Brainard. Unter anderem Tesla-Chef Elon Musk warnte bereits Anfang des Jahres vor der Übermacht chinesischer Hersteller: "Wenn es keine Handelsschranken gibt, werden sie die meisten anderen Autofirmen in der Welt so ziemlich zerstören."

Biden habe in seiner Heimatstadt Scranton im Bundesstaat Pennsylvania gesehen, was passiere, wenn die Produktion in andere Länder abwandere, sagte die Handelsbeauftragte. Deshalb wolle er für fairen Wettbewerb sorgen. Biden, der sich im November zur Wiederwahl stellen will, machte in seiner Amtszeit Dutzende Milliarden für Investitionen unter anderem in die Chipbranche, Infrastruktur und Fertigung locker. Schon Bidens Vorgänger Donald Trump hatte Importe aus China mit Zöllen belegt. Die erhöhten Sonderzölle für chinesische Produkte betreffen nicht nur die Sparte der Elektroautos. Die US-Regierung hofft, damit Kompetenzen für Schlüsselprodukte im Land zu behalten und die heimische Wirtschaft zu stärken.

Die Zölle auf Solarzellen steigen in diesem Jahr von 25 auf 50 Prozent. Chinesische Produktionskapazitäten in dem Bereich seien auf dem Weg, doppelt so hoch wie die kurzfristig erwartete globale Nachfrage zu sein, warnte Brainard. Auch dies gehe auf unfaire Praktiken zurück. In jedem Produktionsschritt kontrolliere China mehr als 70 Prozent der globalen Kapazität. Das gefährde die Versorgungssicherheit. In Deutschland schloss in Sachsen die Solar-Firma Meyer Burger aus der Schweiz ihren Produktionsstandort unter mit Verweis auf den Preisdruck aus Fernost.

Für große Hafenkräne werden neue Zölle von 25 Prozent verhängt. Die US-Regierung will wieder mehr Hafenkräne im eigenen Land bauen. Im vergangenen Jahr gab es auch Warnungen, die in China gebaute Technik könne die Gefahr von Spionage oder Sabotage bergen. Die Zölle auf Halbleiter sollen bis zum Jahr 2025 von 25 auf 50 Prozent steigen. Aus China kommen in die USA zwar nicht die modernsten Chips, aber Halbleiter-Technik aus älteren Produktionsprozessen, die etwa in Autos oder Hausgeräten eingebaut werden. Die US-Regierung gibt zugleich 39 Milliarden Dollar im Haushalt frei, um neue Chip-Fabriken in den USA zu subventionieren. Das wird auch als Frage der nationalen Sicherheit gesehen.

Für einige Metallprodukte steigen die Zölle von 7,6 auf 25 Prozent. Brainard verwies unter anderem darauf, dass die chinesische Stahlindustrie auf Produktionsprozesse mit höherem CO₂-Ausstoß setze, während amerikanische Hersteller in klimafreundlichere Technologien investierten. Bei Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos sollen die Zölle in diesem Jahr von 7,5 auf 25 Prozent steigen. Bei solchen Batterien für andere Technik wird die Erhöhung bis 2026 aufgeschoben. Zudem gibt es Zölle von 25 Prozent für einige Elektronik-Bauteile wie Magnete.

China beschwert sich immer wieder über die wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen der USA. Anstatt die von der WTO als Verstoß gewerteten Zölle unter Ex-Präsident Donald Trump zu korrigieren, politisierten die USA weiter in Wirtschafts- und Handelsfragen, sagte kürzlich der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Lin Jian. Peking werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um seine Interessen zu verteidigen.

Die chinesische Regierung bestreitet, durch seine Wirtschaftspolitik Überschuss zu fördern. "Das sogenannte Problem chinesischer Überkapazität gibt es nicht, weder aus Sicht eines komparativen Vorteils noch im Lichte der weltweiten Nachfrage", betonte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping jüngst in Frankreich bei seinem Europa-Besuch. Stattdessen argumentiert die Volksrepublik, ihre Industrie für "grüne Energie" habe den globalen Inflationsdruck gemindert und zum Kampf gegen den Klimawandel beigetragen. US-Minister hatten schon bei zurückliegenden China-Besuchen die wirtschaftlichen Praktiken der Chinesen kritisiert.

(mfz)