Digitale Gesundheitsanwendungen: Bisher 370.000 DiGA-Freischaltcodes eingelöst
Eine Auswertung ergibt, dass Digitale Gesundheitsanwendungen am häufigsten 50- bis 64-Jährigen verschrieben werden. Frauen nutzen die Apps am meisten.
Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e.V. (SVDGV) hat einen Report zur Marktentwicklung für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) veröffentlicht. DiGA sollen Patienten dabei unterstützen, die Zeit bis zu einer Behandlung zu überbrücken sowie Therapieerfolge auch danach kontinuierlich beizubehalten und müssen vom Arzt verschrieben werden. Insgesamt wurden seit Herbst 2020 rund 370.000 Freischaltcodes für DiGA von Patienten eingelöst, mehr als die Hälfte davon im vergangenen Jahr. Der Bericht umfasst die ersten drei Jahre seit der Aufnahme von DiGA in die Regelversorgung und zeigt ein starkes Marktwachstum. Die Wachstumsrate betrug laut SVDGV zwischen dem ersten und zweiten Jahr 215 Prozent und zwischen dem zweiten und dritten Jahr 65 Prozent.
DiGA werden am häufigsten für Patientinnen und Patienten zwischen 50 und 64 Jahren verordnet, heißt es in dem DiGA-Report (PDF). Die Nutzung steige mit dem Alter, was darauf hindeute, dass bestimmte Krankheiten und Diagnosen im späteren Leben häufiger auftreten, so der Bericht. Frauen sind unter den DiGA-Nutzern häufiger vertreten (bis zu 70 Prozent der eingelösten Aktivierungscodes) als Männer. Dies liegt laut SVDGV unter anderem daran, dass einige DiGA speziell für Frauen entwickelt wurden, wie Anwendungen zur Behandlung von Vaginismus oder Endometriose. Außerdem werden bestimmte Krankheiten wie Depressionen häufiger bei Frauen diagnostiziert. Allein sechs der derzeit temporär oder dauerhaft in die DiGA-Liste aufgenommenen Anwendungen dienen der Behandlung von Depressionen.
Dass die Zahl der eingelösten Freischaltcodes im März 2023 zurückging, führen der Spitzenverband auf den Cyberangriff auf Bitmarck, einen zentralen IT-Dienstleister der Krankenkassen, zurück, in dessen Folge viele Krankenkassen weder DiGA-Freischaltcodes generieren noch freischalten konnten.
"Bedeutend für Versorgung und Wirtschaft"
Dr. Anna Haas, stellvertretende Vorsitzende des SVDGV, betont die zunehmende Bedeutung von DiGA für eine qualitativ hochwertige Versorgung und fordert: "Die digitalen Versorgungsangebote müssen jetzt noch einfacher für alle zugänglich gemacht werden". Derzeit sei dies noch nicht der Fall: Patienten erhalten nach dem Einreichen eines Rezeptes einen Freischaltcode von ihrer Krankenkasse und müssen auf die Freischaltung von DiGA warten. Auf diesen Freischaltcode müssten Patienten derzeit durchschnittlich 13 Tage warten. Dies könne dazu führen, dass notwendige Therapieschritte nicht rechtzeitig eingeleitet werden, so der Bericht des SVDGV.
Haas kritisiert, dass die Bedeutung von DiGA immer wieder heruntergespielt werde, obwohl alle Hersteller von dauerhaft zugelassenen DiGA umfangreiche klinische Studien durchgeführt hätten, um die Wirksamkeit ihrer Anwendungen zu belegen. Zudem habe sich das Erprobungsjahr als wichtiger Faktor für die Entwicklung eines diversifizierten DiGA-Marktes erwiesen. Der Bilanzbericht des GKV-Spitzenverbandes kam Anfang 2023 hingegen zu dem Ergebnis, dass die Mehrzahl der DiGA "keine positiven Versorgungseffekte" nachweisen konnte.
Laut Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung entwickelten sich DiGA zunehmend auch zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Die Unternehmen, die DiGA programmieren, würden neue Arbeitsplätze schaffen, in Forschung investieren und innovative Technologien hervorbringen. Deutschland diene als Vorbild für "Digital Therapeutics" in anderen europäischen Ländern, die ähnliche Verfahren einführen wollen, heißt es in dem Bericht.
Wiederholt Sicherheitsmängel
Allerdings gab es in der Vergangenheit auch wenig vorbildliche Fälle: So gaben DiGA wiederholt Patientendaten preis, wie das Hackerkollektiv Zerforschung nachwies. Die Hacker hatten bei der Untersuchung Digitaler Gesundheitsanwendungen im Jahr 2022 erhebliche Sicherheitsmängel aufgedeckt, die die Privatsphäre der Nutzer gefährdeten. So ermöglichte die App Novego das Herunterladen sensibler Patientendaten durch einfache Manipulation der URL, während sich bei dem digitalen Krebstagebuch Cankado jeder als Arzt registrieren und Zugriff auf sensible Daten erhalten konnte. Im vergangenen Jahr fand Zerforschung Sicherheitslücken in der für die Behandlung von Depressionen zugelassenen App Edupression.
(vza)